Online Wartet Der Tod
Irgendwie traurig. Amy … na ja, es kommt mir nicht richtig vor, jetzt schlecht über sie zu reden. Das ist alles so lange her, und nun ist sie tot.«
»Ihre Mutter hat angedeutet, dass er für Amy eine Zensur geändert hat«, setzte Ellie nach.
»So habe ich es jedenfalls gehört. Um ehrlich zu sein: Sie hat ihn benutzt. Alle an der Schule wussten, dass mit ihm irgendwas nicht stimmt. Er war nicht in der Sonderklasse mit dem kleinen Schulbus, dafür war er nicht langsam genug, aber trotzdem, irgendwas war schräg. Er hat in einer Art Wohngruppe oder so was gewohnt. Aber alle Welt wusste, wie versessen Amy darauf war, in eins von den Elite-Colleges zu kommen, von denen sie ständig redete. Da fing er an, damit anzugeben, er wüsste, wie man Zensuren ändern kann. Amy hat einfach eine Möglichkeit gesehen, ihrem C in Bio bei Mr. Gribble auf die Sprünge zu helfen.«
»Sie wissen nicht zufällig, ob es dafür nötig war, sich in die Schulrechner zu hacken?«
»Edmond hat jedenfalls behauptet, dass er genau das getan hat.«
Ellie spürte die ersten Anzeichen eines Adrenalinstoßes. Wer immer es war, den sie suchten, er musste über überdurchschnittliche Computerkenntnisse verfügen.
»Um die Wahrheit zu sagen«, fuhr Suzanne fort, »wir anderen haben das alles nur für Gerede gehalten. Aber dann hieß es eines Tages, Amy würde sich hinterm Schulzaun von ihm begrapschen lassen.«
»Das ging wahrscheinlich nicht lange?«
»Nur bis zu dem Tag, an dem sie die Zusage vom College bekam. Sie hat ihn abserviert und dann angefangen, darüber zu klagen, dass er sie nicht in Ruhe lässt. Eine Zeit lang hat er uns leidgetan, sie hatte schließlich selbst mit allem angefangen, aber irgendwann ist er zu weit gegangen. Es sah so aus, als wollte er sie regelrecht besitzen – wenn sie nicht mit ihm zusammen sein wollte, dann sollte sie überhaupt keinen Bewegungsspielraum mehr haben.«
»Und das ging auch dann weiter, als sie schon im Colby war?«
»Äh, ja, ich glaube schon. Irgendwann hat er Strafen kassiert. Mir ist so, als hätte er so was wie dreißig Tage Gefängnis gekriegt. Tut mir leid. Ich weiß, Sie wollen gründlich sein, aber was hat das alles mit dem zu tun, was in New York passiert ist?«
»Vielleicht nichts«, sagte Ellie und gab sich Mühe, ruhig zu klingen, obwohl ihr Bauch ihr sagte, dass sie hier möglicherweise auf der richtigen Spur war. Wenn ein ohnehin instabiler Junge verführt, zurückgewiesen und dann mit Gefängnis bestraft wurde, konnte das noch Jahre später ein Mordmotiv sein. Die Frage war, ob Edmond Bertrand so instabil war, dass er sogar noch einige Menschen zusätzlich beseitigt hatte, um seine Spur zu verwischen. »Wir wollen nur alles wasserdicht haben. Es hat Fälle gegeben, bei denen Leute ihren Groll jahrzehntelang mit sich herumgetragen haben und dann wie aus dem Nichts wieder aufgetaucht sind.«
»Ich glaube nicht, dass dies ein solcher Fall ist. Haben Evelyn und Hampton es Ihnen nicht erzählt?«
»Was erzählt?«, fragte Ellie.
»Edmond Bertrand ist tot. Eine Überdosis Heroin. Ich war damals noch ziemlich neu am College, an der Louisiana State University. Dort habe ich davon gehört.«
Ellie starrte auf die Notizen, die sie sich während des Telefonats gemacht hatte, und krakelte sie frustriert zu. »Nein, das habe ich nicht mitbekommen. Sie haben gesagt, dass nach Bertrands Haftstrafe alles noch schlimmer geworden ist, aber …«
»Unheimlich ist es geworden. Amy hat sich immer gefragt, ob er vielleicht gar nicht mit den Drogen angefangen hätte, wenn sie nicht gewesen wäre. Immer wieder haben wir ihr gesagt, dass sie nichts dafürkann. Egal, das spielt keine Rolle mehr. Er ist seit zehn Jahren tot.«
»Das hatte ich nicht mitbekommen. Tut mir leid, dass ich Ihre Zeit vergeudet habe«, sagte Ellie.
»Mir tut es leid, dass Sie Ihre vergeudet haben. Sie wissen nicht, wer ihr das angetan hat, oder?«
Ellie wünschte, sie könnte die Frage anders beantworten. Alles, was sie ehrlichen Herzens sagen konnte, war: »Noch nicht.«
20
Er machte zeitig Schluss. Er wollte sehen, wie Megan rauskam. Er würde sie beobachten – etwas von dem Leben kennenlernen, das er ihr vielleicht nehmen würde – und war gespannt, ob ihm das genauso viel Freude bereiten würde wie bei Amy Davis. Amy war etwas Besonderes gewesen. Er hatte sich Zeit gelassen, jedes Detail bis ins Letzte geplant. Und das hatte sich ausgezahlt. Es hatte nicht die geringste Störung gegeben.
Bei Megan war
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