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Onkel Wolfram - Erinnerungen

Onkel Wolfram - Erinnerungen

Titel: Onkel Wolfram - Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Sacks
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spätere waren nicht rein genug), die ich durch (meist mit Speichel) angefeuchtetes Löschpapier trennte. Wenn ich kleine Münzen nahm, Farthings und Sixpences, ergaben fünf oder sechs solche Paare nicht mehr als drei Zentimeter. Ich konnte aber auch einen Stapel von dreißig Zentimetern Höhe auftürmen, sechzig oder siebzig Paare von einer Röhre umschlossen. Der gab dann einen starken elektrischen Schlag von 100 Volt. Man hätte auch, so spekulierte ich, einen elektrischen Stock konstruieren können, der Paare aus Kupfer- und Zinkfolie enthielte, die viel dünner waren als Münzen. Ein solcher Stock mit fünfhundert oder mehr Paaren hätte tausend Volt erzeugen können, noch mehr als ein Zitteraal, genug, um jeden Angreifer in die Flucht zu schlagen - doch über das Planungsstadium kam ich nie hinaus.
    Mich faszinierte die große Vielfalt der Batterien, die im 19. Jahrhundert entwickelt worden waren und von denen man noch einige im Science Museum bewundern konnte. Es gab die «Einflüssigkeits-Batterien», wie Voltas Originalzelle, die Smee-, die Grenet-, die massive Leclanché- oder die schlanke, silberne De-La-Rue-Batterie, und die Zweiflüssigkeits-Batterien - zum Beispiel unsere eigene Daniell-, die Bunsen- und die Grove-Batterie (Letztere mit Platinelektroden). Es schien unendlich viele zu geben, doch alle waren, ungeachtet ihrer unterschiedlichen Bauart, auf einen zuverlässigen und konstanten Stromfluss hin konstruiert worden, die Elektroden sollten vor Metallablagerungen oder hartnäckig anhaftenden Gasblasen geschützt und es sollten möglichst keine schädlichen oder feuergefährlichen Gase abgesondert werden (wie es bei einigen Batterien der Fall gewesen war).
    Diese Nasselemente mussten von Zeit zu Zeit mit Wasser aufgefüllt werden, während die kleinen Trockenbatterien in unseren Taschenlampen offenbar ganz anders funktionierten. Als Marcus mein Interesse bemerkte, schnitt er mit seinem scharfen Pfadfindermesser eine Batterie für mich auf und zeigte mir das äußere Zinkgehäuse, den Kohlestab in der Mitte und die ätzende, unangenehm riechende Leitpaste dazwischen. Er demonstrierte mir auch die massive 120-Volt-Batterie in unserem Kofferradio (unabdingbar in Kriegszeiten, da die Stromversorgung höchst unzuverlässig war) - sie enthielt achtzig zusammengeschaltete Trockenzellen und wog mehrere Pfund. Ein andermal öffnete er die Motorhaube des Autos - wir hatten damals noch den alten Wolseley - und erklärte mir den Akkumulator mit Bleiplatten und Säure und wie man ihn auflud. Er könne wiederholt aufgeladen werden, sagte Marcus, Ladung aufnehmen, doch nicht auch selbst erzeugen. Ich entwickelte eine regelrechte Leidenschaft für Batterien, selbst wenn sie leer waren. Nachdem sich das in meiner Familie herumgesprochen hatte, strömten gebrauchte Batterien jeder Größe und Form nur so ins Haus, und schon bald war ich stolzer Besitzer einer bemerkenswerten (wenn auch vollkommen nutzlosen) Sammlung an Objekten, die ich großenteils öffnete und sezierte.
    Doch meine Lieblingsbatterie blieb das alte Daniell-Element, und als wir uns modernisierten und eine neumodische Trockenzelle für die Klingel bekamen, ging die Batterie in meinen Besitz über. Sie hatte nur eine bescheidene Spannung von l bis l ½ Volt, aber der Strom von mehreren Ampere war beträchtlich für ihre Größe. Das machte sie sehr geeignet für Experimente mit Wärme und Licht, bei denen man einen Strom von gewisser Stärke brauchte, die Spannung aber kaum eine Rolle spielte.
    So konnte ich Drähte leicht erwärmen - Onkel Dave hatte mich mit einem stattlichen Vorrat an Wolframdrähten höchst unterschiedlicher Stärke versorgt. Der dickste Draht, zwei Millimeter im Durchmesser, erwärmte sich etwas, wenn ich ein Stück davon mit den Polen der Zelle verband. Der dünnste Draht wurde weißglühend und verbrannte in einem Blitz. Einen Draht, dessen Dicke zwischen diesen beiden lag, konnte man eine Weile in Rotglut versetzen, obwohl er auch bei dieser Temperatur schon bald oxidierte und zu einem Staubhäufchen aus gelbweißem Oxid zerfiel. (Nun wusste ich, warum man unbedingt die Luft aus den Glühlampen hatte entfernen müssen und warum Glühlicht nicht möglich war, wenn man die Glaskolben nicht luftleer pumpte oder mit Edelgas füllte.)
    Mit dem Daniell-Element als Stromquelle konnte ich auch salziges oder angesäuertes Wasser zerlegen. Ich weiß noch, wie freudig erregt ich war, als ich etwas Wasser in einem Eierbecher zerlegte und

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