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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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die Expedition in den Dschungel aufgebrochen. Als Nate nach unten scrollte, sah er, dass es zu jedem Tag einen Eintrag gab. Bisweilen bestand er aus einem einzigen Satz, aber irgendetwas war immer verzeichnet. Sein Vater war ein gewissenhafter Mensch gewesen. Wie er Nate gegenüber einmal bemerkt hatte: »Ein undokumentiertes Leben ist nicht lebenswert.«
    Nate überflog die Einträge auf der Suche nach einem bestimmten Datum. Dann hatte er es gefunden: 16. Dezember. An diesem Tag war der Kontakt zum Team seines Vaters abgebrochen.
    16. Dezember
    Die Regenfälle dauern an und halten uns im Lager gefangen. Trotzdem war der Tag nicht ganz verloren. Ein Arawak-lndianer, der mit dem Kanu unterwegs war, teilte sich mit uns das Lager und erzählte uns von einem unbekannten Stamm – erschreckende Geschichten. Die Ban-ali, so nannte er sie, was ungefähr so viel wie ›Blutjaguare‹ bedeutet. Ich habe in der Vergangenheit hin und wieder von diesem geheimnisumwobenen Stamm gehört, doch nur wenige Indianer waren bereit, offen darüber zu sprechen. Unser Besucher war weniger zurückhaltend! Er war sogar recht gesprächig. Das mag natürlich auch an der neuen Machete und den funkelnden Angelhaken gelegen haben, die wir ihm als Gegenleistung für Informationen anboten. Während er diese Reichtümer beäugte, beharrte er darauf, er wisse, wo die Jagdgründe der Ban-ali lägen.
Zunächst noch skeptisch, hörte ich ihm zu. Wenn auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit bestand, dass es den Stamm tatsächlich gab, wie hätte ich da nicht nachfragen sollen? Das wäre ein gefundenes Fressen für unsere Expedition. Auf unsere Bitte hin zeichnete der Indianer eine primitive Karte. Die Ban-ali wären demnach nur drei Tagesmärsche von unserer gegenwärtigen Position entfernt.
Wenn das Wetter es zulässt, werden wir also morgen aufbrechen und uns mit eigenen Augen vergewissern, ob unser Freund die Wahrheit gesagt hat. Bestimmt ist alles eine Ente …, aber wer weiß schon, was sich im Herzen dieses gewaltigen Dschungels verbirgt? Alles in allem ein höchst interessanter Tag.
    Nate las atemlos weiter, während ihm der Schweiß in die Augen troff. Im Laufe der folgenden Stunden las er sämtliche Eintragungen der Datei, Tag um Tag, Jahr um Jahr, öffnete weitere Dateien, betrachtete Diagramme und Digitalfotos. Ganz allmählich nahm das Schicksal der anderen Expedition vor seinen Augen Gestalt an.
    Beim Lesen wurde er von einer Art Lähmung erfasst. Die Schrecken der Vergangenheit mischten sich mit denen der Gegenwart. Allmählich dämmerte es ihm. Die eigentliche Bedrohung lag noch vor ihnen.
       
    17.55 Uhr
    »Was macht der Bursche da eigentlich?«, rief Manny Private Carrera zu.
»Wo?«
    Er zeigte auf einen der Ban-ali, der am Flussufer entlangschritt, einen langen Speer auf der Schulter. Auf der Waffe waren mehrere rohe Fleischbrocken aufgespießt. »Fütterungszeit?«, meinte die Rangerin achselzuckend. »Aber für wen?«
Den Nachmittag über hatte er mit Carrera in Begleitung von
    Tor-tor einen Bogen ums Dorf geschlagen. Die Raubkatze zog viele Blicke auf sich, hielt die neugierigen Indianer aber auch auf Distanz. Unterwegs hatte Carrera sich Notizen gemacht und eine Karte vom Dorf und dessen Umgebung angefertigt. Erkunden Sie das Gelände, lautete Mannys Auftrag, bloß für den Fall, dass die Indianer wieder feindselig werden sollten.
    Im Moment umgingen sie gerade den weißen Riesenbaum und gelangten schließlich auf die andere Seite, wo der Fluss an den gewaltigen gewölbten Wurzeln streifte. Der Fluss hatte das Erdreich anscheinend fortgeschwemmt, wodurch weiteres Wurzelwerk freigelegt worden war. Das Wurzelgewirr schlängelte sich in den Fluss, wand sich darüber hinweg, grub sich unter ihm hindurch.
    Der Indianer, auf den Manny aufmerksam geworden war, kletterte geduckt unter den Wurzeln hindurch. Offenbar hatte er ein ganz bestimmtes Ziel.
    »Schauen wir uns das mal genauer an«, meinte Manny.
    Carrera steckte das kleine Notizbuch in die Tasche und packte ihre Waffe, das Bailey mit der schaufelförmigen Mündung. Sie beäugte stirnrunzelnd den gewaltigen Baum, offenbar wenig erfreut darüber, ihm nahe zu kommen. Dann aber übernahm sie die Führung und näherte sich dem Wurzelgewirr und dem gurgelnden Fluss.
    Der Indianer watete zu einem großen, von dicken Wurzeln und Wurzelfasern abgeschirmten Tümpel. Die Wasseroberfläche war spiegelglatt, nur hin und wieder bildete sich ein Strudel.
    Als der Indianer bemerkte, dass er

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