Operation Arche - 1
Süßwasserkraken befüllt wurden. Die gewaltigen, herrschaftlichen Gesichter des Erzengels Langhorne und des Erzengels Bédard blickten aus diesem Mosaik das Kirchenschiff hinab, und ihre edlen Augen schienen Timothy zu beobachten, als er so vor dem Portal stand. Das Gewicht dieser Blicke ließ sich Timothy stets der eigenen Sterblichkeit gewahr werden, und auch seiner Fehlbarkeit vor Gottes auserwählten Dienern. Üblicherweise erfüllte es ihn auch stets mit Zuversicht, weil es erneut den Glauben stärkte, Gottes Absicht, Safehold zum Zufluchtsort und zur Heimat der Menschen zu machen, müsse doch erfolgreich sein.
Doch aus welchem Grund auch immer, in diesem Moment durchlief Timothy stattdessen ein Schauer. Zweifellos lag es nur an der beispiellosen Art und Weise, mit der Michael ihn heute hierher bestellt hatte, doch es kam ihm fast vor, als tanzten Schatten über die Gesichter der Erzengel, obschon die Flammen der Lichter sich nicht bewegten.
»Timothy!«
Pater Michaels Stimme riss Timothy aus diesen verstörenden Gedanken, und er blickte auf, als Michael aus einer Seitentür heraustrat, die gleich neben dem Allerheiligsten lag.
»Was hat das hier zu bedeuten, Michael?«, fragte Timothy nach. Kurz hielt er inne und beugte vor dem Mosaik das Knie, dann erhob er sich wieder, führte die Finger der rechten Hand erst zum Herzen, dann an die Lippen, und ging den Hauptgang des Kirchenschiffes hinab. Er wusste, dass er sehr scharf geklungen hatte, geradezu rau, und er nahm sich vor, jetzt mit ruhigerer Stimme weiterzusprechen. Doch die Außergewöhnlichkeit dieses Zusammentreffens, noch dazu kurz nach dem letzten Himmlischen Beistand, machte ihn gereizt und unruhig.
»Es tut mir leid, dich auf diese Weise gerufen zu haben«, erklärte Pater Michael, »aber mir blieb keine andere Wahl. Ich habe entsetzliche Neuigkeiten, entsetzliche Neuigkeiten.« Er schüttelte den Kopf. »Die schlimmstmöglichen Neuigkeiten, die ich mir nur vorstellen könnte.«
Einen Augenblick lang, als er das Entsetzen in Michaels Stimme bemerkte, war Timothy, als bliebe ihm das Herz stehen. Mitten in der Bewegung hielt er inne, dann zwang er sich, ruhig auf den Priester zuzugehen.
»Was für Neuigkeiten, Michael?«, fragte er mit jetzt ungleich sanfterer Stimme.
»Komm!«
Mehr sagte der Priester nicht, dann trat er wieder durch diese kleine Tür. Sie führte in die Sakristei, wie Timothy jetzt bemerkte, als er seinem Freund folgte, doch am anderen Ende der Sakristei trat Michael durch eine weitere Tür. Von dort führte eine schmale Wendeltreppe aufwärts, und der Priester griff nicht einmal nach einer Lampe oder einer Kerze, als er Timothy diese Treppe hinaufführte.
Die Treppe wand sich in die Höhe, und Timothy hatte sie auch schon erkannt, obwohl es mehr als vierzig Jahre her war, dass er sie zum letzten Mal hinaufgestiegen war. Sie führte in den hohen, rechteckigen Turm, hinauf zu den gewaltigen Bronzeglocken, die unter dem spitzen Dach aufgehängt waren.
Als sie die obersten Stufen schließlich erreicht hatten, war Timothy außer Atem, und Michael taumelte regelrecht vor Erschöpfung, so sehr war er hinaufgeeilt. Doch er sagte immer noch kein Wort und hielt auch nicht inne, um zu verschnaufen. Er stemmte lediglich die Schulter gegen eine Falltür, wuchtete sie auf und kletterte hindurch.
Sonderbares, mattes Licht fiel durch die nun offenstehende Falltür, und einen Augenblick lang hielt Timothy inne. Dann nahm er seinen Mut zusammen und hielt sich an seinem Glauben fest. Er folgte seinem Freund durch die Falltür, und das Leuchten wurde heller, als derjenige, der dort auf sie beide gewartet hatte, sich ihm nun zuwandte, und die Macht seiner Ausstrahlung schlug Timothy ganz in ihren Bann.
»Friede sei mit dir, Mein Sohn«, sagte der Engel. Fünfzehn Minuten später ertappte sich Timothy Harrison dabei, den Engel mit einem Gesichtsausdruck anzustarren, den er niemals in Gegenwart eines Diener Gottes an den Tag zu legen auch nur für möglich gehalten hatte: Es war eine Maske blanken Entsetzens.
»… und so, Meine Kinder«, sagte der Engel mit ernster Miene, »auch wenn ich euch erst vor wenigen Tagen gewarnt habe, dass neue Aufgaben vor euch liegen werden, habe nicht einmal ich etwas Derartiges erwartet.«
Kummervoll schüttelte er den Kopf, und wäre es nicht respektlos gewesen, hätte Timothy den Gesichtsausdruck dieses Engels nicht nur besorgt, sondern vielmehr ›bedrückt‹ genannt.
Vielleicht ist es auch so, dachte
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