Operation Arche - 1
physisch vollständig zu rekonfigurieren. Nimue Alban hatte diese Möglichkeit noch nie genutzt, doch andererseits hatte sie ihren PICA ohnehin nicht allzu oft eingesetzt. Gewiss nicht so oft, wie ihr Vater das sicherlich erhofft hätte. Um ehrlich zu sein, hatte sie immer gewusst, ihr Vater hätte es deutlich vorgezogen, wenn sie niemals zur Navy gegangen wäre, und er hatte dem Militär fast alles von dem immens verübelt, was Nimue damals hatte durchmachen müssen. Er hatte sie sehr geliebt, und ein Mann seines Reichtums und seiner Stellung hatte schon sehr früh gewusst, wie hoffnungslos letztendlich alle Bemühungen der Föderation sein würden. Nimue vermutete, ihr Vater habe ursprünglich gewiss nicht die Absicht gehabt, sie in einer dem Tode geweihten Welt aufwachsen zu lassen: Die Geburt dieses Kindes war ein ›Unfall‹ gewesen, den Nimues Mutter arrangiert hatte – vielleicht erklärte das, warum Nimues Eltern sich hatten scheiden lassen, als sie noch sehr klein gewesen war. Selbst wenn diese Vermutungen allerdings stimmten, hatte das ihren Vater nicht davon abgehalten, seine Tochter von Herzen zu lieben, nachdem sie dann schließlich geboren war; doch er hatte befürchtet, als Offizierin im aktiven Dienst werde sie vielleicht früher den Tod finden, als das ohnehin unvermeidbar wäre. Ihr Vater hatte sich gewünscht, Nimue möge so lange leben, wie sie nur konnte, und in der kurzen Zeit, die ihr noch blieb, so viel ›vom Leben selbst‹ möge mitnehmen können, wie es nur ging, bevor das Unvermeidliche geschah.
Na ja, dachte Merlin, und sein Lächeln wurde geradezu bittersüß, es sieht ganz so aus, als hätte deine Entscheidung, mir einen PICA zu schenken, letztendlich tatsächlich ihren Sinn erfüllt. Ich werde tatsächlich ein sogar sehr, sehr langes Leben haben, Daddy.
Mit Hilfe des Spiegels blickte er sich selbst tief in die blauen Augen, suchte nach irgendeinem Anzeichen, irgendeiner Spur der biologischen Person, die er einst gewesen war, dann verdrängte er diesen Gedanken wieder und zwirbelte erneut seinen Schnurrbart.
Nimue Alban hatte nie sonderliches Interesse an ›Geschlechtsumwandlungen‹ gehabt, weder tatsächlich biologisch gesehen, noch auch nur mit Hilfe ihres PICA. Andere waren da sehr viel abenteuerlustiger gewesen, und PICAs waren so konstruiert, dass sie tatsächlich in jeder Hinsicht funktionsfähig waren. Und da diese Technologie nun einmal zur Verfügung stand, hatten die Entwickler dieser PICAs keinen Grund gesehen, ihren Kunden mit Hilfe dieses wunderbaren, teuren Spielzeugs nicht auch die Möglichkeit einer echten Geschlechts-Konfigurierung zu bieten, die über reine Äußerlichkeiten hinausgingen.
Angesichts der auf Safehold herrschenden Gesellschaftsform, die eindeutig von Männern dominiert wurde, hatte Nimue letztlich doch von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Natürlich gab es für selbst die leistungsfähigste Technologie immer noch einige Einschränkungen – das ließ sich einfach nicht vermeiden. Ein PICA konnte nicht deutlich größer oder kleiner gemacht werden, als sein ›Original‹ nun einmal war. Einen gewissen Spielraum gab es, aber allzu groß war er eben nicht. Man konnte die Schultern breiter und die Hüften schmaler machen, Genitalien und Becken konnten umgestaltet werden, doch die grundlegenden Körpermaße des PICA selbst hingen nun einmal weitestgehend von den Körpermaßen des Menschen ab, für den er konstruiert worden war. Glücklicherweise war Nimue überdurchschnittlich groß, selbst für die Gesellschaft, in die sie hineingeboren war, mit ihrer ausgezeichneten medizinischen Versorgung und ihrem mehr als ausreichendem Angebot an Nährstoffen gleichwelcher Art. Als Frau wäre sie auf Safehold eine echte Riesin gewesen, und ›Merlin‹ war immer noch ein gutes Stück größer als die meisten Männer, denen er begegnen mochte.
Hier und dort hatte Nimue noch einige wohlüberlegte Narben hinzugefügt, unter anderem eben auch die auf Merlins Wange. Merlin war ein ›Krieger‹, und Nimue wollte verhindern, dass irgendjemand sich fragte, wie jemand dieses Alter hatte erreichen und so geschickt im Kampf würde werden können ohne jemals auch nur verwundet worden zu sein.
Die Entscheidung, sich als Mann auszugeben, war Nimue nicht leicht gefallen, so sehr ihr auch bewusst war, dass die Logik es hier nicht nur gebot, sondern tatsächlich völlig unausweichlich machte. Nimue Alban hatte noch nie ein Mann sein wollen, sie hatte sich auch nie
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