Online Wartet Der Tod
die Fotos auszudrucken, die sie Jess zeigen wollte. Vitali Rostov war der Erste. Als Krimineller kam er in der Kartei nicht vor, deshalb griff sie auf das Foto aus dem New Yorker Führerscheinregister zurück. Als Nächstes suchte sie Fotos von den beiden Männern heraus, die auf Lev Groshas Besucherliste standen: Ivan Ovinko und Mark Jakov. Sie nummerierte die Bilder – eins bis drei – und faxte sie ans Krankenhaus; dazu ein paar Zeilen an den Wachmann, der ihr versprochen hatte, Jess die gefaxten Seiten zu bringen.
Während sie zusah, wie das Gerät die Blätter einzog, atmete sie tief durch. Jetzt kam das Schwerste. Warten. Sie warf einen Blick auf ihr Telefon. Keine neuen Anrufe. Sie versuchte es ein weiteres Mal bei Flann. Wieder gleich die Mailbox. Wo war er?
Auf seinem Schreibtisch lag ein Hefter, aus dem ein paar Blätter herausschauten. Es war die Mappe, die Jason Upton mit seinen Nachforschungen über Ed Becker ans Revier geschickt hatte. Ellie öffnete sie und entdeckte drei Dokumente, die ursprünglich nicht darin gelegen hatten.
Das Erste war die Kopie einer Bescheinigung darüber, dass eine 1995 Gibson 5900 Cabin Yacht beim New Yorker Department of Motor Vehicles, DMV, auf den Namen Ed Becker eingetragen worden war. Das Zweite war eine Kopie, aus der hervorging, dass das Eigentum daran im vergangenen März von einem Mann namens Luke Steiner auf Ed Becker übergegangen war. Das dritte Dokument war ein an Flann McIlroy adressiertes Fax. Es war am Nachmittag von der Kanzlei Larkin, Baker & Howry aus gesendet worden, wo Jason Upton arbeitete.
Auf dem Deckblatt stand handschriftlich: Habe Ihre Nachricht bekommen. Tut mir leid, dass wir uns verpasst haben und dass ich das Boot übersehen habe. Man kann doch nie gründlich genug nachschauen. Anbei der Meldeschein, falls Sie ihn nicht schon haben. Rufen Sie mich an, wenn Sie noch etwas brauchen. Darunter standen eine Telefonnummer mit Mobilfunk-Vorwahl und die Initialen J. U. Angehängt war derselbe DMV-Anmeldeschein für das Boot, den Flann sich offenbar schon ausgedruckt hatte, bevor das Fax von Upton gekommen war.
Wieder versuchte Ellie, Flann anzurufen. Wieder die Mailbox. Sie starrte eine Weile auf den Meldeschein für Beckers 1995 Gibson 5900 Cabin, und dann googelte sie an Flanns Rechner »Gibson 5900«. Mit einem Doppelklick auf das erste Suchergebnis öffnete sie ein Angebot über eine Yacht von 2002. Preis: eine Viertelmillion. Sie stieß einen leisen Pfiff aus und begann sich weitere Angebote anzuschauen. Das billigste 1995er Modell, das sie fand, kostete immer noch 160 000 Dollar. Wie konnte ein pensionierter Cop sich so ein Boot leisten? Das erklärte zweifellos Flanns Neugier, aber wie war er überhaupt darauf gekommen, Upton nach dem Boot zu fragen?
Sie erinnerte sich an den Vortrag, den Upton ihr über Cookies gehalten hatte. Mit einem Mausklick konnte sie die Verläufe von Flanns Internet Explorer abfragen, mit einem weiteren öffnete sie einen Ordner namens heute . Unter »images.google« sprang ihr ein Name ins Auge: Ed Becker. Sie wählte ihn aus.
Eine Reihe kleiner Fotos erschien auf dem Bildschirm. Die Zahl rechts oben verriet ihr, dass sie über fünfhundert Treffer hatte. Noch einmal gab sie »Ed Becker« in »google.images« ein, diesmal mit dem Zusatz »New York«. Das ließ die Auswahl auf zu bewältigende zweiunddreißig Bilder schrumpfen. Sie sah sie kurz durch. Ein Highschool-Absolvent. Ein Paläontologe, der dabei war, das Skelett eines T.rex zu rekonstruieren. Ein lächelnder Mann mit Gewehr neben einem toten Reh.
Sie ging auf die nächste Seite. Neben dem Porträt eines Konkursanwaltes und einer Anzeige für den Film City Hall erregte ein Gruppenfoto ihre Aufmerksamkeit. Es war zu klein, als dass sie die Gesichter hätte erkennen können, aber darunter stand: »Bronx Yacht Club Activities«. Sie klickte das Bild an, um es zu vergrößern.
Sie standen an Deck eines Segelboots; der Dritte von links, ein Bier in der Hand, war der NYPD-Detective im Ruhestand Ed Becker. In kleinerer Schrift war unter dem Bild vermerkt: »Blue Cup Regatta«.
Ellie schaute noch einmal in Flanns Verläufe und sah den Eintrag »Bronx Yacht Club«. Sie folgte dem Link. Auf der Homepage hieß es: »Willkommen im Bronx Yacht Club, in der maritimen Umgebung von City Island, New York«. Außerdem war dem Verlauf zu entnehmen, dass Flann sich eine Seite über City Island angesehen hatte.
City Island. City Island. Wo war sie kürzlich
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