Online Wartet Der Tod
aber ich habe auch Ihr Gesicht gesehen, als Sie mich gefragt haben, ob Lev Grosha wegen Tatiana ins Gefängnis musste. Sie haben ihn erkannt. Und ich vermute, dass Sie auch einen Mann namens Alex Federov kennen. Hat Vitya Ihnen erzählt, dass Federov im Gefängnis umgebracht worden ist?« Zoya schwieg. »Als Sie erfuhren, dass der Mann, bei dem Tatiana damals im Auto saß, FBI-Agent ist, haben Sie begriffen, dass Vityas Freunde die Festnahmen Ihrer Schwester zu verdanken hatten. Und jetzt vermuten Sie, dass sie deswegen erschossen worden ist.«
»Sie war meine Schwester …«
»Sie wollen das nicht glauben, das ist mir schon klar. Das würde ich auch nicht wollen. Aber Ihr Mann steckt viel tiefer in der Sache drin, als Sie sich bisher eingestanden haben. Der Mann, mit dem ich das erste Mal bei Ihnen war – Ed Becker –, wissen Sie, dass er tot ist?«
Jetzt wich Zoya Ellies Blick aus und schaute zu Boden. »Ja. Ich habe die Nachrichten gesehen.«
»Lassen Sie mich raten: Vitya hat die Nachrichten sehr aufmerksam verfolgt.« Sie nahm Zoyas Schweigen als Zustimmung. »Sie kannten ihn schon lange, bevor ich das erste Mal hier war, stimmt’s? Ich weiß noch, wie ich damals mit ihm vor Ihrer Tür stand. Mich haben Sie gefragt: Wer sind Sie? Becker haben Sie gar nicht beachtet. Und als Ihr Mann fragte, wer da sei, haben Sie gesagt: die Polizei, der Mann von vorher und eine Frau. Becker war hier und hat mit Ihrem Mann gesprochen, oder nicht? Er war allein hier und ist dann noch mal mit mir zusammen gekommen.«
»Er war ein Freund von Vitya.«
Kopfschüttelnd versuchte Ellie sich vorzustellen, wie die vergangene Woche verlaufen wäre, wenn sie früher erkannt hätte, dass Becker an jenem Abend nicht eben erst beim Haus der Rostovs eingetroffen, sondern von dort gekommen war.
» Freunde ? Wenn sie Freunde waren, warum haben Sie dann alle drei vor mir verheimlicht, dass Sie sich gerade erst gesehen hatten? Sie müssen mir sagen, was Sie wissen, Zoya, sonst gehe ich zu den Leuten vom FBI, und die werden die Staatsanwaltschaft auffordern, ein offizielles Ermittlungsverfahren einzuleiten.« Zoya konnte nicht gezwungen werden, zu Dingen auszusagen, die sie von ihrem Ehemann wusste, aber das war ihr nicht klar. »Mal sehen, ob das Sie zum Reden bringt: Vitya ist kein Wachmann. Kann schon sein, dass er irgendwo in einem Lagerhaus arbeitet, aber das ist reine Tarnung für seine weit verzweigten kriminellen Machenschaften: Heroindealerei und Geschäfte mit gestohlenen Kreditkartennummern. Und Becker hat, solange er noch im Dienst war, bei all dem abkassiert.«
Zoya strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und blickte Ellie wieder an. »Vitya sorgt gut für uns. Er arbeitet in dem Lagerhaus, wie ich es Ihnen gesagt habe. Sie machen dort Import und Export, aber Einzelheiten weiß ich nicht.«
»Sie betonen immer, dass Sie keine Einzelheiten wissen. Tatiana hatte keinen Grund, die Augen zu verschließen vor dem, was da abläuft, oder?«
»Vitya hat sich immer so über Tatianas Lebensstil aufgeregt, dass ich – ja, ich habe angenommen, dass manche seiner Freunde die gleichen schlechten Gewohnheiten haben wie sie.« Noch brachte sie ihren Mann nicht in Zusammenhang mit kriminellen Machenschaften, aber zumindest redete sie.
»Und Sie fanden es nicht seltsam, dass der Kumpel Ihres Mannes, Ed Becker, der verantwortliche Ermittler im Mordfall Ihrer Schwester war?«
»Vitya hat mir erklärt, dass Becker den Fall übernommen hat, weil er unser Freund ist – dass er herauskriegen würde, wer sie umgebracht hat. Ich hatte keine Ahnung, dass sie für die Polizei arbeitet.«
»Und was denken Sie jetzt, Zoya?«
Langsam löste sich eine Träne aus dem Augenwinkel der jungen Frau, rann an der Nase entlang und blieb an der Lippe hängen. Sie wischte sie weg.
»Ich weiß nicht, was ich denken soll. Vitya ist der Vater meiner Kinder.«
»Und Tatiana war Ihre Schwester. Ich habe mit Charlie Dixon gesprochen. Dem FBI-Agenten von dem Foto, das ich Ihnen gezeigt habe. Er wusste, dass Tatiana Informationen zurückhält. Sie hat Vitya geschützt, Sie und Ihren Sohn. Tatiana wollte nicht, dass Sie Ihren Lebensunterhalt auf die gleiche Weise verdienen müssen wie sie selbst, und das hat sie mit dem Leben bezahlt. Wenn Tatiana sich nicht so viele Sorgen um Sie gemacht hätte, wenn sie Dixon einfach alles erzählt hätte, was sie wusste, wäre Vitya dran gewesen, und Tatiana wäre vielleicht noch am Leben. Werden Sie ihm das wirklich
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