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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Palästinenser, der mit einer der radikalen Splittergruppen zusammenarbeitete, die in Damaskus ihr Hauptquartier hatten. Er war der Mühe wert.
    Levi näherte sich dem Unterstand. Der Händler, in dunklen Hosen und Schlafanzugoberteil, schenkte ihm ein zahnloses Lächeln.
    «Guter Preis, sehr guter Preis», sagte der Händler.
    Levi nickte. Er nahm einige der billigeren Schachteln in die Hand und legte sie auf das Regal zurück.
    «Les grandes boîtes?», fragte er auf Französisch. Dann versuchte er es auf Englisch. «Where are the big ones?»
    Der Händler lächelte. Er hatte es hier mit einem kritischen Kunden zu tun. Er begleitete Levi in den Laden. Levi warf einen Blick in die Gasse, ob ihn jemand beobachtete. Einige der anderen Händler bedachten ihn mit finsteren Blicken, aber er nahm an, dass lediglich Neid und Habsucht dahintersteckten. Er betrat den winzigen Raum, der von einer nackten Glühbirne erleuchtet wurde. Gegen die Wand geschichtet, gab es eine Unzahl von weiteren hölzernen Kästchen mit Einlegearbeiten, vielleicht hundert davon. Levi begann sie sich anzusehen, überprüfte jede Schachtel auf das Motiv hin. Er sah einen Tiger, einige Pferde und eine bedrückende Auswahl von Sternen, Quadraten und Kreisen.
    Wo war es? Levi begann zu schwitzen. Der Händler nickte und rieb sich die Hände, während er darauf wartete, dass Levi etwas kaufte. Noch einmal sah Levi das gesamte Inventar durch. Er war jetzt sicher. Der Elefant war nicht dabei. Er warf einen Blick aus dem Fenster des Ladens. Wer war der Mann in dem ausgebeulten braunen Anzug? Hatte er ihn nicht schon einmal gesehen? Nein. Vielleicht. Levi war sich nicht sicher. Ihm drehte sich der Kopf. Er wandte sich entschuldigend an den Händler.
    «Rien. Rien du tout», sagte Levi.
    Der Händler, der kein Französisch verstand, nickte und lächelte.
    «Guter Preis, sehr guter Preis», sagte er.
    Aber Levi war bereits zur Tür hinaus.
    Die Qualen begannen, als Levi endlich aus dem Souk heraus war und in einem Café saß und sich Zeit nahm, darüber nachzudenken, was passiert sein könnte. Die gesuchte Schachtel war nicht dabei gewesen. Es war dem Agenten nicht möglich gewesen, sie abzuliefern. Warum nicht? War er geschnappt worden? Wurde er verfolgt? Oder hatte er sich mit der Lieferung nur verspätet? Oder hatte er den richtigen Tag verschwitzt? Levi fühlte sich elend. Er versuchte ein Sandwich zu essen, brachte aber nichts hinunter. Alles, wonach ihm war, war, eine Zigarette nach der anderen zu rauchen. Und endlich geschnappt zu werden, damit alles vorbei wäre; das wäre immer noch besser, als dieses billige Drama weiterzuspielen, das ihm den Magen zerfraß.
    Die Instruktionen bezüglich dessen, was Levi tun sollte, wenn er den Briefkasten am vereinbarten Tag verpasste, waren sehr deutlich. Er sollte einen Tag warten und es dann noch einmal versuchen.
    Für Levi war es das zusätzliche Warten, das ihm zu schaffen machte. Wir alle können tapfer sein, wenn wir keine andere Wahl haben. In den kurzen Augenblicken, in denen unter extremen Umständen Heldentum gefragt ist, ist es für gewöhnlich auch da. Wenn ein Soldat unter Beschuss steht, dann werden seine Nerven ruhig. Er befolgt Befehle. Die Qualen liegen im Warten. Das Denken und die Angst scheuerten so sehr an den Nerven, dass diese irgendwann einmal zu dünn waren, um die Belastung noch länger auszuhalten.
    Vielleicht können wir einmal tun, was uns Angst macht. Vielleicht bringen wir genug Mut auf, das, was uns einen solchen Schrecken einjagt, das eine Mal zu tun – mit knirschenden Zähnen und geschlossenen Augen. Aber zweimal, das ist unmöglich. Das ein zweites Mal durchzustehen, nachdem wir unsere Nerven einmal so überdehnt haben, dass wir Angst hatten, sie würden reißen, das übersteigt die Kräfte aller außer die der Furchtlosen – und die haben keine Nerven.
    Und doch stand Levi am nächsten Morgen auf, hohläugig nach einer schlaflosen Nacht, und war bereit, es ein zweites Mal zu tun. Er betete, es möchte bald zu Ende sein. In seiner geschlossenen Faust hielt er die Zyanidkapsel wie ein Sakrament.
     
    Am nächsten Morgen schien jeder Levi neugierig anzusehen. Er sagte dem Mann an der Rezeption, dass er noch einen weiteren Tag bleiben würde. Er wolle noch etwas einkaufen. Der Mann zog die Augenbrauen nach oben. Kein Mensch bleibt einen Tag länger in Syrien als nötig, es sei denn, er muss, schien der Blick zu sagen. Was für einen schönen Souk Sie hier in Damaskus haben,

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