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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Filloy
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als Hahnrei seiner eigenen Illusion erscheinen zu lassen. Vielleicht …

04:00
    »Wollten Sie nicht Ihre Landsmännin sehen? Sie ist frei. Beeilen Sie sich. Es ist schon vier Uhr.«
    Die Lider Op Oloops bewegten sich lebhaft. Als er sie öffnete, waren seine Augen verschleiert.
    »Ja … Natürlich will ich … Aber … sagen Sie mir zuvor … wer war der Kerl, der bei ihr war?«
    »Don Jacinto Funes. Ein angenehmer Mensch. Ein sehr ernsthafter Spanier, Spielkartenfabrikant.«
    Sein Denken lief weiter auf Hochtouren. Ekel und Haß. Er konnte es in einer so kurzen Zeitspanne nicht anhalten. Die Thematik des Treuebruchs ließ ihn nicht los. Auf Grund eines simplen Hinweises war er eine starke geistige Verbindung mit der Schwedin eingegangen. Und ohne bisher auch nur ihre Stimme gehört zu haben, litt er bereits am Unglück ihrer Treulosigkeit!
    Aus heiterem Himmel trieb ihn ein unbezähmbarer Impuls zu Kustaa. Sie war noch immer in einer Ecke dahingeworfen. Besiegtes und stummes Fleisch. Abrupt schob er seine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf empor.
    »Kustaa!« schrie er.
    Und sich ihrem Gesicht nähernd, drückte er ihr einen Kuß auf. Einen schallenden Kuß, von rabiat wollüstiger Genußgier.
    »Kustaa! Ich bin dein Landsmann. Ich bin aus Finnland.«
    Indem er sie fest an ihren nackten Armen packte, hob er sie in die Höhe, stellte sie neben sich ab und stieß hervor: »Lauf. Gehen wir!«
    Op Oloop legte soviel Machtgebaren in seine Handlung, daß der Zwischenfall alle beunruhigte. Er genoß enormes Ansehen aufgrund seiner Kultur und Freundlichkeit. Keine der Frauen konnte sich den rohen Ausbruch erklären.
    Die Anekdote, die wir leben, ändert sich oftmals im zwischenmenschlichen Umgang. Die »Lebefrauen« wissen das aufs allerbeste. Daher fügen sie sich den Launen des Zufalls und lassen zu, daß das Schicksal ihren Körper so mitreißt, wie sie selbst ihren Schatten mitziehen.
    Kustaa hob kaum die Augenbrauen. Sie ließ ihre grauen Pupillen auf Op Oloop ruhen und löschte die Grobheit seiner Gesten mit der Demut ihrer Wehrlosigkeit aus.
    Beide traten ein.
    Sie zündete das Licht an.
    Er schloß die Zimmertür mit einem Knall.
    All seine Sanftheit, all seine Feinfühligkeit waren verschwunden. Seine sinnliche Anspannung gab den Minuten die Sporen. Er war von Leidenschaft entflammt. Pirat seiner selbst, ging er zuerst dem guten Benehmen ans Schlafittchen. Dann blies er erbarmungslos zur Enterfahrt der Instinkte. Mit einem Ruck zerfetzte er Kustaas lackrotes, mit pailleté besetztes Kleid. Mit einem weiteren zerriß er die Spitzen und Bänder des Büstenhalters. Infames Zerreißen von Dingen, die stets ihre Schamhaftigkeit bewahren! Feuriges Zerreißen von Häkchen, Glitter und Schleifen! Wie eine von welken Blütenblättern umgebene Knospe kam ihr Oberkörper glanzlos zum Vorschein, bereits beschmutzt von Begierde und Speichel. Er stürzte sich auf ihre Brüste. Und verschlang sie mit großen Bissen.
    Der Wind der Wollust pfiff zwischen seinen Zähnen. Er entsprang dicht bei den Küssen und drang bis zum Grund der Seele vor. Als die Lust aufjaulte, stieß der Verstand, ein abgehackter Verstand, zwischen Stöhnen verschwommene Worte auf Finnisch hervor: »Kustaa … Ich habe dich gesehen … Ich weiß nicht wo … Ich weiß nicht wann … Aber ich kenne dich… Helsinki? … Oulu? … Turku? … Du bist mein von Kindheit an … Du bist in meine Jugend eingeprägt … Mein ganzes Jünglingsalter erblühte in der Sonne deiner Erinnerung … Kustaa …«
    Op Oloops psychische Hände, die normalerweise so empfindsam waren, hatten sich in der Lustbarkeit brutalisiert. Sie wanderten unermüdlich auf und ab. Umfaßten die Taille und den Hals. Rieben ihre Schenkel und den Bauch. Es waren die zudringlichen Hände eines Satyrs …
    »Kustaa … Hörst du mich nicht? … Du warst mein von Kindheit an … zwischen Pappel- und Tannenwäldern … wie Bärenjunge … haben wir auf Eisbergen gespielt … Schütten … Holzfällertavernen … Grog … Erinnerst du dich an den Grog? … Kustaa … warum sprichst du nicht?«
    Das Mädchen, von Entsagungen gegerbt, schenkte ihm kaum Beachtung. Die Muttersprache war eine Böe, die sie in ihrem Ganzen berührte. Doch sie hielt sich weiter aufrecht, widerstandslos wie ein Grashälmchen, und schwankte zwischen der Raserei und der Zärtlichkeit Op Oloops hin und her. Und sie schwieg weiter, gefangen in einer Sprachlosigkeit, die nur in ihren Augen wimmerte, wie ein totes Ding, dem

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