Onkel Schwein (German Edition)
krank.“
Teever musste schmunzeln. So hatte er den guten Anckarström in Erinnerung.
Trotz seines Infektes bestand der Pathologe darauf, Teever zu helfen. Natürlich könne er vorbeikommen, wenn Teever keine Angst vor Ansteckung haben würde. Nein, es wäre auch nicht zu spät. Schlafen könne er im Grab, sagte Anckarström und hustete erneut so heftig, dass sogar Teever glaubte, sich mit dem Besuch beeilen zu müssen.
Da auch Teever kein Freund der Nacht war, stieg er in seinen Wagen und fuhr nach Moheda, wo der Pathologe etwas außerhalb in einem gelben Haus am See wohnte.
Die Tür stand offen.
„Komm rein“, forderte ihn eine schwache Stimme auf, nachdem er mehrfach geklopft hatte.
Der Geruch raubte Teever den Atem. In der abgestanden Luft lag eine Mischung aus Schweiß, Krankheit und Medizin mit einem Hauch Kohl. Am liebsten hätte Teever die Haustür offen gelassen, doch Anckarström rief, dass er die Tür bitte schließen möge.
„Ich hole mir sonst noch den Tod.“
Teever verzichtete bei vollstem Verständnis seines Gegenübers auf einen Handschlag und setzte sich möglichst weit weg von dem hustenden Kranken in einen Sessel. Anckarström lag unter einer karierten Decke auf einem Sofa in seinem Wohnzimmer. Er trug einen Bademantel in Paisley-Muster und eine blaue Schlafanzughose. Auf dem Couchtisch türmten sich Zeitschriften, Wasserflaschen, gebrauchte Taschentücher, Medizinfläschchen und Tablettenschachteln sowie zwei Thermometer. Teever fragte, wozu man zwei Thermometer bräuchte. Ob der alte Pathologe einem nicht trauen würde? Doppelt hält besser?
„Anal und Oral“, erwiderte Anckarström mit ernstem Gesichtsausdruck. Teever nahm sich vor, ganz bestimmt nichts in dem Hausanzufassen.
Nach ein wenig Smalltalk über alte Zeiten und neue Krankheiten kam Teever zur Sache. Seit er wusste, dass der Knochen eventuell nicht von einem Tier stammen würde, scheute er davor zurück, ihn zu berühren. Es kam ihm pietätlos vor. Stattdessen trug er ihn in einer Plastiktüte, die Teever dem kranken Pathologen gab.
Der nahm den Knochen heraus und sagte sofort:
„Ein menschliches Schienbein.“
Erneut schwer hustend, fügte er hinzu: „Gebrochen und mit Titan genagelt.“
Mit seinen ungepflegten langen Fingernägeln deutete er auf den Nagel. Teever sah, dass er gelbe Nikotinflecke an Zeige- und Mittelfinger hatte.
„Hier muss eine Nummer stehen. Über die kann man den Namen der oder des Toten in Erfahrung bringen. Es gab mal einen Fall in Arvika, der…“
„Wie mache ich das?“ unterbrach ihn Teever.
„Du? Wenn du den Knochen nicht gerade auf einem Friedhof ausgegraben hast, was auch ein sonderbares Licht auf dich werfen würde, dürfte doch wohl die Möglichkeit einer Straftat bestehen, oder? Höchstwahrscheinlich hat sich der Besitzer nicht freiwillig von seinem Bein getrennt.“
Der Pathologe nieste dreimal. Teever brachte sich in Deckung und nickte.
„Du musst den Fund melden“, sagte er und gab eine Zugabe, ehe er mürrisch, so als wäre es eine Zumutung, die ihm ein oder zwei Lebensjahre kosten würde, ergänzte: „Oder ich muss es am Montag tun.“
Teever winkte ab.
„Ich kann auch den ehemaligen Besitzer dieses Beines herausfinden“, fügte der Pathologe versöhnlich hinzu.
„Bist du am Montag wieder gesund?“ zweifelte Teever.
Der Hustenanfall strafte Anckarströms Antwort Lügen.
Der Mann hatte natürlich Recht. Menschliche Knochen lagen nicht so einfach im Wald herum. Zwar gruben Wildtiere gelegentlich Knochen aus, doch es gab keinen Friedhof in der Nähe von Härlingetorp und der moderne Nagel aus Titan bewies, dass der Tote vor gar nicht so langer Zeit operiert worden sein musste und nicht irgendein verscharrter Kätner aus dem vorletzten Jahrhundert war. Er würde Wilhelmsson informieren. So schnell wie möglich. Vielleicht könnte er damit in der Beliebtheitsskala wieder ein paar Punkte nach oben klettern.
21. Dezember: Tomas
Lisa stand auf dem Bahnhofsplatz von Jönköping und fütterte einen kleinen Hund. Teever wollte ihr etwas sagen, doch ihm fiel partout nichts ein. Sie lachte. Er sah ihr Grübchen. Doch ihr Gelächter war boshaft, sie lachte ihn aus und er wurde traurig. Dann kam plötzlich ihr Mann, der aussah wie der Freund von Liza mit Z, küsste sie auf den Mund und ging mit ihr zum Strand. Dass der Bahnhof am Meer lag, war für Teever genau so logisch wie die Tatsache, dass er weder Lisas Mann noch Lizas Freund kannte.
Im Traum geht alles, dachte
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