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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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gemacht.
    Allmählich wurde ihr bewusst, dass Dr. Alvisios düstere Vorhersagen womöglich noch zu zaghaft gewesen waren. Erst heute Morgen hatte Lauren von Gerüchten erfahren, wonach in Brasilien auch gesunde Erwachsene erkrankten. Diese Patienten bekamen im Unterschied zu den Kindern kein Fieber, sondern wiesen eine Vielzahl bösartiger Krebsgeschwüre auf, wie sie bei Gerald Clark gefunden worden waren. Lauren hatte bereits einige Wissenschaftler darauf angesetzt.
    Im Moment aber hatte sie andere Sorgen.
Sie saß in einem Sessel neben Jessies Bett. Ihre Enkelin schaute ein Kinderprogramm, das auf den Videomonitor übertragen wurde. Doch sie lachte weder noch lächelte sie. Das Mädchen stierte den Monitor an wie ein Automat, mit glasigem Blick, das schweißnasse Haar an die Stirn geklatscht.
Lauren konnte wenig tun, um sie zu trösten. Der Schutzanzug aus Plastik fühlte sich kalt und unpersönlich an. Und so hielt sie neben Jessie Krankenwache, damit das Mädchen ein vertrautes Gesicht sah und merkte, dass sie nicht allein war. Aber sie war nicht Kelly. Jedes Mal, wenn sich die Tür zischend öffnete, blickte Jessie sich um, worauf der Hoffnungsschimmer in ihren Augen gleich wieder erlosch. Jedes Mal war es eine Krankenschwester oder ein Arzt. Und nicht ihre Mutter.
Auch Lauren blickte häufig zur Tür, in der Hoffnung, dass Marshall mit Neuigkeiten von Kelly und Frank auftauchen würde. Der brasilianische Evakuierungshubschrauber war schon vor Stunden vom Feldlager in Wauwai aus gestartet. Mittlerweile müssten die Retter das gestrandete Team bereits erreicht haben. Kelly befand sich bestimmt schon auf dem Rückflug.
Bislang aber war noch keine Nachricht eingetroffen.
Das Warten dehnte sich endlos.
Jessie kratzte am Klebeband, mit dem der Katheter fixiert war.
»Lass das, Schatz«, sagte Lauren und zog die Hand ihrer Enkelin weg.
Jessie sank seufzend in die Kissen ein. »Wo ist Mommy?«, fragte sie zum tausendsten Mal. »Ich will meine Mommy.«
»Sie kommt schon, Schatz. Aber Südamerika ist weit weg. Wie wär’s, wenn du ein bisschen schlafen würdest?«
Jessie runzelte die Stirn. »Der Mund tut mir weh.«
Lauren hielt ihr eine Tasse mit Trinkhalm an den Mund. Der Obstsaft enthielt ein Schmerzmittel. »Trink einen Schluck. Dann tut es nicht mehr weh.« An Jessies Mund hatten sich bereits die ersten Fieberblasen gebildet, Geschwüre an den Rändern der Lippenschleimhaut. Dies war ein eindeutiges Krankheitssymptom. Jetzt stand fest, dass Jessie sich angesteckt hatte.
Das Mädchen trank einen Schluck, verzog das Gesicht und lehnte sich wieder zurück. »Das schmeckt komisch. Mommy macht den besser.«
»Ich weiß, Schatz, aber wenn du den Saft trinkst, geht es dir besser.«
»Schmeckt komisch …«, wiederholte Jessie leise, dann blickte sie wieder auf den Bildschirm.
Lauren schwieg. Eines der anderen Kinder begann zu schluchzen. Die Erkennungsmelodie des Tanzbärs drang gedämpft durch den Schutzanzug.
Wie viele noch?, fragte sich Lauren. Wie viele würden noch erkranken? Wie viele würden sterben?
Hinter ihr zischte die Druckversiegelung. Als Lauren sich umwandte, öffnete sich die Tür. Eine massige Gestalt in einem Schutzanzug trat gebückt in den Raum, den Sauerstoffschlauch in der Hand. Als sie sich umdrehte, erkannte Lauren durch die Sichtplatte ihren Mann.
Im Nu war sie auf den Beinen. »Marshall …«
Er bedeutete ihr sitzen zu bleiben, ging zur Wand und steckte den Sauerstoffschlauch in die Fassung. Dann trat er zu Jessies Bett.
»Grandpa!«, sagte Jessie mit einem schwachen Lächeln. Dem Großvater, der einzigen Vatergestalt in ihrem Leben, galt ihre besondere Zuneigung. Ihre Freude wärmte Lauren das Herz.
»Wie geht’s denn meinem Mäuschen?«, sagte er, bückte sich und zauste ihr das Haar.
»Ich gucke gerade Bobo der Bär.«
»Tatsächlich? Ist der komisch?«
Sie nickte heftig.
»Ich werde dir Gesellschaft leisten. Rutsch mal ein Stück.«
Jessie kam der Aufforderung mit Freuden nach. Sie rutschte beiseite, sodass er sich auf die Bettkante setzen konnte. Er legte den Arm um sie. Sie schmiegte sich an ihn und schaute weiter fern.
Lauren fing den Blick ihres Mannes auf.
Er schüttelte andeutungsweise den Kopf.
Lauren runzelte die Stirn. Was sollte das bedeuten? Unauffällig schaltete sie die Funkverbindung ein, sodass sie sich leise unterhalten konnten, ohne dass Jessie etwas mitbekam.
»Wie geht’s Jessie?«, erkundigte sich Marshall.
Lauren straffte sich und beugte sich vor. »Ihre Temperatur

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