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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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noch schaffen, wieder nach Hause zu kommen.
    Als Levi am Abend in sein Hotel zurückkam, bekam er einen mächtigen Schrecken. Jemand hatte seine Sachen durchsucht. Nicht bloß das Zimmermädchen, sondern ein Profi. Levi hatte den Aktenkoffer verschlossen auf den Schreibtisch gelegt. Jemand hatte ihn geöffnet und die Geschäftspapiere durchwühlt. Es war ganz offensichtlich: Die Papiere lagen nicht mehr in der Reihenfolge, in der er sie zurückgelassen hatte, und das Haar, das er auf die oberste Seite des landwirtschaftlichen Vertrages gelegt hatte, war verschwunden. Levis Herz hämmerte. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er ging ins Bad und sah sich sein Gesicht im Spiegel an. Was er sah, war nackte Angst. Na und, sagte er sich. Dann haben sie eben meine Papiere durchsucht. Umso besser. Sie bestätigen, dass ich im Import-Export-Geschäft tätig und nach Syrien gereist bin, um einen Vertrag zu unterzeichnen. Sie werden den Tomatenpflanzer anrufen, bei dem ich zum Lunch war, und der wird ihnen mein Alibi bestätigen. Sie werden das Hotel in Aleppo anrufen, und auch dort wird man mein Alibi bestätigen. Also, was mache ich mir Sorgen? Sie haben den falschen Boden des Aktenkoffers nicht entdeckt, und anderes Beweismaterial dafür, dass ich irgendetwas anderes als ein französischer Geschäftsmann bin, gibt es nicht – absolut nichts!
    Levi nahm den Telefonhörer ab und hörte ein dumpfes Geräusch, als würde irgendetwas gerade so ein kleines bisschen Strom abziehen. Man beobachtet mich, sagte er sich. Irgendwie wissen sie es. Ich bin ein toter Mann.
     
    Der letzte Briefkasten war im Souk von Damaskus. Levi verspürte am nächsten Morgen nicht die geringste Lust, aus dem Bett zu steigen. Er wollte liegen bleiben, sich unter der Decke verkriechen, einen Tag lang krankfeiern. Aber er stand auf, ebenso motiviert durch seinen Hass auf diese Arbeit und das Verlangen, sie endlich hinter sich zu bringen, wie durch irgendetwas anderes. Alles lief ganz normal, sagte er sich. An seinem letzten Tag in Damaskus würde jeder Besucher in den Souk gehen. Auf dem Weg dorthin konnte er keinerlei Überwachung feststellen, aber er fand das nicht beruhigend. Sie haben ihr bestes Team auf mich angesetzt, dachte er.
    Der Souk war ein weitläufiger Viehhof voller Waren. Hunderte von Händlern machten ihre Geschäfte in langen Reihen blechgedeckter Anbauten, unter denen sie eine Unzahl von Waren und Kinkerlitzchen feilboten. Da gab es Männer, die feinstes Leinen für die Damen verkauften, karierte Kaffijehs für die Männer, gehämmertes Messing, exotische Vögel, schlechtsitzende Anzüge aus der Tschechoslowakei, billige Schuhe aus Ägypten, auf deren innerer Sohle es hieß: «Alles Leter»; Zimmerpflanzen, Gartenpflanzen, nachgemachte Papyrusdokumente, echte Papyrusdokumente, Spiegel mit dem Namen Allahs in geschwungenen Zügen ins Glas graviert, Gebetsteppiche mit eingewebtem Kompass, damit der Pilger sich immer über die Richtung im Klaren war, in der Mekka lag. Levi hatte vor seiner Abreise aus Beirut die handgezeichneten Karten des Souks so oft studiert, dass er den Standort eines jeden einzelnen dieser Trödelkrämer auf diesem weitläufigen Quadratkilometer der Geschäftstüchtigkeit zu kennen glaubte.
    Seine Instruktionen lauteten, zu einem bestimmten Stand in einem bestimmten Schuppen zu gehen, in dem ein Händler besonders schöne, mit Perlmutt verzierte hölzerne Kästchen verkaufte. Er sollte jedoch nicht direkt hingehen, sondern sich umsehen, herumschlendern, auf Verfolger achten. Wenn er an dem speziellen Stand angekommen wäre, sollte er die Arbeiten des Händlers bewundern und ihn nach den besseren Kästchen fragen, die für gewöhnlich innerhalb des Ladens aufbewahrt wurden. Levi sollte sich alles ansehen, bis er ein bestimmtes Kästchen gefunden hätte, auf dessen Deckel das Motiv eines Elefanten eingearbeitet war. Sowohl das Kästchen wie auch das Motiv sollten angeblich sehr ungewöhnlich sein. Im ganzen Souk würde es kein zweites wie dieses geben. Er sollte das Kästchen kaufen, in sein Hotel bringen und das darin versteckte Nachrichtenmaterial an sich nehmen.
    Der Händler selbst würde über Levi nicht Bescheid wissen, wer er war und was er machte. Was den Händler betraf, war Levi nichts weiter als ein Kunde wie jeder andere. Ein Ausländer, was bedeutete, dass er wahrscheinlich das Doppelte von dem bezahlte, was die Ware wert war. Und der Agent, so hatte Levi erfahren, war wirklich erstklassig. Es war ein

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