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Online Wartet Der Tod

Titel: Online Wartet Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alafair Burke
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ihrem Bruder zu sein und ihm beizustehen, wie es jeder andere Angehörige eines Opfers auch getan hätte. Aber der Gedanke an den slawischen Akzent der Männer, die Jess überfallen hatten, ließ ihr keine Ruhe.
    Sie wollte Fotos aus der Kartei. Jess sollte die Schläger identifizieren. Sie wollte sie aufspüren, und sie sollten – im Idealfall – Widerstand leisten. Sie wünschte sich einen Vorwand, um ihre Wut abzureagieren.
    Aber während sie darüber nachdachte, wie sie ihren Bruder würde schützen können, versuchte der immer noch, sie gegen die Drohung abzuschirmen, die er ihr überbracht hatte. Sie wollte Officer Connelly alles sagen, doch Jess erklärte, selbst wenn sie das tue – er werde bei seiner halbwahren Geschichte bleiben. Also fand sie sich im selben Zwiespalt wieder: Entweder musste sie Jess allein lassen, um selbst ein paar Kartei-Fotos von möglichen Tätern herauszusuchen, unter denen Jess vielleicht jemanden identifizieren konnte, oder sie musste Flann finden.
    Ein letztes Mal versuchte sie es auf Flanns Handy, dann rief sie die Auskunft an und besorgte sich die Nummer von Miranda Hart. Sie konnte sich später bei Flann dafür entschuldigen, dass sie die Mutter seines Kindes behelligt hatte; im Moment brauchte sie einfach nur Hilfe. Sie wurde direkt verbunden.
    »Hallo?« Die Frau klang besorgt. Im Hintergrund hörte Ellie Wasserrauschen und die leisen Töne eines Fernsehers.
    »Mrs. Hart?«
    »Ja?«
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung. Mein Name ist Ellie Hatcher. Ich arbeite beim NYPD mit Flann McIlroy zusammen. Ich muss ihn unbedingt sprechen, und er geht nicht ans Telefon.«
    Das Wasser wurde abgestellt. »Ich verstehe nicht, weshalb Sie diese Nummer haben. Er wohnt nicht hier. Hat nie hier gewohnt.«
    »Ich dachte, er ist vielleicht bei seiner Tochter. Oder können Sie mir sagen, wo er mit ihr zum Essen hingegangen ist?«
    »Tut mir leid, aber das ist ein Missverständnis. Er hat sie Anfang der Woche getroffen.«
    »Mir hat er gesagt, dass er heute Abend noch mal mit ihr isst.«
    »Nein, wir haben beschlossen, es langsam angehen zu lassen. Ich möchte, dass Stephanie sich allmählich an ihn gewöhnen kann.«
    »Aber ich habe noch vor ein paar Stunden mit ihm gesprochen. Wollte er sie nicht heute Abend treffen?«
    »Das hat er Ihnen erzählt? Nein. Wir haben neulich lange miteinander geredet, nachdem er Stephanie zurückgebracht hatte. Jetzt soll er anrufen, damit wir für nächste Woche etwas ausmachen können. Seit er hier war, habe ich nichts mehr von ihm gehört.«
    Ellie dankte Miranda, beendete das Gespräch und wählte erneut Flanns Nummer. Ein Mal, zwei Mal, drei weitere Male. Immer sprang sofort die Mailbox an. Sein Handy war aus. Sie wurde nervös. Ihr Bruder lag im Krankenhaus. Ihr Partner hatte sie angelogen und war verschollen. Wenn sie Jess erwischt hatten, konnten sie dann nicht auch Flann erwischt haben?
    Sie saß auf der äußersten Bettkante. Jess sah sie an, als wüsste er nicht, ob er lachen oder sie anschreien sollte. »Nun geh schon, Ellie. Im Ernst, tu, was du tun musst, aber versprich mir, dass du vorsichtig bist. Mit dem Schmerzmittel geht’s mir gut, und dein Stress verdirbt mir nur die Stimmung.«
    Nach einigen Minuten des Zögerns und mehreren »Wirklich?« und »Sicher?« drohte Jess damit, über die Schwester den Sicherheitsdienst rufen zu lassen, wenn Ellie ihn nicht endlich ausruhen ließ.
    »Wenn ich es hinkriege, ein paar Fotos herzufaxen – meinst du, du hast die Kraft, sie dir anzuschauen und mir eine SMS zu schicken?«
    »Jetzt erkenne ich doch meine kleine Schwester wieder. Ja, das werde ich wohl schaffen. So viel habe ich nicht abgekriegt, dass ich die hier nicht mehr bewegen könnte«, sagte er und spreizte die Finger.
     
    Ellie leistete sich ein Taxi zum Revier, weil sie es – für den Fall, dass Flann anrief – nicht riskieren wollte, in der U-Bahn ohne Netz zu sein. Bevor sie den Fahrer bezahlte, sah sie noch einmal nach, ob Anrufe eingegangen waren, und plötzlich kam ihr ein Gedanke, auf den sie schon viel früher hätte kommen können. Vielleicht war Flanns Mailbox deshalb immer gleich angesprungen, weil er sich irgendwo aufhielt, wo er keinen Empfang hatte? Das erklärte zwar immer noch nicht, warum er sie angelogen und ihr erzählt hatte, er wolle seine Tochter treffen, aber es lenkte ihre Überlegungen immerhin weg von den unschönen Möglichkeiten, die sie sich zuvor ausgemalt hatte.
    Sie setzte sich an ein Terminal und begann

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