Operation Arche - 1
machte, einen Charisianer in das dritthöchste kirchliche Amt des ganzen Königreiches zu bestellen. Diese kleinen Priester und Unterpriester lauschten gewiss auf jedes Wort, das ›ihr‹ Bischof aussprach!
»Ich akzeptiere Ihre Versicherung, dass Sie nicht absichtsvoll die Autorität von Mutter Kirche und ihr Recht, Dinge als falsch zu verurteilen, angegriffen habt«, sagte er schließlich und wandte sich nach einigen Augenblicken des Abwartens wieder zu Staynair um. »Das besänftigt jedoch nicht meine Unzufriedenheit. Und ich bin mir auch sicher, dass der Rat der Vikare oder die Inquisition angesichts der möglichen Fehldeutungen Ihrer … unglücklich gewählten Worte darüber nicht allzu erbaut wären. Sie sind nicht einfach nur ein Gemeindepfarrer! Sie sind ein Bischof, ein Bischof im Dienste von Mutter Kirche, und als solcher werden Sie auch mit Recht an einem deutlich höheren Standard gemessen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt, Bischof Maikel?«
»Das habt Ihr, Eure Eminenz«, erwiderte Staynair und neigte ein wenig den Kopf.
»Wir leben in gefährlichen Zeiten«, fuhr Ahdymsyn ruhig fort. »Gefahren bedrohen Charis auf vielerlei Ebenen gleichermaßen – wie zweifellos der Hochverrat des königlichen Vetters deutlich zeigt. Steigern Sie die Gefahren nicht noch weiter!«
»Ich werde mir Eure Warnung zu Herzen nehmen, Eure Eminenz«, sagte Staynair und verneigte sich erneut.
»Das sollten Sie auch«, gab Ahdymsyn zurück. »Das sollten Sie wirklich tun! Weder meine eigene Geduld, noch die des Erzbischofs, noch die des Offiziums der Inquisition ist grenzenlos. Wenn Ihr Scheitern bei der Erfüllung Ihrer Pflichten zu Konsequenzen für andere führt, dann wird das Gewicht all jener Konsequenzen auf Ihrer unsterblichen Seele lasten, und Mutter Kirche wird eine Rechtfertigung von Ihnen verlangen.«
Staynair sagte nichts, doch er verzog auch keine Miene, sein Blick blieb so standhaft und unerschütterlich wie zuvor. Nun, auf jeden Fall war er jetzt gewarnt. Und was auch immer dieser Mann sonst sein mochte, er war zumindest gewiss kein Tor. Das musste jetzt reichen … vorerst, zumindest.
»Sie dürfen gehen«, sagte Ahdymsyn kühl und streckte ihm den Ring entgegen, damit Staynair einen Kuss darauf hauchen konnte, wie es sich geziemte.
»Ich danke Euch, Eure Eminenz«, murmelte der Bischof von Tellesberg, bevor er sanft mit den Lippen über das goldene Szepter fuhr, das als feine Intarsienarbeit in den blutroten Rubin des Ringes eingelassen war. »Ich versichere Euch, dass mir alles im Gedächtnis bleiben wird, was Ihr mir heute gesagt habt.«
September, im Jahr Gottes 890
.I.
Bei Madame Ahnzhelyk, Stadt Zion
Zufrieden lächelte Erzbischof Erayk Dynnys, als er sich von Madame Ahnzhelyk Phonda herzlich verabschiedete.
»Es war, wie immer, ein herrlicher Abend, Ahnzhelyk«, sagte er und umschloss ihre zarten, leicht parfümierten Finger mit den eigenen, die nicht weniger sorgfältig manikürt waren.
»Ihr seid immer zu freundlich, Eure Eminenz«, erwiderte Madame Ahnzhelyk mit dem liebenswürdigen Lächeln, das so sehr zu ihrem eigenen Erfolg beigetragen hatte, als sie noch selbst ›aktiv‹ gewesen war. »Ich fürchte, Ihr schmeichelt uns mehr, als wir das verdienen.«
»Unsinn! Unsinn!«, widersprach Dynnys mit fester Stimme. »Wir kennen einander entschieden zu lange, um bei Ihnen und Ihren bezaubernden Damen auf zeremonielles Gehabe zu bestehen oder sich Gedanken um höfliche Nichtigkeiten zu machen.«
»In diesem Falle: Ich danke Euch, Eure Eminenz.« Madame Ahnzhelyk deutete eine Verneigung an. »Wir sind stets erfreut, Euch zu sehen. Vor allem jetzt. Wir waren uns nicht sicher, dass wir Gelegenheit hätten, Euch noch einmal empfangen zu dürfen, bevor Ihr nach Charis aufbrecht.«
»Was gewiss nichts ist, worauf ich mich freue, um ehrlich zu sein«, seufzte Dynnys und verzog das Gesicht. »Natürlich kann ich diese Reise nicht mehr lange aufschieben. Eigentlich hätte ich schon längst aufbrechen sollen. In den Bergen ist schon der erste Schnee gefallen, wie die Semaphoren berichten. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Hsing-Wu-Passage zufriert, und ich fürchte, die Reise selbst wird um diese Jahreszeit nicht gerade ein Vergnügen sein, selbst wenn wir die Passage freiräumen können.«
»Ich weiß, Eure Eminenz. Dennoch heißt es, der Sommer in Tellesberg sei viel angenehmer als der Winter hier in Zion, also habt Ihr zumindest etwas, worauf Ihr Euch zum Ende der Reise hin freuen
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