Operation Arche - 1
mühelos zu unterdrücken.
Nein, Dynnys fürchtete nicht, Charis könne eine Brutstätte der Ketzerei sein. Nicht, dass er nicht bereit gewesen wäre, sich Raynos Argwohn und das allgemeine Misstrauen und die Ablehnung, die der Rat der Vikare diesem Königreich entgegenbrachte, zunutze zu machen.
Womit, dachte er, die Tatsache, dass Haarahld eindeutig einer von Breygarts stärksten Befürwortern war, letztendlich in dieser Angelegenheit Wyllym den Todesstoß versetzt.
Er vermutete, es sei tatsächlich ein Zeichen von Raynos moralischer Integrität, dass er so lange gebraucht hatte, um offen den Anspruch zu unterstützen, den Tahdayo Mahntayl hier erhob.
Sein betrügerischer, aber extrem einträglicher Anspruch, sinnierte er und achtete sorgsam darauf, sich seine Zufriedenheit keinesfalls anmerken zu lassen. Und die Tatsache, das Lyam Tyrn, der Erzbischof von Emerald, Dynnys dafür, dass er den Kandidaten Prinz Nahrmanns unterstützte, einen wirklich gewaltigen Gefallen schuldig wäre, schadete gewisslich auch nicht.
»Ich denke«, ergriff nun wieder Rayno, das ranghöchste Mitglied dieses Gerichtshofes, das Wort, »angesichts der Tatsache, dass es Breygart verabsäumt hat, diesen angeblichen Beweis vorzulegen, oder auf unser Gesuch auch nur in angemessener Zeit zu reagieren, werden wir unser Urteil lediglich basierend auf den uns bereits vorliegenden Beweismitteln fällen müssen. Doch statt nun übereilt eine Entscheidung zu finden, schlage ich vor, wir ziehen uns für das Mittagsmahl zurück und meditieren anschließend, jeder für sich, noch etwa eine Stunde über diese Frage. Treffen wir zur fünfzehnten Stunde wieder zusammen und fällen dann unser Urteil, Brüder.«
Zustimmend nickten die anderen – Cahnyr ein wenig widerwillig –, um dann zu hören, wie die Sessel über den Boden scharrten, als die Erzbischöfe sich erhoben. Cahnyr nickte Rayno und Myllyr zu. Es gelang ihm, Dynnys vollständig zu ignorieren, und er verließ dann mit forschen Schritten den Konferenzraum. Rayno lächelte ein wenig, wie ein nachsichtiger Vater zweier Söhne, die ständig im Streit miteinander lagen, und folgte dann Cahnyr.
»Würdest du mit mir speisen, Erayk?«, fragte Myllyr, nachdem alle anderen den Raum verlassen hatten. »Ich würde mit dir gerne noch einige Dinge besprechen, die im nächsten Fünftag dem Billigungs-Offizium vorzulegen sind.«
»Natürlich, Urvyn«, erwiderte Dynnys gut gelaunt. »Es wäre mir eine Freude.«
Und das stimmt sogar, dachte er. Er freute sich regelrecht auf den unausweichlichen Drachenhandel mit Myllyr. Schließlich gehörte das alles mit zu diesem Spiel. Das ansehnliche Geschenk, das in seine eigenen Taschen fließen würde, und die Gelegenheit, Haarahld Ahrmahk noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, wo die wahre Autorität von Charis lag, hätte schon ausgereicht, um ihn ganz auf Mahntayls Seite zu bringen, doch noch verführerischer als schnöder Reichtum war die Möglichkeit, Macht auszuüben. Nicht nur innerhalb seiner eigenen Erzdiözese, sondern in der einzigen Hierarchie, die wahrhaft von Bedeutung war: unmittelbar hier, im Tempel selbst.
»Ich habe gehört, die Küchen halten für uns an diesem Nachmittag etwas Besonderes bereit«, fuhr er dann fort. »Sollen wir unser Mahl im Großen Refektorium einnehmen, oder würdest du es vorziehen, im Freien zu speisen, draußen auf dem Platz?«
.II.
Königlicher Palast, Tellesberg, Königreich Charis
»Vater, du weißt ebenso gut wie ich, wer in Wirklichkeit dahintersteckt!«
Kronprinz Cayleb verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte seinen Vater zornig an. König Haarahld hingegen nahm diesen Ausbruch seines ältesten Sohnes mit bemerkenswertem Gleichmut hin.
»Ja, Cayleb«, sagte der König von Charis nach kurzem Nachdenken. »Zufälligerweise weiß ich tatsächlich, wer in Wirklichkeit dahinter steckt. Und, was soll ich deiner Meinung nach unternehmen?«
Cayleb öffnete schon den Mund, dann hielt er inne. Seine dunklen Augen waren, wenn das überhaupt möglich war, noch finsterer und zorniger als zuvor, doch sein Vater nickte nur.
»Genau«, sagte er grimmig. »Es gibt nichts, was ich lieber täte, als Tahdayos Schädel vor meinem Tor auf einem Spieß zur Schau zu stellen. Ich bin mir sicher, er und seine … Partner denken ähnlich über mich. Bedauerlicherweise, so sehr ich mir das auch wünsche, sieht es nicht danach aus, als würde ich es in absehbarer Zeit in die Tat umsetzen können. Und da das nun einmal nicht
Weitere Kostenlose Bücher