Operation Amazonas
Rückwand brummte ein Stromgenerator.
Nathan staunte über die hier versammelte technische Ausrüstung: Computer, Funkanlagen, Fernsehgeräte und Monitore.
Inmitten des geordneten Chaos hatte man einen langen Konferenztisch aufgestellt, bedeckt mit Ausdrucken, Landkarten, Grafiken und sogar Zeitungsstapeln. Im ganzen Raum arbeiteten Männer und Frauen, teils in Uniform, teils in Zivil. Einige brüteten über Unmengen von Schriftstücken, darunter auch Kelly O’Brien.
Was geht hier vor?, dachte Nathan.
»Hier drinnen ist Rauchen leider verboten«, sagte einer der Soldaten zu Professor Kouwe und deutete auf die brennende Pfeife.
»Kein Problem.« Kouwe klopfte die Pfeife vor der Türschwelle aus, worauf der Ranger die noch übrige Glut mit dem Stiefelabsatz austrat. »Danke.«
An der Wand gegenüber öffnete sich eine der Bürotüren und heraus trat der hoch gewachsene, rothaarige Mann, der anscheinend Dr. O’Briens Bruder war. Ihn begleitete ein Mann, den Nate gut genug kannte, um heftige Abneigung für ihn zu empfinden. Er war mit einem marineblauen Anzug bekleidet, dessen Jackett er über dem Arm trug; Nate war sicher, dass das Logo von Tellux darauf zu finden war. Wie gewöhnlich war sein dunkelbraunes Haar eingefettet und ebenso penibel
gekämmt wie sein elegant getrimmter Spitzbart. Das Lächeln, mit dem er sich Nathan und dessen beiden Freunden näherte, war nicht minder schmierig.
Sein rothaariger Begleiter jedoch trat mit ausgestreckter Hand und freundlichem Lächeln auf sie zu. »Dr. Rand, ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. Ich glaube, Dr. Richard Zane kennen Sie bereits.«
»Wir sind uns schon mal begegnet«, erwiderte Nathan kühl, dann schüttelte er dem Rotschopf die Hand. Der Händedruck dieses Mannes konnte Steine zerquetschen.
»Ich bin Frank O’Brien und leite den Einsatz. Meine Schwester kennen Sie ja bereits.« Er nickte zu Kelly hinüber, die vom Tisch aufschaute. Sie hob grüßend die Hand. »Jetzt, da Sie alle da sind, können wir mit der Besprechung beginnen.« Frank geleitete Nate, Kouwe und Manny zum Tisch, dann bedeutete er den anderen, ebenfalls Platz zu nehmen. Ein Mann mit einem harten Gesicht und einer langen weißen
Narbe am Hals setzte sich Nathan gegenüber. Neben ihm saß einer der Ranger, aus dessen beiden Silberstreifen hervorging, dass er der Captain der anwesenden Militärs war.
Am Kopfende des Tisches saß Richard Zane, flankiert von Kelly und Frank, der stehen geblieben war. Zur Linken saß eine weitere Angestellte von Tellux, eine kleine Frau asiatischer Abstammung, bekleidet mit einem konservativen blauen Hosenanzug. Ihre Augen funkelten vor wachsamer Intelligenz, der sicherlich nichts entging. Nate fing ihren Blick auf. Sie schenkte ihm die Andeutung eines Lächelns und nickte ihm zu.
Als alle saßen, räusperte sich Frank. »Zunächst einmal möchte ich Sie, Dr. Rand, in der Einsatzzentrale der Operation Amazonas willkommen heißen, einer Gemeinschaftsunternehmung des Umweltzentrums der CIA und des Kommandos der Spezialeinsatzkräfte.« Er nickte dem Captain mit den beiden Silberstreifen zu. »Außerdem werden wir unterstützt von der brasilianischen Regierung und der Forschungsabteilung von Tellux Pharmaceuticals.«
Kelly hob die Hand. Nathans Verwirrung war ihr nicht entgangen. »Dr. Rand, ich bin sicher, Sie haben viele Fragen.
Vor allem möchten Sie vermutlich wissen, warum wir Sie als Partner dieser Gemeinschaftsunternehmung ausgewählt haben.«
Nathan nickte.
Kelly erhob sich. »Das Hauptziel der Operation Amazonas besteht darin, das Schicksal der vermissten Expedition ihres Vaters zu ergründen.«
Nate fiel die Kinnlade herunter und ihm verschwamm die Sicht. Plötzlich fühlte er sich, als hätte ihm jemand einen Tiefschlag versetzt. Einen Moment lang stammelte er vor sich hin, dann erst fand er die Stimme wieder. »Aber …, aber das ist schon über vier Jahre her.«
»Das ist uns bekannt, dennoch –«
»Nein!« Er sprang hoch, der Stuhl kippte um und rutschte über den Betonboden. »Sie sind tot. Alle tot!«
Professor Kouwe legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Ellbogen. »Nathan …«
Er machte sich los. Er erinnerte sich an den Anruf, als wäre es erst gestern gewesen. Er hatte soeben seine Doktorarbeit an der Harvard University abgeschlossen. Gleich mit dem nächsten Flugzeug war er nach Brasilien geflogen und hatte sich der Suche nach dem verschwundenen Forschungsteam angeschlossen. Jetzt kamen
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