Operation Arche - 1
Thunder jetzt mit äußerst ernster und sehr aufrichtiger Miene, »in diesem Falle wäre es mir ungleich lieber, wenn meine Vermutungen völlig haltlos wären. Und ich habe nicht die Absicht, der Beziehung zwischen Seiner Majestät und Seinem Vetter Schaden zuzufügen, bis ich mir absolut sicher bin, dass es dafür einen wirklich guten Grund gibt.«
»Aber meine Beziehung zu Rahlvyn beunruhigt Sie nicht so sehr?«, gab Gray Harbor darauf mit einem frostigen Lächeln zurück.
»Sie wissen, dass das nicht wahr ist, Rayjhis.« Dieses Mal schwang in Wave Thunders Stimme eine gewisse Schärfe mit, und er erwiderte den Blick des Grafen, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich hätte Ihnen überhaupt nichts gesagt, bis ich mir absolute Klarheit verschafft hätte – in der einen wie in der anderen Richtung –, wenn das Gesetz es mir nicht ausdrücklich vorschreiben würde.«
Einige Sekunden lang starrte Gray Harbor ihn nur an, dann nickte er unglücklich.
Die Gesetzeslage war eindeutig, sie war es schon seit der Regierungszeit von Haarahlds Urgroßvater. Anders als in den meisten anderen Ländern, konnte in Charis nicht einmal ein in die niedrigste aller denkbaren Stände hineingeborener Mann einfach so ins Gefängnis geworfen werden. Zumindest nicht rechtmäßig, auch wenn Gray Harbor ebenso gut wie jeder andere wusste, dass auch dieses Gesetz gelegentlich schon gebeugt und sogar offen gebrochen worden war. Doch laut Gesetz musste jeder Bürger von Charis zunächst einmal eines rechtlich fest umrissenen Vergehens angeklagt werden – und das vor einem Magistrat des Königs –, bevor die weltlichen Autoritäten ihn einsperren konnten, selbst bei dringendem Tatverdacht. Und er musste des betreffenden Vergehens auch für schuldig befunden werden, bevor er weiter im Gefängnis gehalten werden konnte. Bei den geistlichen Gerichtshöfen sah das natürlich anders aus – daher war eine gewisse Spannung zwischen Krone und Kirche schlichtweg unvermeidlich – , doch sowohl Haarahld als auch Bischof-Vollstrecker Zherald versuchten, diese Spannungen so gering wie nur irgend möglich zu halten.
Doch überall waren Angehörige des Adelsstandes deutlich besser geschützt, selbst hier in Charis. Und genau so, hätte Gray Harbor gesagt (wenn er sich überhaupt die Mühe gemacht hätte, über diese Frage auch nur nachzudenken), sollte es auch sein. Im Falle eines so hochgestellten Adligen wie Kahlvyn Ahrmahk war sogar die Krone gezwungen, äußerst behutsam vorzugehen. Rechtlich war es Wave Thunder nicht möglich, genau die Art Untersuchung einzuleiten, die er hier vorschlagen wollte – es sei denn, er hätte die ausdrückliche Zustimmung des Königs … oder des Ersten Ratgebers. Wenn man es genau nahm, konnte Gray Harbor, wenn er hier wirklich penibel sein wollte, schon jetzt geltend machen, Wave Thunder habe in diesem Falle seine rechtlichen Befugnisse bereits deutlich überschritten.
Und tatsächlich war der Graf auch drauf und dran, genau das zu tun, doch er widerstand dieser Versuchung. Die Vorstellung, Kahlvyn könne tatsächlich ein Verräter sein, war mehr als nur lächerlich, und dennoch hatte Wave Thunder recht. Es lag in seiner Verantwortung, selbst noch den ungeheuerlichsten Behauptungen nachzugehen. Und die Tatsache, dass Kahlvyn Gray Harbors Schwiegersohn war, machte die Situation für sie beide nur noch schmerzhafter.
»Ich weiß, dass Sie mir nicht davon berichtet hätten, wäre es vermeidbar gewesen, Bynzhamyn«, sagte Gray Harbor und seufzte. »Und ich weiß auch, dass diese ganze Lage äußerst misslich ist. Ich denke, die ganze Vorstellung ist einfach absurd, und auch durchaus beleidigend, aber ich weiß ja, woher diese … Beschuldigung ursprünglich stammt. Ich persönlich bin ja der Ansicht, dieser so genannte Seijin sei hier entschieden zu weit gegangen, und ich kann es kaum erwarten mitzuerleben, wie er Seiner Majestät gegenüber rechtfertigt, wieso er es für angebracht hielt, die Ehrbarkeit eines Mitglieds der königlichen Familie in dieser Weise in Zweifel zu ziehen. Aber ich bin mir der Tatsache bewusst, dass Sie meine Zustimmung benötigen, bevor Sie diese Angelegenheit weiterverfolgen können. Also: Sagen Sie mir, was Sie vermuten und wie Sie beabsichtigen, Ihre Vermutungen zu belegen oder zu entkräften. Es sei denn, natürlich«, setzte er dann noch mit einem sehr verkniffenen Lächeln hinzu, »›Seijin Merlin‹ hätte es für angebracht gehalten, auch mich des Hochverrats zu
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