Onkel Schwein (German Edition)
Teever fragte sich, ob das jemals anders werden würde. Am besten, er ginge gar nicht mehr ins Bett.
„I’ll sleep when I’m dead“. Irgendwo hatte er doch noch eine Bon Jovi CD mit diesem Lied. Nur wenige wussten, dass es von Warren Zevon stammte. Vielleicht die Frau in Härlingetorp.
Die Mutter von Mein-Calle Berg war im Garten und schob bedächtig den Schnee zur Seite. Über ihrem Mantel trug sie zusätzlich eine viel zu große derbe Jacke, was sie sehr korpulent erschienen ließ. Bei dem Tempo, dachte Teever, ist es vorn wieder zugeschneit, wenn sie hinten fertig ist. Dabei rieselte es nur leicht.
„Ach, sie schon wieder“, begrüßte Frau Berg schnaufend Teever und stützte sich dabei, dankbar für die Unterbrechung, auf den Schneeschieber. „Mein Calle ist aber nicht da.“
Schade, dachte Teever; den Mann hätte er gern einmal kennengelernt.
„Wann kommt er wieder?“
„Zum Jahreswechsel wollte er hier sein“, nuschelte sie. Ihre dritten Zähne schienen nicht richtig zu sitzen.
„Das sind dann ja traurige Weihnachten für ihre Enkelin.“
Sie nickte, sagte aber nichts.
„Haben sie mal jemanden Folke Waldén ‚Onkel Schwein’ nennen hören?“ fragte Teever.
„Wen?“
„Waldén, den toten Nachbarn.“ Er wies mit dem Finger Richtung Backen.
„Ach so, den.“ Sie dachte einen Moment nach. Vielleicht dachte sie auch nichts, denn mit ausdrucklosem Gesicht antwortet sie nur:
„Nein“, fügte aber hinzu: „Er war aber eins. Hat meinen Calle um eine Stange Geld betrogen. Da hinten, das Bauland, das hat er sich unter den Nagel gerissen.“
„Ich weiß“, sagte Teever, „sie erwähnten es.“
Sie grunzte wie nochmals zur Bestätigung und begann wieder, den Schnee mühsam zur Seite zu schieben. Der ungepflegte Hof lag unter eine weißen Decke, die barmherzig den ganzen Dreck und Abfall verdeckte. Sogar das rostige Autowrack bekam etwas Geheimnisvolles. Ein weißes, weiches, modernes Kunstwerk.
Der Hof von Liza lag verlassen. Spuren eines Autos durchzogen den frischen Schnee. Die Pferde hatten sich einen Pfad am Rand des Elektrozaunes getrampelt. Ein Ballen Heu, gelb leuchtend und noch nicht vom Weiß bedeckt, deutete darauf hin, dass kürzlich jemand zum Füttern da gewesen war. Eine Maus huschte über den Schnee und verschwand unter dem Haus. Katzenspuren zeigten, dass sie aufpassen sollte.
Der Weg nach Härlingetorp war nicht geschoben worden. An der Abzweigung deuteten Reifenspuren und Fußabdrücke auf große Betriebsamkeit hin. Wahrscheinlich hatte ein Auto über den kleinen, aber giftigen Anstieg geschoben werden müssen.
Teever überlegte kurz und folgte den Spuren. Sein Landrover hatte keinerlei Probleme mit dem Hügel.
Vor dem Haus stand kein Auto und Teever wollte schon wenden, als er jemanden aus dem Wald kommen sah.
Es schien die Frau vom letzten Mal zu sein. Zevon-Frau, hatte Teever sie für sich getauft. Er war sich nicht sicher, da sie dick vermummt, eine Kapuze auf dem Kopf und einen Schal um den Hals, mit zwei Eimern durch den Schnee stapfte.
Sie stellte sie ab. Wasser schwappte heraus. Teever trat näher.
„Sie?“ fragte die Frau undeutlich durch den Schal.
„Ja“, antwortete er mäßig einfallsreich, bevor ihm der Gedanke kam, ihr beim Tragen zu helfen. Außerdem musste er sich im Englischen jedes Wort immer erst genau überlegen.
„Darf ich?“ fragte er.
Sie nickte erfreut.
„Sind ganz schön schwer. Die Quelle ist da hinten im Wald.“
Teever folgte mit seinem Blick ihrem Arm und meinte plötzlich, Kindergeschrei zu hören.
Sie ging voran und öffnete die Tür.
„Stellen Sie die Eimer ruhig hier ab.“
„Jetzt kann ich sie auch gleich ganz reinbringen“, erwiderte er und fügte hastig hinzu: „Wenn’s recht ist.“
Sie nickte wieder zustimmend und zog ihre Jacke aus. Als er an ihr vorbeiging, konnte er eine Mischung aus Schweiß und Parfum riechen.
„Da durch die Tür und auf den Tisch neben der Spüle.“
Mit einem Ächzen stellte Teever die Eimer ab.
„Danke“, sagte sie und lachte.
„Möchten Sie etwas trinken? In Schweden bietet man doch immer Kaffee an. Hier muss irgendwo welcher sein.“ Sie sah sich suchend um.
„Wir haben doch ein Glas gekauft“, sagte sie ungeduldig. „Den letzten haben die Diebe mitgenommen.“
„Gern“, meinte Teever, obwohl er eigentlich gar keinen Durst hatte.
„Ich heiße übrigens Torbjörn Teever“, sagte er und wiederholte:
„Torbjörn.“
Er streckte ihr seine Hand
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