Operation Arche - 1
traurig den Kopf.
Offiziell war Zherald Ahdymsyn Dynnys Adlatus; tatsächlich war er de facto der amtierende Erzbischof für Dynnys weit entfernte Erzdiözese und der Verwalter von Dynnys eigenen, gewaltigen Ländereien. Charis lag fast zwölftausend Meilen vom Tempel entfernt, und es war völlig unmöglich, dass sich Dynnys persönlich um die seelsorgerischen Pflichten ›seiner‹ Gemeinde kümmern und auch noch all die anderen Verpflichtungen erfüllen konnte, die mit seinem hohen Amt einhergingen. Also überließ er, wie die Mehrheit der Prälaten, deren Bischofssitze weit jenseits des Kontinents von Haven oder dessen südlichen Schwesternkontinents Howard lagen, eben diese seelsorgerischen Pflichten und die örtliche Verwaltung seinem Bischof-Vollstrecker. Einmal im Jahr, trotz der damit verbundenen Mühen, reiste Dynnis für einen einmonatigen Besuch in seine Gemeinde, den Rest des Jahres verließ er sich ganz auf Ahdymsyn. Der Bischof-Vollstrecker mochte nicht der brillanteste Kopf sein, den er je kennengelernt hatte, doch er war verlässlich und verstand die realpolitischen Bedürfnisse der Kirche. Zudem war er deutlich weniger gierig als die meisten, was das Abschöpfen persönlichen Gewinns betraf.
»Aber du hast darum ersucht, sie zu uns zu senden?«, fragte Cahnyr nach, und Dynnys gestattete sich, kurz die Miene überbeanspruchter Geduld an den Tag zu legen.
»Natürlich, Zhasyn«, gab er zurück. »Ich habe schon vor zwei Monaten über Semaphoren das Gesuch an Clahnyr weitergegeben, so wie wir es abgesprochen hatten: Er möge die Schriftstücke per Boot über den ›Kessel‹ schicken. Natürlich konnte ich in einer Semaphoren-Botschaft nicht allzu viele Einzelheiten erwähnen, aber Pater Mahtaio hat am gleichen Tag das Gesuch auch noch in ausführlicherer Form via Wyvern abgeschickt, und es hat Clahnyr kaum einen Fünftag später auch erreicht. Zudem haben wir Sir Hauwerds Mann des Gesetzes hier in Zion über unsere Bedürfnisse in Kenntnis gesetzt und ihn informiert, dass wir dieses Gesuch an seinen Klienten weiterleiten.«
»›Vor zwei Monaten‹ – das ist nicht gerade viel Zeit für ein Dokument, aus derartiger Entfernung einzutreffen. Vor allem um diese Jahreszeit, angesichts der Stürme, mit denen die da unten im ›Kessel‹ immer zu kämpfen haben«, stellte Cahnyr in bewusst neutralem Tonfall fest, und Dynnys entblößte seinem Prälats-Kollegen gegenüber die Zähne; man hätte es gerade noch für ein Lächeln halten können.
»Das ist wohl wahr«, sagte er, fast süßlich. »Andererseits wurde diese Nachricht vor mehr als zwei Monaten abgeschickt, und das lässt, so will mir scheinen, Zherald doch mehr als genug Zeit, mein Gesuch an Sir Hauwerd weiterzuleiten, und es lässt entsprechend auch Sir Hauwerd genügend Zeit, mir zu antworten. Und auch einem Depeschenboot, die Überfahrt von Charis nach Clahnyr zu schaffen, schlechtes Wetter hin oder her; so hätte uns wenigstens eine Semaphoren-Nachricht erreichen müssen, die uns mitteilt, dass die fraglichen Dokumente tatsächlich auf dem Weg seien. Tatsächlich habe ich in der gleichen Zeit noch eine weitere Nachricht zu anderen Themen mit Zherald ausgetauscht, ich wiederhole: ausgetauscht, deswegen bin ich recht zuversichtlich, dass die Depeschenboote diese Überfahrt auch überstehen können, allen Herbststürmen zum Trotz.«
Cahnyr wirkte, als sei er versucht, seinem Amtskollegen scharf zu widersprechen. Doch falls dem wirklich so war, unterdrückte er dieses Bedürfnis. Rayno und Myllyr nickten nur, und Dynnys verkniff sich ein höhnisches Lächeln.
Er empfand Cahnyrs ganz eigene Art der persönlichen Frömmigkeit nur zu oft als zermürbend, auch wenn er eingestehen musste, dass sein Rivale damit seinem Posten in der Tempel-Hierarchie einen ganz eigenen Stempel aufdrückte. Natürlich war auch er nicht einzigartig, doch die meisten der Erzbischöfe und Vikare, die mit der Aufgabe betraut waren, Gottes Eigene Angelegenheiten zu verwalten, waren einfach zu beschäftigt, um die Art schlichter, pastoraler Klarheit an den Tag zu legen, die Cahnyr zu bevorzugen schien.
Dynnys war auch bereit zuzugeben, dass dies in seinem Falle noch mehr zutraf als bei vielen anderen. Anders konnte es kaum sein, wo Charis doch so weit von Zion entfernt lag, wenngleich, um der Wahrheit die Ehre zu geben, die meisten der zahllosen, ermüdenden Meilen nach Gletscherherz über Land zurückgelegt werden mussten und Cahnyr seine Gemeinde zweimal im Jahr
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