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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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Der Deckenfluter war maximal gedimmt. Hinter der Panoramascheibe Schwärze jenseits der schwach beleuchteten Terrassenmauer. Kein Meer zu sehen, Bucht erst auf den zweiten, druckvoll pulsierenden Blick: flimmernde Lichtgarben.
    Neben dem baßlastigen Brummen aus dem Oberstübchen nahm Onno ein weiteres Geräusch wahr, schwer zu lokalisieren, ebenso schwer zweifelsfrei einzuordnen. Die Leinwand jedenfalls war dunkel, und auf Onnos schwierigem Weg zur Gästetoilette veränderte es sich. Es klang ab, war praktisch übern Berg, hörte aber nicht auf. Sondern wandelte sich zu einem tranceartigen, wohligen Klagen, kurz eingeatmet, lang ausgeatmet und rhythmisiert, wie wenn ein Kind den Klang entdeckt, der mit Brustklopfen bei anhaltendem A-Gesang entsteht, und das um Himmels willen nicht damit aufhören mag, weil die anschließende summende Stille es traurig stimmen würde.
    Onno knüllte eine stattliche Fahne Toilettenpapier zu einem Knäuel, legte es in die WC – Schüssel und, um sich geräuschmäßig nicht mehr zu exponieren als nötig, zielte drauf.
    Dann tappte er zurück und schlief nach Vietsfasson umgehend wieder ein.
    [28]
    Freitag, 30.   April, mittags (Ultimo Fiskus). Der Tag, an dem Onno 300 Euro an die Steuerkasse Hamburg überweisen mußte. Nun aller-, ja schlechterdings auf dem weißen Sofa einer Viereinhalb-Millionen-Villa namens Casa Tussi pofte. Oder Tessa. Jedenfalls in Cala Llamp, Westmallorca.
    Und von einem rhinogenen Brummen erwachte, über das er selbst gelacht hätte, wäre ihm danach gewesen. War ihm aber nicht. Also hörte er sich – mit geschlossenen Augen, doch durchaus verwirrt – statt dessen das Gegacker eines Puters und einer Henne an. Hievte dann doch ein Lid … Au nee. Nich.
    Und schlief, ein soziales Knurren absondernd, beinah sofort wieder ein. Kaum, daß der grelle, plastische Anblick einer glühenden Fiona Schulze-Pohle und eines taghell strahlenden Tibor Tetropov, gemeinsam am Mac sitzend – gottseidank bekleidet –, verblaßt und dessen Satz verklungen war: »Möönsch, Diggär – däs klingt wie ’n Looping von ’ner Cessna!«
    Vielleicht schlief er nur fünf Minuten, vielleicht auch fünfzig. Erneut zu Bewußtsein gelangt, stellte er mit vorsichtshalber nach wie vor geschlossenen Augen fest, daß die beiden immer noch dasaßen.
    »Otto? Bist du wach?« hörte er Fiona flüstern.
    »Der pennt wie’n weißnichwas«, knurrte Händchen. Um ihn nicht Lügen zu strafen, begann Onno wieder ein bißchen zu raspeln. Damit er sich an einem Tag wie heute der Welt offenen Auges zu stellen vermochte, mußte er mutterseelenallein sein. Er hoffte, die beiden täten ihm den Gefallen irgendwann.
    »Gut, dann weiter im Text«, flüsterte Fiona.
    »Ach Fack, ich hab kein’ Bock mehr«, knurrte Händchen. Knurrte, aber knurrte leise. Der nahm tatsächlich Rücksicht auf Onnos Schlaf, und selbst in Onnos akut C 2 H 6 O-verseuchtem Hirnmilieu entstand eine Emotionsmischung, verquirlt aus einer ganzen Handvoll teils gar widersprüchlicher Impulse: Rührung, Scham, Angst, Ekel, Depression, und wenn nicht Reue – Reue hatte ein Onno Viets aus Selbsterhaltungsgründen in den Keller seines Gefühlshaushalts verbannt –, so doch die bußeähnliche Bereitschaft, Fehleranalyse zu betreiben. Demnächst. Sobald in seinem Kopf ein bißchen mehr Ruhe herrschte. Zwei, drei μ. Irgendein Gartenzwerg randalierte da. Na sagen wir, der Gartenzwerg eines Gartenzwergs.
    »Ach komm«, flüsterte Fiona, »du hast doch sonst so’ne … keine Ahnung. Ausdauer.«
    Händchen knurrte anzüglich, Fiona kicherte. »Hallo? Du Tier du. Mit deiner keine Ahnung, blöden Nadel zum Beispiel, mein’ ich.«
    »Schreib mal was.«
    »Hab ich doch. Da.«
    »Hat ja schon dagestanden. Ich will aber sehn, wie du das machst. Blind. Ich denk, du kannst blind tippen.«
    »Klar. Hab ich gelernt. Als Bürotusse mußt du so was können.«
    »Mach mal. Halt, halt, mich ankucken.«
    »Na und? So. Was soll ich denn schreiben.«
    »Irgend was, Diggär. Schreib dreimal untereinander ›Ich bin geil auf dich‹ und dreimal ›fick mich‹. Kuck mich an. Kuck mich an.«
    »Du Sau. Glaubst, das mach ich nich?«
    Onno vernahm das diskrete Rattern der Tastatur.
    »Druck mal aus. Muß ich auf Papier sehn.«
    Tastengeklapper. Leises Heulen und Mechanik eines Laserdruckers. »Da. Huch?«
    »Zeig, zeig. Zeig her, Diggär.«
    »Nee, das … da ist was …«
    »Go … Gon … Gowwel… Was soll das denn heißen. Und das da, ’n Wort

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