Onkel Toms Hütte
Siebensachen zusammen. Stewards und Zimmermädchen waren eifrig beschäftigt, das stattliche Schiff zu säubern, zu polieren und zu seiner glänzenden Einfahrt in den Hafen herzurichten.
Auf dem Zwischendeck saß unser Freund Tom, er hielt die Arme verschränkt und warf von Zeit zu Zeit ängstliche Blicke auf eine Gruppe von Männern, die auf der anderen Schiffsseite standen.
Die liebliche Evangeline stand daneben, ein wenig blasser als am vorigen Tag, aber sonst hatte der Unfall weiter keine Spuren an ihr zurückgelassen. Ein schöner, noch jüngerer Mann von eleganter Gestalt stand nachlässig mit einem Ellbogen auf einen Baumwollballen gelehnt, während eine große Brieftasche offen vor ihm lag. Es ließ sich mit einem Blick erkennen, daß dieser Evas Vater war. Er hatte dieselben edlen Umrißlinien des Kopfes, dieselben großen, blauen Augen, dasselbe goldbraune Haar, aber sein Ausdruck war ein völlig anderer. In den großen, klaren, blauen Augen, waren sie in Schnitt und Farbe auch denen des Kindes vollständig gleich, fehlte jene unbestimmte, traumhafte Tiefe; bei dem Vater war alles klar, kühn und hell, das Licht in seinen Augen aber stammte ganz von dieser Welt; der schön geschnittene Mund hatte einen stolzen und leicht spöttischen Ausdruck, jede Biegung und Wendung seiner schönen Gestalt aber drückte eine freie und lässig-anmutige Überlegenheit aus. Mit gutmütiger, nachlässiger Miene, halb belustigt und halb verächtlich hörte er jetzt Haley zu, der ihm wortreich und lobend die Ware anpries, um die sie handelten.
»Alle moralischen und christlichen Tugenden in Schwarzleder gebunden, vollzählig beieinander« sagte er, als Haley geendet hatte. »Also, mein guter Mann, wie hoch ist der Schaden, wie man bei uns in Kentucky sagt? Kurz und gut, wieviel wollen Sie haben bei diesem Geschäft? Um wieviel wollen Sie mich übers Ohr schlagen? Heraus mit der Sprache!«
»Na«, sagte Haley, »wenn ich dreizehnhundert Dollar für diesen Burschen verlange, dann komme ich gerade mit heiler Haut davon.«
»Armer Kerl«, sagte der Mann, den scharfen, spöttischen Blick seiner blauen Augen auf ihn heftend, »aber ich hoffe, aus besonderem Entgegenkommen werden Sie ihn mir dafür ablassen, wie?«
»Na, das junge Fräulein scheint ja ganz versessen auf ihn zu sein, mit gutem Grund.«
»Ja freilich, und das appelliert an Ihre Großmut, mein Freund. Also aus christlicher Barmherzigkeit, wie billig können Sie ihn ablassen, um einer jungen Dame gefällig zu sein?«
»Bedenken Sie es nur recht«, sagte der Händler. »Sehen Sie seine Glieder, die breite Brust, der ist stark wie ein Pferd. Sehen Sie den Kopf; die hohe Stirn ist immer ein Zeichen, daß die Neger zu rechnen verstehen und Bescheid wissen. Das habe ich oft gemerkt. Ich behaupte also, ein Neger von diesem Schlag ist schon ein gutes Stück Geld wert, auch wenn er dumm wäre, allein wegen seines Körpers. Zieht man dazu seine geistigen Fähigkeiten und sonstigen ungewöhnlichen Gaben noch in Rechnung, so steigert das natürlich seinen Wert. Was sage ich, der Bursche hat doch seines Herrn Farm ganz allein verwaltet; er hat einen ganz ungewöhnlichen Geschäftssinn.«
»Schlimm, schlimm, sehr schlimm; da weiß er viel zuviel!« sagte der junge Mann, und wieder spielte das spöttische Lächeln um seine Lippen. »Mit so einem kommt man nicht weit. Solche schlauen Kerle reißen aus, stehlen Pferde und haben den Teufel im Leibe. Wegen seiner Schlauheit müßten Sie gerade ein paar hundert Dollar ablassen.«
»Da mag schon was daran sein, wenn er nicht einen so goldtreuen Charakter hätte. Ich kann Ihnen Empfehlungen seines Herrn und auch anderer Leute zeigen, danach ist er wirklich einer von den Frommen – das bescheidenste und frömmste Geschöpf, das Ihnen je begegnete. Tatsächlich hat man ihn doch in seiner Heimat den Prediger genannt.«
»Dann kann ich ihn womöglich als Familienkaplan einstellen«, bemerkte der junge Mann trocken. »Das wäre auch ein Gedanke. Religion ist sowieso in meinem Hause ein recht seltener Artikel.«
»Sie scherzen, mein Herr.«
»Woher wollen Sie das wissen? Haben Sie ihn nicht soeben als Prediger angepriesen? Hat er am Ende eine Prüfung vor dem Kirchenrat abgelegt? Kommen Sie, zeigen Sie einmal die Papiere.«
Hätte der Händler nicht an einem belustigten Funkeln der großen blauen Augen erkannt, daß alle Fopperei doch schließlich klingende Münze einbringen würde, wäre ihm vielleicht die Geduld ausgegangen, so
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