Onkel Toms Hütte
lieber?« in Bewegung, das Frühstück auf den Tisch zu bringen; denn ein Frühstück in den üppigen Tellern Indianas ist eine vielfältige und umständliche Angelegenheit. Während also John zur Quelle sprang nach frischem Wasser und Simeon der Jüngere das Maismehl für den Kuchen siebte und Mary Kaffee mahlte, ging Rachel ruhig und gelassen hin und her, richtete die Kuchen her, schnitt das Huhn auf und warf ringsumher einen Blick auf alle Vorbereitungen. Drohte ein Zusammenstoß unter den übereifrigen, zahlreichen jungen Helfern, genügte ihr sanftes »Na, na!« oder »Nicht doch!«, um alle Erregung zu glätten.
Während alle Vorbereitungen in vollem Gange waren, stand Simeon der Ältere in Hemdsärmeln vor dem kleinen Spiegel in der Ecke und war von der Tätigkeit des Rasierens vollständig in Anspruch genommen. Alles ging in der großen Küche so gesellig, so ruhig und harmonisch vor sich – jedem einzelnen erschien seine Tätigkeit im Augenblick willkommen, und es herrschte allgemein ein solcher Geist des Friedens und der Verträglichkeit – selbst die Messer und Gabeln klapperten gesellig, als man sie auf den Tisch legte, und Hühnchen und Schinken bruzzelten so vergnüglich in der Pfanne, als sei ihnen dieser Zustand durchaus behaglich –, daß Georg und Eliza und der kleine Harry, als sie aus der Stube traten und so freudig begrüßt wurden, sich wie im Traum vorkamen.
Endlich hatte man sich allgemein um den Frühstückstisch eingefunden, nur Mary stand am Herd und buk die leckeren Griddle-Kuchen, die dann, kaum daß sie die goldbraune Knusprigkeit erreicht hatten, dampfend auf den Tisch kamen.
Rachel sah nie so von Herzen und gesegnet glücklich aus wie im Kreise der Familienrunde. In der Art, wie sie dann die Kuchenplatten weiterreichte oder den Kaffee einschenkte, lag so viel Mütterlichkeit und Herzlichkeit, daß sie sich dem Essen und Trinken förmlich mitzuteilen schienen.
Es geschah zum erstenmal, daß sich Georg gleichberechtigt an den Tisch eines weißen Mannes setzte, zuerst war er noch etwas befangen und zugeknöpft, aber seine Bedenken zerstreuten sich wie Nebel vor den Sonnenstrahlen dieser einfachen und überströmenden Herzlichkeit.
Dies war in der Tat eine Heimat, ein Wort, das bisher für Georg keine Bedeutung besessen hatte; und ein neuer Glaube an Gott, ein Vertrauen an seine Vorsehung begannen sein Herz zu erfüllen, als sich alle dunklen, menschenfeindlichen, harten Zweifel, alle wilde Verzweiflung in einer goldenen Wolke der Zuversicht und der Geborgenheit verflüchtigten in dem Licht eines lebendigen Evangeliums, das in den Gesichtern ringsum atmete und sich in tausend unbewußten Gesten der Liebe und der Hilfskraft kundtat.
»Was geschieht, Vater, wenn sie dich wieder erwischen?« fragte Simeon der Jüngere, während er sich Butter auf seinen Kuchen strich.
»Dann werde ich meine Strafe bezahlen müssen«, sagte Simeon ruhig.
»Aber wenn sie dich ins Gefängnis werfen?«
»Kannst du dann nicht mit Mutter zusammen die Farm bewirtschaften?« fragte Simeon lächelnd.
»Mutter kann freilich alles«, meinte der Junge. »Aber ist es nicht eine Schande, daß es solche Gesetze gibt?«
»Du sollst von deiner Obrigkeit nichts Böses reden, Simeon«, sagte sein Vater ernst. »Der Herrgott gibt uns unsere irdischen Güter bloß, damit wir Gerechtigkeit und Erbarmen üben, verlangt die Obrigkeit dafür einen Preis, müssen wir ihn erstatten.«
»Ach, wie ich sie doch hasse, diese alten Sklavenhalter!« sagte der Junge.
»Das überrascht mich aber, mein Sohn«, sagte Simeon; »das hat dich deine Mutter nicht gelehrt. Ich würde dem Sklavenhalter dieselben Dienste erweisen wie dem Sklaven, sollte er in einer Heimsuchung an meine Tür klopfen.«
Simeon der Zweite wurde puterrot; aber seine Mutter lächelte nur und sagte: »Simeon ist mein lieber Junge, er wird langsam größer werden und dann seinem Vater nacheifern.«
»Ich hoffe, guter Herr, daß Ihr unsertwegen nicht in Schwierigkeiten geratet«, sagte Georg ganz ängstlich.
»Keine Angst, Georg, dazu sind wir in die Welt gesandt. Wenn wir nicht gewillt sind, einer guten Sache wegen Mühsal auf uns zu nehmen, sind wir unseres Namens nicht wert.«
»Aber meinetwegen«, sagte Georg, »das könnte ich nicht ertragen.«
»Sei unbesorgt, Freund Georg, es geschieht nicht deinetwegen, sondern wir tun es vor Gott und den Menschen«, entgegnete Simeon. »Und nun mußt du dich den Tag über ruhig verhalten, denn heute abend, um zehn
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