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Online Wartet Der Tod

Titel: Online Wartet Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alafair Burke
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in denen es immer hin und her gegangen war, hatte sie mitbekommen, dass er nach der Arbeit auffällig oft mit einer Kollegin aus der Marketingabteilung etwas trinken ging. Sie kannte ihn und war sicher, dass es sich nicht um eine Affäre handelte, aber sie hatte das Ende kommen sehen und den Weg frei gemacht, um ihm eine Zukunft zu ermöglichen, wie er sie sich wünschte – eine, in der das NYPD keine Rolle spielte. Sie hatte angekündigt, dass sie ausziehen werde, und er hatte keine sonderlichen Anstrengungen unternommen, sie aufzuhalten. Das hatte sie darin bestätigt, dass es nicht das Richtige gewesen war. Ihnen beiden war der Abschied viel zu leicht gefallen.
    In einer Art Rollentausch war Jess derjenige gewesen, der ihr nach der Trennung Halt gegeben hatte. Eine alte Freundin von ihm hatte eine Wachpolizistin dankbar für zwei Wochen auf ihrem Lower-East-Side-Sofa aufgenommen, und ehe Ellie sich versah, hatte Jess die Wohnung eines Freundes eines Freundes eines Freundes zur Untermiete für sie aufgetan. Ellie argwöhnte, dass der Hauptmieter irgendwo auf den Fidschi-Inseln am Strand lag, aber solange sie die Bude für sich hatte, würde sie sich seinetwegen keine Gedanken machen. Gemessen an Bills Upper-East-Side-Loft war es ein Abstieg, aber hier war sie ihr eigener Herr, und sie konnte die Miete aufbringen. Gerade eben. Nach ein paar Monaten und mehreren Anstrichen, war die illegale Einraum-Untermietwohnung am Murray Hill ihr Zuhause.
    Sie machte es sich auf dem Sofa bequem, stellte den Fernseher auf tonlos und griff nach dem Telefon, um den allabendlichen Anruf bei ihrer Mutter hinter sich zu bringen.
    »Hallo?«
    »Hallo, Mom. Es ist ein bisschen später geworden, tut mir leid. Ich wollte nur schnell Gute Nacht sagen.«
    »Hast du gearbeitet?« Roberta klang aufgekratzt, aber auch ein bisschen gekünstelt; da war zweifellos ein kleiner Wodka im Spiel. Ellie und Jess nannten das ihre Abendstimme. »Ging es um diese gefälschten Theaterkarten?«
    »Da sind wir noch dran. Ich musste einfach ein bisschen Papierkram erledigen.«
    »Dein Vater hat ewig über den Papierkram gestöhnt. Weißt du noch – er hat immer gesagt, wenn er für jedes Papier, das er im Laufe der Jahre erstellt hat, einen Donut bekäme, könnte er alle Polizisten Amerikas durchfüttern.«
    »Hast du noch mal was vom Anwalt gehört?«, fragte Ellie in der Hoffnung, ihre Mutter vom Trip in die Vergangenheit abzuhalten.
    »Die von der Stadt haben ihm gesagt, dass Summer von allen Morden Erinnerungsstücke aufgehoben hat. Dadurch haben sie ihn mit den Fällen in Verbindung bringen können, für die sie ihn jetzt festnageln. Er hatte sogar Fotos.«
    »Hat er ihnen gesagt, dass wir das schon lange wissen?« Dem College-Hill-Würger war es von Anfang an wichtig gewesen, anderen die Bilder von seinen Tatorten zu zeigen. Einem Brief an den Wichita Eagle hatte er 1981 eine Zeichnung beigefügt – so deutlich und genau, dass die Polizei mutmaßte, sie sei nach einem Foto angefertigt worden. Nach einer weiteren Zeichnung im darauf folgenden Jahr hatte er der Polizei ein Foto geschickt und dazu eine Audiokassette, auf der man das Opfer um Atem ringen hörte. Das war für mehrere Jahre die letzte Mitteilung des College-Hill-Würgers gewesen.
    Und dann, genau zwanzig Jahre später, hatte ein Reporter der Lokalzeitung ein Kuvert mit einer Kette und einem Polaroid-Foto in der Post gehabt. Nach der Kette suchte die Polizei seit 1978 – sie war der alleinerziehenden Mutter, dem ersten Opfer des College-Hill-Würgers, gestohlen worden. Auf dem Bild war eine andere weibliche Leiche zu sehen, das Opfer eines noch ungelösten Mordfalls aus dem Jahr 1997. In der Hoffnung, sie wiederbeleben zu können, hatten Rettungsmediziner die Frau sofort aus ihrem Schlafzimmer – wo sie erdrosselt aufgefunden worden war – geholt und ins Krankenhaus gebracht, wo sie gestorben war. Niemand außer dem Mörder konnte die Tote so fotografiert haben.
    Der College-Hill-Würger war wieder da. Die anonyme Post war seine Art, die Polizei davon in Kenntnis zu setzen. Während die Einwohner der Stadt mit Mutmaßungen über sein Ableben oder eine Entmündigung beschwichtigt worden waren, war er die ganze Zeit unter ihnen gewesen und hatte gemordet. Im Lauf der darauf folgenden elf Monate hatte er sechs weitere Kuverts verschickt – Briefe, Zeichnungen, sogar ein Gedicht. Mit seiner Angeberei hatte er am Ende selbst zu seiner Festnahme beigetragen – ein aufmerksamer Teenager hatte

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