Online Wartet Der Tod
vielleicht hätten sie es nicht getan. Eine russische Heroinsüchtige, die in Bensonhurst lebte und in Manhattan strippte.
»Ich habe gehofft, dass wir drum herumkommen, aber ich fürchte, wir müssen doch mit einem der Chekova-Ermittler reden.«
»Angst vor einem Revierkampf?«
»Es gibt keinen Revierkampf. Barney Tendall ist tot – erschossen, nicht im Dienst; er hat versucht, einen Raubüberfall zu verhindern. Ed Becker hat zwei Monate danach den Dienst quittiert. Ich glaube, Becker hat noch wenige Stunden, bevor das passiert ist, mit Tendall telefoniert und ist nie darüber hinweggekommen – als hätte er seinen Partner davon abhalten müssen, ein Bier trinken zu gehen.«
Becker. Zweimal hatte Flann den Namen jetzt ausgesprochen, und zweimal hatte er damit an irgendeine ferne Erinnerung in ihr gerührt. Sie schloss die Augen bei dem Versuch, darauf zu kommen, aber es gelang ihr nicht. Am Ende wischte sie den Namen beiseite – es war ein solcher Allerweltsname, dass sie ihn vielleicht auch irgendwo in der Zeitung gelesen hatte.
»Hatte Becker den Job satt?«, fragte sie.
Flann brauchte einen Moment, bis er antwortete. »Nein, um Gottes willen. Er war mit Leib und Seele Cop. Nur eben kein besonders guter, wenn Sie mich fragen. Und das werden wir ihm jetzt vor Augen führen, indem wir ihm die Fragen stellen, auf die seine Papiere keine Antwort geben.«
Wie extrem unwohl es McIlroy bei dem Gedanken war, dass er einen früheren Kollegen zu einem alten Fall befragen musste, erstaunte Ellie. Der Mann war wirklich schwer zu durchschauen.
»Ist da noch irgendein Haken an der Geschichte?«
»Wir haben sehr lange auf demselben Revier gearbeitet. Sagen wir mal so: Wenn wir es mit Ed Becker zu tun haben, überlasse ich das Reden gern Ihnen.«
13
Ed Becker wohnte in Scarsdale, Westchester, etwas nördlich der Bronx. Trotz der räumlichen Nähe hatte Westchester mit der Bronx nichts gemein, und das gediegene Scarsdale war eins der Viertel, die am wenigsten an die Bronx denken ließen.
Ellie hatte vorher angerufen, und Ed Becker erwartete sie bereits an der Tür seines bescheidenen Backsteinhauses im Tudorstil. Er war ein Riese – groß, dick, massig, mit einem mächtigen Brustkorb. Seine Haut war gerötet, sein hellblondes Haar noch einigermaßen voll. Er empfing sie mit einem freundlichen Lächeln.
Aber nicht nur sein Lächeln war freundlich. Er klopfte Flann freundschaftlich auf die Schulter, schüttelte Ellie überschwänglich die Hand und winkte sie mit großer Geste in sein Wohnzimmer durch. Diese kleinen Dinge fielen Ellie auf, wie auch das Metallschild, das über dem gewaltigen Lehnstuhl an der Wand hing: Pensionärsparkplatz.
»Nettes Schild«, sagte sie.
Das Lächeln wurde noch breiter. »Ja. Manche von den Jungs haben es ein bisschen übertrieben mit den Geschenken zum Abschied. Das hier war so ziemlich das Einzige, das man öffentlich zeigen kann. Dem Aussehen nach würde ich schätzen, dass Sie noch etliche Jahre mit Dienstmarke vor sich haben, bevor Sie diese Party feiern.«
»Ach, beim NYPD hat man jeden Tag Party.«
Becker lachte. »Das gefällt mir. Jeden Tag Party. Ich mag sie, McIlroy. Lass sie nicht gehen!«
»Wir arbeiten dran.«
Nach dem, was sie von Flann gehört hatte, war sie auf einen Widerling eingestellt gewesen. Jetzt, da sie dem Mann gegenüber stand, fragte sie sich, ob der notorische Einzelgänger Flann womöglich allen Kollegen mit solchen Vorbehalten begegnete.
»Was führt euch denn nun nach Westchester?«
Becker hatte die Frage an Flann gerichtet, aber Ellie war diejenige, die antwortete. »Wir sehen da eine mögliche Verbindung zwischen den Morden an zwei Frauen in Manhattan, Caroline Hunter und Amy Davis. Sie sind im Abstand von genau einem Jahr umgebracht worden, jeweils nach einem Treffen mit einem Mann, mit dem sie sich online verabredet hatten.«
»Dieses Internet-Dating ist eine feine Sache. Mein Sohn hat vor ein paar Jahren darüber jemanden kennengelernt. Sie wollen jetzt im Frühjahr heiraten. Ach, apropos, Mac, wie geht’s deiner Tochter?«
Diese Anteilnahme änderte nichts an der finsteren Miene, die Flann schon beim Betreten des Hauses aufgesetzt hatte. »Der geht’s gut. Danke der Nachfrage, Ed.«
»Also, Internet-Dating. Ich gestehe, ich war drauf und dran, das selbst auszuprobieren. Hab jedenfalls viel darüber gelesen. Aber so ein alter Knacker wie ich …«
»Sie wären überrascht«, sagte Ellie.
»Bestimmt. Wenn vielleicht auch nicht
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