Operation Amazonas
Schlussfolgerung«, sagte Nate leise. Zu diesem Thema gab es sogar mehrere Dateien. Nate hatte sie noch nicht alle gelesen.
»Und die riesigen Raubkatzen und Kaimane?«, fragte Anna.
»Dabei könnte es sich um etablierte Mutationen handeln«, antwortete Manny. »Die beiden Spezies haben sich im Laufe vieler Generationen zu dieser Größe entwickelt. Ich könnte mir vorstellen, dass sie mittlerweile eigene Nachkommen zeugen, die genetisch stabil genug sind, um nicht auf den Baumsaft angewiesen zu sein.«
»Warum wandern sie dann nicht aus?«, wollte Anna wissen.
»Vielleicht gibt es dafür ja biologische Gründe oder es handelt sich um eine vererbbare geografische Prägung.«
»Das klingt ja beinahe so, als wären Sie der Ansicht, der Baum erzeuge diese Wesen mit Absicht, sozusagen bewusst«, spottete Zane.
Manny zuckte die Schultern. »Wer weiß das schon? Vielleicht handelt es sich weniger um Ausdruck eines bewussten Willens als vielmehr um Evolutionsdruck.«
»Ausgeschlossen.« Zane schüttelte den Kopf.
»Keineswegs. Dieses Phänomen ist durch Beispiele belegt.« Manny wandte sich Nate zu. »Unter anderem durch den Ameisenbaum.«
Nate vergegenwärtigte sich stirnrunzelnd den Ameisenangriff auf Sergeant Kostos. Die Hohlräume im Stamm und in den Ästen dienten den Ameisen als Behausung und versorgten sie mit Zuckersaft. Die Ameisen wiederum verteidigten ihr Zuhause erbittert gegen zudringliche Pflanzen und Tiere. Allmählich dämmerte ihm, worauf Manny hinaus wollte. Die Ähnlichkeit war nicht zu übersehen.
Manny fuhr fort. »Wir haben es hier mit einer Symbiose von Pflanze und Tier zu tun, die sich in einer komplizierten Wechselbeziehung entwickelt haben. Sie sind aufeinander angewiesen.«
Carrera meldete sich von ihrem Posten am Fenster zu Wort. Hinter ihrer Schulter ging bereits die Sonne unter. »Wen kümmert’s schon, wie die Viecher entstanden sind? Hilft uns das Wissen, uns gegen sie zu verteidigen, wenn wir das Tal verlassen?«
Nate beantwortete ihre Frage. »Die Tiere lassen sich kontrollieren.«
»Wie?«
Er deutete auf den Bildschirm. »Mein Vater hat Jahre gebraucht, um hinter die Geheimnisse der Ban-ali zu kommen. Der Stamm verfügt anscheinend über bestimmte Pulver, mit denen sich die Tiere anlocken beziehungsweise verscheuchen lassen. Mit den Heuschrecken haben wir das selbst erlebt, aber mit den Piranhas schaffen sie es auch. Mithilfe von Chemikalien, die sie ins Wasser einbringen, locken sie die Piranhas an und machen die ansonsten friedlichen Tiere aggressiv. Mein Vater war der Ansicht, ein hormoneller Wirkstoff stimuliere das Revierverhalten der Piranhas und veranlasse sie, über Eindringlinge herzufallen.«
Manny nickte. »Dann können wir von Glück sagen, dass wir die meisten ausgewachsenen Tiere so schnell getötet haben. Ich könnte mir vorstellen, dass es einige Zeit dauern wird, bis Nachschub herangewachsen ist. Das ist halt einer der Nachteile eines biologischen Abwehrsystems.«
»Vielleicht halten die Ban-ali deshalb mehrere Tierarten«, merkte Carrera scharfsinnig an. »Sozusagen als Eingreifreserve.«
Manny runzelte die Stirn. »Ja, klar. Da hätte ich schon eher drauf kommen können.«
Carrera wandte sich Nate zu. »Dann wären da noch die Raubkatzen und die Riesenkaimane.«
Nate nickte. »Wie wir bereits vermutet haben, sind das Wächter. Sie patrouillieren an den Eingängen zum Territorium der Indianer. Aber selbst die Jaguare werden zahm, wenn man sich mit dem schwarzen Pulver bemalt. Auf diese Weise können die Ban-ali ungehindert kommen und gehen. Ich schätze, die Substanz hat auf die Raubkatzen eine ähnlich abschreckende Wirkung wie Kaimandung.«
Manny stieß einen Pfiff aus. »Dann diente die Körperbemalung unseres Führers also nicht der Tarnung.«
»Wie kommen wir an das Zeug heran?«, fragte Kostos. »Woher stammt es?«
»Vom Yagga-Baum«, antwortete Kouwe. Er hatte dem Wortwechsel reglos gelauscht und war dabei immer blasser geworden.
Nate wunderte sich über die prompte Antwort des Professors. »Das Pulver wird aus der Rinde und den Blattölen der Yagga hergestellt. Aber wie sind Sie darauf gekommen?«
»Alles ist mit diesem prähistorischen Baum verknüpft. Ich glaube, Manny hatte ganz Recht mit seinem Vergleich mit dem Ameisenbaum. Bloß hinsichtlich der Ameisen irrt er sich.«
»Wie soll ich das verstehen?«, fragte Manny.
»Die mutierten Tiere sind bloß biologische Werkzeuge, die der Baum den eigentlichen Arbeitern zur Verfügung stellt.« Kouwe blickte in die
Weitere Kostenlose Bücher