Operation Arche - 1
könnt.«
»Nun, das trifft sicherlich zu«, pflichtete ihr Dynnys bei und lachte leise. »Tatsächlich wünschte ich manchmal, die Erzengel wären nicht ganz so immun gegen die Auswirkungen hüfttiefen Schnees gewesen, als sie den Ort für die Errichtung des Tempels ausgewählt haben. Ich liebe das Klima von Zion im Sommer, aber der Winter ist wieder etwas völlig anderes. Trotz, wie ich bedauernd sagen muss, Ihrer reizenden Gesellschaft, Madame.«
Nun war es an Madame Ahnzhelyk, leise zu lachen.
»In diesem Falle, Eure Eminenz, und für den Fall, dass ich Euch nicht mehr sehe, bevor Ihr aufbrecht, gestattet mir, Euch eine bequeme Reise und eine sichere Rückkehr zu uns zu wünschen.«
»Eure Worte in der Erzengel Ohren.« Dynnys berührte das Herz, dann die Lippen, lächelte Ahnzhelyk an, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen züchtigen Kuss auf die Wange zu hauchen.
Das war, sinnierte er und rief sich noch einmal die angenehmen Ereignisse dieses Abends ins Gedächtnis zurück, das einzige ›Züchtige‹, was geschehen war, nachdem er vor mehreren Stunden durch die Tür dieses Hauses getreten war.
Madame Ahnzhelyks Tür war einer der diskretesten Eingänge in ganz Zion. Während die Heilige Schrift sehr wohl bedachte, dass menschliche Wesen nun einmal fehlbar waren, und dass nicht alle die Zustimmung des Klerus von Mutter Kirche für ihre … Beziehungen erbitten würden, war die Heilige Schrift doch zugleich sehr deutlich, was ›Unzucht‹ und ›Untreue‹ betraf. Das verkomplizierte natürlich Erayk Dynnys’ Leben ein wenig, denn sowohl die Heilige Schrift als auch die Vorschriften der Kirche selbst erforderten, dass jeder Geistliche, der sich um ein bischöfliches Amt bemühte, verheiratet sei. Wie sonst solle er die körperlichen und emotionalen Bedürfnisse der verheirateten Gläubigen verstehen können, für deren spirituelles Wohlergehen er doch verantwortlich war?
Dynnys selbst hatte diese Forderung selbstverständlich erfüllt, auch wenn er seine Gemahlin nur selten sah. Adorai Dynnys war darüber weder erstaunt noch sonderlich unzufrieden damit. Sie war erst zwölf Jahre alt gewesen, als die Familien Dynnys und Laynohr die Ehe arrangiert hatten, und man hatte sie so erzogen, dass sie ebenso gut wie Dynnys verstand, wie derartige Dinge in den kirchlichen Dynastien nun einmal gehandhabt wurden. Abgesehen davon hasste sie die Welt der gesellschaftlichen Veranstaltungen von Zion fast ebenso sehr, wie sie die komplizierten Manöver der einzelnen Fraktionen im Tempel verabscheute. Auf einem der Landsitze der Familie Dynnys führte sie ein recht angenehmes Leben: Sie züchtete Pferde, Hühner und Arbeits-Drachen und kümmerte sich um die beiden Söhne, die sie ihm während der ersten Jahre ihrer Ehe pflichtschuldigst zur Welt gebracht hatte.
Damit gebrach es Dynnys, ebenso wie vielen seiner Amtskollegen, an weiblicher Gesellschaft. Glücklicherweise vermochten Madame Ahnzhelyk und ihre stets reizenden und ausgezeichnet geschulten jungen Damen ebenjene Leere in seinem Leben auszufüllen – und das natürlich stets mit äußerster Diskretion.
»Ach, also gut, Ahnzhelyk!«, seufzte er jetzt, während sie ihn die letzten Schritte zur Tür geleitete, die der würdevolle Portier ihnen sofort öffnete. »Ich fürchte, nun muss ich wirklich gehen. Nicht jedoch«, setzte er mit einem Schauer hinzu, der nicht zur Gänze nur gespielt war, als er durch die Tür hindurch in den kalten Nieselregen der Nacht hinausspähte, »ohne mehr Bedauern, als Sie sich auch nur vorstellen können.«
»Schmeichler!« Lachend tätschelte Madame Ahnzhelyk ihm die Schulter. »Aber wenn das Wetter natürlich zu unschön ist, dann könnt Ihr die Nacht immer noch hier verbringen, Eure Eminenz.«
»›Hebe, Shan-wei, dich von mir!‹«, zitierte Dynnys und lachte leise, dann schüttelte er den Kopf. »Ernstlich«, fuhr er fort und schaute den feinen Nebelschwaden zu, die im Schein der Kutscherlampe von den Nüstern der Pferde der am Randstein bereitstehenden Kutsche aufstiegen. »Ich bin zutiefst versucht, Ihr freundliches Angebot anzunehmen. Bedauerlicherweise muss ich mich um noch viele Dinge kümmern, bevor ich nach Charis aufbrechen kann, und ich habe für den frühen Morgen zahlreiche Besprechungen anberaumt. Aber wäre dem nicht so, so könnten Sie mich mit Leichtigkeit überzeugen, dessen bin ich mir sicher.«
»In diesem Falle, Eure Eminenz, bin ich bereit, meine Niederlage einzugestehen.« Erneut
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