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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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wäre dies ein Geheimnis unter Liebenden.
Ohne sich darum zu scheren, ob ihnen jemand zuschaute, drehte er das Gesicht herum, sodass sich ihre Lippen berührten. Er küsste sie ein letztes Mal. Sie erwiderte den Kuss, atmete ihm in den Mund.
Dann riss Favre sie auf die Beine. Seine Finger gruben sich in ihren Arm. »Mir scheint, Ihre Beziehung beschränkt sich nicht bloß aufs Berufliche«, meinte er höhnisch.
Favre riss Kelly herum und küsste sie brutal auf den Mund. Sie schrie erschrocken auf. Louis ließ sie los, stieß sie der Indianerin entgegen. Blut tropfte von seinen Lippen. Kelly hatte ihn gebissen.
Er wischte sich das Kinn ab. »Keine Bange, Nathan. Ich werde gut auf sie aufpassen.« Er blickte wieder Kelly und seine Geliebte an. »Tshui und ich werden uns bemühen, ihr den Aufenthalt bei uns so angenehm wie möglich zu gestalten. Nicht wahr, Tshui?«
Die Indianerin beugte sich der Gefangenen entgegen, betastete eine Strähne von Kellys kastanienrotem Haar und schnupperte daran.
»Wie Sie sehen, Nathan, ist Tshui durchaus nicht abgeneigt.«
Nathan hätte sich am liebsten auf ihn gestürzt, doch die Fesseln hielten ihn zurück. »Sie Schwein!«, zischte er. Sein Atem ging keuchend, da ihm die Schlinge den Hals zuschnürte.
»Beruhigen Sie sich, mein Junge.« Louis trat zurück und legte Kelly den Arm um die Schultern. »Sie ist in guten Händen.«
Tränen strömten ihr über die Wangen. Nate bekam kaum noch Luft. Nach wie vor kämpfte er gegen die Fesseln an. Er musste sowieso sterben. Was machte es schon für einen Unterschied, ob er erstickte oder verbrannte?
Louis sah betrübt auf ihn nieder, dann zog er Kelly weg. Dabei murmelte er vor sich hin: »Schade, dass sein Leben so tragisch verlaufen musste …, dabei ist er so ein netter Junge.«
Am Rande von Nates eingedunkeltem Gesichtsfeld tanzten Sterne.
»Hör auf damit, Nate«, flüsterte Kouwe.
»Warum denn?«, keuchte er.
»Wo Leben ist, da ist auch Hoffnung.«
Nate erschlaffte, weniger, weil er der Bemerkung des Professors irgendeine Bedeutung beimaß, sondern eher vor Erschöpfung. Ganz allmählich beruhigte sich sein Atem wieder. Er blickte den sich entfernenden Söldnern nach, hatte jedoch nur Augen für Kelly. Einmal schaute sie sich um, dann hatte sie den Rand des Dschungels erreicht. Kurz darauf war sie verschwunden.
Anna sprach ein halblautes Gebet, die anderen schwiegen. Einige der gefesselten Indianer stimmten einen Klagegesang an, andere weinten. So saßen sie da, während die Sonne dem westlichen Horizont entgegensank. Mit jedem Atemzug und jedem Schluchzer rückte der Tod näher.
»Warum haben sie uns nicht einfach erschossen?«, murmelte Sergeant Kostos.
»Das ist nicht Favres Stil«, antwortete Professor Kouwe. »Wir sollen unsere Todesangst bis zur Neige auskosten. Eine langwierige Folter. Das erregt den Schweinehund.«
Nate schloss resigniert die Augen.
Eine Stunde später ertönte im Süden eine gewaltige Explosion. Nate schlug die Augen auf. Eine dicke Rauch- und Staubsäule stieg in den Himmel.
»Sie haben die Schlucht gesprengt«, sagte Carrera, die am anderen Ende der Reihe kniete.
Nate wandte den Kopf ab. Die Explosion hallte sekundenlang nach, dann erstarb das Grollen. Jetzt warteten sie auf die letzte Explosion, die sie töten und das Tal in ein Flammenmeer verwandeln würde.
Als sich abermals Stille herabsenkte, vernahm Nate vom Waldrand her auf einmal ein vertrautes Grollen. Das Grollen eines Jaguars.
Kouwe blickte Nate an.
»Tor-tor?«, sagte Nate mit einem Anflug von Hoffnung.
Vom Waldrand her trat ein Jaguar auf die Lichtung. Doch das war nicht der gefleckte zahme Begleiter ihres ermordeten Freundes.
Der riesige schwarze Jaguar schlich vorsichtig ins Freie, die Lefzen in einem bösartigen Knurren gebleckt.
       
    17.35 Uhr
    Kelly schritt neben Franks Trage her. Die beiden Männer, die sie schleppten, stapften unermüdlich wie Roboter durch den unteren Cañon. Kelly, die keine andere Last trug als ihr schweres Herz, stolperte immer wieder über Wurzeln und Äste.
    Favre gab ein flottes Tempo vor. Er wollte den Sumpfsee erreichen und im Wald untertauchen, bevor der obere Cañon durch die Bomben zerstört wurde.
    »Anschließend wird es hier von Militärs wimmeln wie von Fliegen auf einem Scheißhaufen«, hatte Favre gemeint. »Bis dahin müssen wir uns in Sicherheit gebracht haben.«
    Kelly hatte auch ein paar Bemerkungen der Söldner aufgeschnappt, die sich in einer Mischung aus Portugiesisch und Spanisch unterhielten.

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