Operation Amazonas
Kouwe hinzu.
»Er wird meine Fragen beantworten, darauf können Sie sich verlassen«, meinte Waxman drohend.
Frank trat vor Waxman hin. »Ich bin immer noch der Leiter der Expedition, Captain. Und ich werde nicht zulassen, dass ein Gefangener misshandelt wird.«
Nate hatte die Gruppe mittlerweile erreicht. Anna Fong blickte ihm ängstlich entgegen.
Richard Zane stand etwas abseits und grinste selbstgefällig. Er nickte Nathan zu. »Wir haben ihn im Dschungel aufgegriffen. Mannys Raubkatze hat bei der Jagd mitgeholfen. Sie hätten sein Geschrei hören sollen, als der Jaguar ihn gegen den Baum gedrückt hat.«
Als Zane beiseite trat, sah Nate den Gefangenen. Der kleine Indianer lag am Boden, an Händen und Füßen mit dicken Plastikriemen gefesselt. Am schulterlangen weißen Haar war er als Ältester zu erkennen. Er murmelte halblaut vor sich hin. Sein Blick huschte zwischen den auf ihn zielenden Waffen und dem unruhig auf- und abschnürenden Tor-tor hin und her.
Nate hörte ihm zu. Yanomami. Er trat näher. Der Mann sprach ein Schamanengebet, das der Abwehr des Bösen dienen sollte. Offenbar war er Schamane. Stammte er aus diesem Dorf? Hatte er das Gemetzel überlebt?
Auf einmal fasste er Nate in den Blick, sog witternd die Luft ein. »An dir haftet der Tod«, sagte er auf Yanomami. »Du weißt Bescheid. Du hast es gesehen.«
Offenbar roch er den Verwesungsgestank, der an Nates Haut und Kleidern haftete. Nathan kniete sich hin und sprach den Mann auf Yanomami an. » Haya. Großvater. Wer bist du? Stammst du aus diesem Dorf?«
Der Gefangene schüttelte mit finsterer Miene den Kopf. »Das Dorf ist gezeichnet von den Shawari . Den bösen Geistern. Ich wollte mich den Ban-ali ausliefern. Doch ich kam zu spät.«
Die Umstehenden hörten auf zu streiten und lauschten dem Wortwechsel. Hinter ihm flüsterte Kelly: »Bislang hat er mit niemandem ein Wort gesprochen, nicht einmal mit Professor Kouwe.«
»Warum wolltest du die Blutjaguare, die Ban-ali, aufsuchen?«
»Um mein Dorf zu retten. Wir haben ihre Warnungen in den Wind geschlagen. Wir haben den Leichnam des Nabe , des weißen Mannes, der als Sklave der Ban-ali gekennzeichnet war, nicht verbrannt. Jetzt werden alle unsere Kinder dem bösen Zauber zum Opfer fallen.«
Auf einmal dämmerte es Nate. Der von den Ban-ali gekennzeichnete Mann war Gerald Clark gewesen. Dann bedeutete das also … »Du stammst aus Wauwai.«
Der Alte nickte und spuckte aus. »Verflucht sei der Name. Verflucht sei der Tag, an dem wir das Dorf des Nabe betreten haben.«
Nate begriff, dass er den Schamanen vor sich hatte, der die kranken Kinder der Mission hatte heilen wollen und dann das Dorf in Brand gesteckt hatte, um die anderen Kinder zu schützen. Offenbar war es ihm nicht gelungen. Die Krankheit breitete sich bei den Kindern der Yanomami weiter aus.
»Warum bist du hergekommen? Wie hast du den Weg gefunden?«
»Ich bin der Spur des Nabe bis zu seinem Kanu gefolgt. Ich sah, dass es bemalt war. Da wusste ich, dass er aus diesem Dorf kam, und ich kenne die Pfade in dieser Gegend. Ich wollte nach den Ban-ali suchen. Mich ihnen ausliefern. Sie bitten, ihren Fluch zurückzunehmen.«
Nate lehnte sich zurück. Der von Schuldgefühlen gepeinigte Schamane hatte sich opfern wollen.
»Doch ich kam zu spät. Eine einzige Frau hatte überlebt.« Er blickte in die Richtung des Gemetzels. »Ich gab ihr zu trinken, und sie berichtete mir, was geschehen war.«
Nate straffte sich.
»Was sagt er?«, fragte Captain Waxman.
Nate winkte ab. »Was ist passiert?«
»Der weiße Mann wurde vor drei Monaten von Jägern entdeckt. Er war krank und bis auf die Knochen abgemagert. Sie sahen seine Tätowierungen. Sie nahmen ihm alle seine Habseligkeiten ab und sperrten ihn tief im Wald in einen Käfig. Die Blutjaguare sollten ihn holen. Die Jäger gaben ihm zu essen und zu trinken, denn sie wagten nicht, sich an jemandem zu vergreifen, der den Ban-ali gehörte. Der Nabe aber wurde immer kränker. Nach einem Monat erkrankte der Sohn eines Jägers.«
Nate nickte. Die ansteckende Krankheit hatte sich ausgebreitet.
»Der Schamane des Dorfes erklärte, sie seien von einem Fluch befallen, und verlangte, den Nabe zu töten. Sein Leichnam sollte verbrannt werden, um die Ban-ali zu besänftigen. Als die Jäger jedoch eines Morgens zum Käfig kamen, war der Mann verschwunden. Später entdeckten sie, dass eines ihrer Kanus fehlte. Doch da war es bereits zu spät.«
Der Indianer senkte die Stimme. »Nach einigen Tagen starb der Sohn des
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