Operation Amazonas
die alten Erinnerungen wieder hoch – die lähmende Angst, die Wut, die Ohnmacht. Als die Suche abgebrochen worden war, hatte er sich geweigert aufzugeben. Er brachte es einfach nicht über sich. Er hatte Tellux Pharmaceuticals angefleht, ihm bei der Suche zu helfen. Tellux war bei dieser Unternehmung zusammen mit Eco-Tek CoSponsor gewesen. Das Zehnjahresziel: die Eingeborenenbevölkerung zu zählen und mit der systematischen Erfassung ihres medizinischen Wissens zu beginnen, bevor es für immer verloren ging. Tellux aber hatte Nates Hilfeersuchen abgelehnt. Die Firma war zu dem Schluss gekommen, das Team sei entweder von einem feindlichen Indianerstamm getötet worden oder auf einen Stützpunkt von Drogenhändlern gestoßen. Nate war anderer Ansicht gewesen. Im Laufe des nächsten Jahres hatte er Millionen auf die Suche verwandt und den Busch nach Spuren und Hinweisen auf den Verbleib seines Vaters abgesucht. In diesem finanziellen schwarzen Loch verschwand das Vermögen von Eco-Tek, was die Firma seines Vaters zusätzlich ins Wanken brachte. Eco-Tek hatte an der Wallstreet bereits einen vernichtenden Schlag hinnehmen müssen; nach dem Verschwinden des CEO waren die Aktien rapide gesunken. Schließlich versiegte die Geldquelle. Tellux startete eine feindliche Übernahme. Nate war zu angeschlagen, zu müde, zu verletzt, um sich zu wehren. Eco-Tek mitsamt des Restvermögens, zu dem auch Nathan gehörte, ging in den Besitz des multinationalen Conzerns über.
Dann folgte die schwärzeste Periode seines Lebens, die in einen Nebel aus Alkohol, Drogen und Desillusionierung gehüllt war. Freunden wie Professor Kouwe und Manny Azevedo hatte er es zu verdanken, dass er sich wieder gefangen hatte. In der Folgezeit stellte er fest, dass der Schmerz im Dschungel weniger quälend war. Er überlebte von einem Tag zum anderen. Er ging seinen Weg, so gut er es vermochte, setzte mit ein paar Almosen von Tellux das Werk seines Vaters fort und arbeitete mit den Indianern.
Bis jetzt. »Sie sind tot!«, wiederholte er und stützte sich auf den Tisch. »Nach so langer Zeit ist es aussichtslos, herausfinden zu wollen, was meinem Vater zugestoßen ist.« Nathan fühlte Kellys durchdringenden smaragdgrünen Blick auf sich ruhen; sie wartete darauf, dass er die Fassung
wiedererlangte. Schließlich ergriff sie das Wort. »Kennen Sie Gerald Wallace Clark?«
Nathan wollte ihre Frage bereits verneinen, als er sich auf einmal erinnerte. Clark hatte dem Team seines Vaters angehört.
Er leckte sich über die Lippen. »Ja. Ein ehemaliger Soldat. Er leitete das fünf Mann starke bewaffnete Team der Expedition.« Kelly atmete tief durch. »Vor zwölf Tagen ist Gerald Wallace Clark aus dem Dschungel aufgetaucht.« Nathan riss die Augen auf. »Verdammt noch mal«, murmelte neben ihm Manny.
Professor Kouwe hatte den umgekippten Stuhl aufgehoben und geleitete Nate nun wieder an seinen Platz.
Kelly fuhr fort. »Bedauerlicherweise verstarb Clark in einer Missionssiedlung, ehe er berichten konnte, woher er gekommen war. Das Ziel unserer Operation besteht darin, seinen Weg durch den Dschungel zurückzuverfolgen und herauszufinden, was geschehen ist. Wir hoffen, dass Sie als Sohn von Carl Rand uns bei der Suche behilflich sein werden.« Schweigen senkte sich auf den Tisch.
Frank räusperte sich und fügte hinzu: »Dr. Rand, Sie sind nicht nur Dschungelexperte und kennen die Eingeborenenstämme, Sie kannten auch Ihren Vater und die Angehörigen seines Teams besser als jeder andere. Ihre Kenntnisse könnten sich bei der Suche im tiefen Dschungel als sehr nützlich erweisen.«
Nathan war noch immer zu benommen, um etwas zu erwidern. Für Professor Kouwe galt das nicht. Mit ruhiger Stimme sagte er: »Jetzt begreife ich, weshalb Tellux Pharmaceuticals sich in dieser Angelegenheit engagiert.«
Kouwe wies mit dem Kinn auf Richard Zane, der den Professor anlächelte. »Diese Leute lassen sich niemals eine Gelegenheit entgehen, aus einer Tragödie Kapital zu schlagen.«
Zanes Lächeln gefror.
Kouwe wandte sich an Frank und Kelly. »Aber warum interessiert sich die Umweltabteilung der CIA für die Sache?
Und aus welchem Grund wurde eine Rangereinheit für die Mission abgestellt?« Er wandte sich an den Militär und hob eine Braue. »Möchten Sie oder der Captain dazu etwas sagen?« Frank reagierte mit einem Stirnrunzeln auf die scharfsinnige Einschätzung des Professors. Kellys Augen funkelten. Sie übernahm die
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