Online Wartet Der Tod
die Idee, heute Abend mal nach Tatianas Schwester zu suchen. Vielleicht in dem Club, in dem sie gearbeitet hat. Sind Sie dabei?«
Flann schaute auf die Uhr. »Tut mir leid. Daran hätte ich denken müssen. Ich meine, ich hätte mir nichts vornehmen dürfen.«
»Macht nichts. Es war ja nichts abgesprochen.« Ellie hatte einfach angenommen, dass Flann bei der Arbeit ebenso wenig auf die Zeit achtete wie sie selbst.
»Es ist … na ja, nach unserem Gespräch gestern habe ich Miranda angerufen, die Mama von Stephanie. Die Mutter meiner Tochter. Wie auch immer, ich fahre heute Abend hin. Stephanie und ich werden zusammen essen. Ich treffe mich mit meiner Tochter zum Essen.«
»Das ist doch toll, Flann!« Ellie wurde aus diesem Mann nicht schlau. Im einen Moment kam er ihr vor wie ein selbstgerechter Überflieger, im nächsten wie ein Teddybär.
»Gut. Das reicht jetzt. Wenn Sie mich noch lange so anschauen, fangen Sie noch an, mir ein Kinderliedchen vorzusingen.«
»Die Welt sieht dadurch einfach wieder freundlicher aus, weiter nichts.«
»Ruhen Sie sich heute Abend ein bisschen aus«, sagte Flann und zog seinen Mantel an. »Wir machen morgen einen neuen Anlauf.«
Ellie versicherte, sie werde auch auf direktem Weg nach Hause gehen, aber ihr spukte immer noch im Kopf herum, was Flann gesagt hatte: Dann haben wir noch nicht mal einen kleinen Vorsprung, bis unser Mann sich sein nächstes Opfer sucht. Sie würde nicht herumsitzen und darauf warten, dass das geschah.
Ellies Vater hatte immer die Auffassung vertreten, dass man das Motiv erkennen musste, um einen Mörder zu finden. Finde das Motiv, hatte er oft gesagt, und es wird dich zum Richtigen führen . Jerry Hatcher war überzeugt, dass der College-Hill-Würger von sadistischem Voyeurismus getrieben wurde. Auf der Grundlage dieser Überzeugung hatte er sich dreizehn Jahre lang auf Männer konzentriert, die es antörnte, Frauen körperlich leiden zu sehen.
In der Hoffnung, ein Motiv zu entdecken, las Ellie ihre sämtlichen Notizen noch einmal durch. Keine der Frauen war vergewaltigt worden, aber dass es keinen sexuellen Kontakt gegeben hatte, schloss ein sexuell gefärbtes Motiv noch nicht aus. Allerdings war auch denkbar, dass sie eine komplett andere Möglichkeit schlicht übersah. Sie blieb an den Zeilen hängen, die sie höflichkeitshalber notiert hatte, als Amys Eltern dagewesen waren, um Chowhound abzuholen. Junge aus der Highschool. Zensur geändert. Einstweilige Verfügung. Zur Bestätigung Suzanne Mouton anrufen. Eine Telefonnummer in New Iberia.
Zensur geändert . Sie erinnerte sich, dass irgendwann während ihrer eigenen Schulzeit die handgeschriebenen Zeugnisse durch Computerausdrucke ersetzt worden waren. Da konnte sie wohl davon ausgehen, dass zu der Zeit, als Amy Davis und Suzanne Mouton in der Highschool gewesen waren, diese Modernisierung auch in New Iberia bereits gegriffen hatte. Was, wenn Amys Eltern ihr gleich zu Anfang das entscheidende Stichwort geliefert hatten? Ellie wählte Suzanne Moutons Nummer.
»Hallo?«
»Ich würde gern Suzanne Mouton sprechen.« Sie bemühte sich, den Namen so zu betonen, wie Evelyn Davis es getan hatte.
»Am Apparat.«
Ellie erklärte, wer sie war und warum sie anrief. »Wir verfolgen natürlich alle Anhaltspunkte hier vor Ort, aber wir wollen gründlich sein und nichts vernachlässigen. Mrs. Davis hat von Schwierigkeiten gesprochen, die Amy während Ihrer gemeinsamen Schulzeit mit einem jungen Mann hatte. Noch bevor sie aufs College ging. Meine Hoffnung war, dass Sie uns das genauer erzählen können.«
»Sie meinen Edmond?«
»Den Namen weiß ich nicht. Offenbar hat Mr. Davis damals eine einstweilige Verfügung gegen den Jungen erwirkt.«
»Ja, das war Edmond Bertrand«, erklärte Suzanne. »So ziemlich der grusligste Junge weit und breit, so kam er uns Mädchen damals jedenfalls vor. Natürlich haben wir später alle gelernt, dass die Menschen noch viel schlimmer sein können.«
»Was genau war denn so schlimm an Edmond?«
»Was ich über die Anfänge weiß, ist überwiegend aus zweiter Hand. Zu der Zeit waren Amy und ich nicht so eng befreundet. Ich fürchte, sie und ihre Clique fanden mich langweilig. Aber was auch immer damals passiert sein mag, ich weiß genau, wie besessen Edmond später von ihr war.«
»Waren sie ein Highschool-Pärchen?«
»Das würde ich nicht sagen. Es war eine kurze Sache. Er war ein Außenseiter – so einer, der nur einen einzigen Freund hat, wissen Sie?
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