Operation Amazonas
kennt er ja einen zweiten Ausgang.«
Kouwe zeigte zum Eingang der Yagga. »Er schaut gerade nach dem Schamanen.«
Nate nickte; jetzt erinnerte er sich wieder, dass der Schamane von Zane in den Bauch geschossen worden war. »Dann wollen wir mal hören, ob Dakii etwas weiß, das uns weiterhelfen könnte.«
Kouwe und Anna folgten ihm.
Sergeant Kostos winkte sie weiter. »Ich sehe mir noch mal die Bomben an. Vielleicht fällt mir ja noch etwas ein.«
Im Innern des Baumes fiel Nate abermals der süßliche Moschusduft auf. Sie folgten den blauen Handabdrücken an der Tunnelwand.
Kouwe ging neben Nate. »Ich weiß, dass alle in erster Linie an Flucht denken, aber wie steht es mit der ansteckenden Krankheit?«
»Wenn es einen Ausgang gibt«, sagte Nate, »sammeln wir in der Zeit, die uns noch bleibt, möglichst viele verschiedene Pflanzen. Mehr können wir nicht tun. Vielleicht erwischen wir dabei ja die Richtige.«
Kouwe, unzufrieden mit Nates Antwort, schaute skeptisch drein, hatte aber auch keinen besseren Vorschlag. Selbst wenn sie ein Heilmittel entdeckten, würde niemand etwas davon haben, wenn sie nicht überlebten.
Auf einmal vernahmen sie von oben das Geräusch sich nähernder Schritte. Nate blickte Kouwe an. Da kam jemand herunter.
Dakii tauchte um die Biegung auf, außer Atem und mit geweiteten Augen. Offenbar hatte er sich erschreckt, im Baum jemandem zu begegnen. Er plapperte in seiner Sprache. Nicht einmal Kouwe konnte ihm folgen.
»Sprich langsamer«, forderte Nate ihn auf.
Dakii packte Nate beim Arm. »Sohn von Wishwa , du mitkommen.« Er zog Nate nach oben.
»Wie geht es dem Schamanen?«
Dakii ruckte mit dem Kopf. »Er lebt. Aber krank … sehr viel krank.«
»Bring uns zu ihm«, sagte Nate.
Der Indianer zeigte sich erleichtert. Gemeinsam eilten sie nach oben. Kurz darauf betraten sie die Krankenstation.
Der Schamane lag in einer der Hängematten. Er lebte zwar, sah aber nicht besonders gut aus. Seine Haut hatte sich gelblich verfärbt und glänzte von Fieberschweiß. Sehr viel krank, in der Tat.
Als sie sich ihm näherten, setzte sich der Mann auf, obwohl ihm dies sichtlich enorme Schmerzen bereitete. Der Schamane gab Dakii ein Zeichen und trug ihm etwas auf, dann blickte er Nate an. Seine Augen waren glasig, aber immerhin war er bei vollem Bewusstsein.
Nate bemerkte, dass unter der Hängematte Stricke lagen.
Offenbar hatte Favre sogar den Schwerverletzten fesseln lassen.
Der Schamane zeigte auf Nate. »Du Wishwa … wie dein Vater.«
Nate setzte zu einer Entgegnung an. Ein Schamane war er gewiss nicht. Kouwe aber kam ihm zuvor. »Sag ja«, drängte ihn der Professor.
Nate nickte langsam, im Vertrauen auf Kouwes Instinkt.
Der schmerzgequälte Schamane zeigte sich von seiner Reaktion erleichtert. »Gut«, sagte er.
Dakii kam zu ihnen zurück, in der Hand einen Lederbeutel und zwei fußlange Schilfrohrstücke. Beides reichte er dem Stammesführer, doch der Schamane war zu schwach. Er machte Dakii ein Zeichen.
Dakii hob den Beutel gehorsam hoch.
»Getrockneter Jaguarhoden«, sagte Kouwe, auf den Beutel deutend.
»In Paris der letzte Schrei«, murmelte Nate.
Dakii öffnete den Beutel. Darin befand sich ein rosarotes Pulver. Der liegende Schamane gab von der Hängematte aus Anweisungen.
Kouwe übersetzte, obwohl Nate das eine oder andere Wort mitbekam. »Er bezeichnet das Pulver als ali ne Yagga .«
Nate hatte ihn verstanden. »Blut der Mutter.«
Kouwe blickte Nate an, als Dakii etwas von dem Pulver in die beiden Schilfrohre stopfte. »Weißt du, was jetzt passiert?«, fragte er.
Nate könnt es sich denken. »Das erinnert mich an die EpenaDroge der Yanomami.« Im Laufe der Jahre hatte er mit zahlreichen Yanomami-Stämmen zu tun gehabt und war mehrfach eingeladen worden, an Epena-Zeremonien teilzunehmen. Epena bedeutete so viel wie »Samen der Sonne« und war eine halluzinogene Droge, mit deren Hilfe die Schamanen der Yanomami sich Eintritt in die Geisterwelt verschafften. Es war eine starke Droge, die die Hekura , die kleinen Menschen des Waldes, veranlasste, den Schamanen zu unterweisen. Als Nate sie probiert hatte, hatte er vor allem heftige Kopfschmerzen bekommen und Farbwirbel gesehen. Außerdem hatte ihm Art und Weise der Aufnahme nicht sonderlich zugesagt. Das Pulver wurde in die Nase geblasen.
Dakii reichte ein Schilfrohr Nate und das andere dem Schamanen. Der Stammesführer der Ban-ali bedeutete Nate, neben der Hängematte niederzuknien.
Nate gehorchte.
»Der Schamane weiß, dass er sterben wird«,
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