Operation Beirut
Händler schnalzte mit der Zunge und bedachte Levi mit einem tadelnden Blick. Er griff nach dem Kästchen, wobei er den Kopf schüttelte.
«Wie viel?», fragte Levi noch einmal.
Der Händler nahm ein Blatt Papier zur Hand. Darauf schrieb er die Zahl 500.
«Was?», fragte Levi mit aufrichtigem Erstaunen. «Fünfhundert syrische Pfund?»
Der Händler nickte.
«Unmöglich», sagte Levi. Er nahm das Blatt Papier und schrieb darauf: 100. Der Händler schüttelte den Kopf.
«Nein, nein. Vierhundert.»
«Zweihundert», bot Levi. Ich glaube das einfach nicht, sagte er sich. Das ist der schlimmste Augenblick in meinem Leben. Ich bin vor Angst fast gelähmt; und hier stehe ich und feilsche mit diesem Arschloch von einem Krämer um den Preis eines Holzkästchens.
«Dreihundert», sagte der Händler.
Du kranker, wahnsinniger Bastard, dachte Levi. Aber eine andere Stimme sagte ihm: Spiel das Spiel mit! «Zweihundertfünfzig.»
Der Händler sah Levi in die Augen, die Grenzen seiner Erpressbarkeit abschätzend. Er sah die Angst und das Bedürfnis, ohne zu wissen, warum sie da waren.
«Dreihundert.»
«Also gut», sagte Levi. Wen zum Teufel kümmert das schon? Das ist doch verrückt!
Der Händler wickelte das Kästchen sorgfältig in Seidenpapier, dann in braunes Papier und verschnürte das Päckchen dann fein säuberlich.
«Fatura?», sagte der Händler, indem er das arabische Wort für Quittung benutzte.
«Ja», sagte Levi. Warum nicht?
«Wie viel?», fragte der Händler mit einem korrupten Lächeln, das nur aus Zahnfleisch und Speichel zu bestehen schien.
Du falscher, arabischer Kameltreiber, du Hurensohn, fragst du mich tatsächlich, ob du die Quittung fälschen sollst? Glaubst du wirklich, dass es mir nur darum geht, ein billiges Holzkästchen mit einer falschen Quittung durch den Zoll zu bringen?
«Dreihundert», sagte Levi. Er konnte nicht anders; er musste lachen, als er es sagte. Als ihm die Laute dieses Lachens aus dem ausgedörrten Hals kamen, spürte er, wie etwas in ihm riss. «Wie Sie wollen», sagte der Händler.
Levi verließ den Laden, sein Paket fest in der Hand. Er zündete sich eine Zigarette an. Der beste Geschmack, den er je im Mund gehabt hatte. Er sah einen Soldaten die Arkaden hinunterschlendern, ein Gewehr in der Hand. Er hätte Angst haben sollen, aber er hatte keine mehr. Die Absurdität der Begegnung im Laden hatte ihn für den Augenblick von jeder Angst befreit. Er schlenderte langsam durch den Souk, blieb bei einer der Buden stehen, um sich Pistazien für den Heimweg zu kaufen. Als er sie bezahlt hatte, wurde es ihm klar: Ich werde es schaffen. Deshalb habe ich mir die Nüsse gekauft. Die sind nicht zur Tarnung gedacht. Ich werde sie auf dem Heimweg essen.
Er hatte noch einen weiteren schlimmen Augenblick an der syrischen Grenze. Das war immer das Schlimmste, ein Land wieder zu verlassen. Die Sicherheitskräfte wissen, dass das ihre letzte Chance ist, und so spielen sie ihre Spielchen mit einem. Sie denken sich Gründe aus, um einem Fragen zu stellen, die einem Magenkrämpfe verursachen.
In Levis Fall war es jedoch die Art, wie er dem Grenzpolizisten gegenüber das Wort
marhaba
– Guten Tag – aussprach. Er rollte das «r» leicht. Was normalerweise völlig in Ordnung wäre. Nur dass das eine, was jeder arabische Polizist über Menschen weiß, deren Muttersprache Hebräisch ist, die Tatsache ist, dass sie ihre «r» rollen und dabei ganz hinten in ihrem Hals ein Geräusch machen. Aber andererseits machen das auch viele Franzosen in Marseille.
Der Grenzposten studierte Levis Reisepass. Er schlug in seinem Buch nach. Er nahm den Pass mit nach hinten, um ihn seinem Vorgesetzten zu zeigen, einem fetten Oberst. Der Oberst kam heraus und begann Levi Fragen zu stellen. Was hatte er in Syrien gemacht? Mit wem hatte er sich getroffen?
Levi beantwortete die Fragen seelenruhig. Er wusste auch, warum: Seine Nerven waren endgültig gerissen. Er hatte nichts mehr, womit er hätte Angst haben können. Schließlich schickte ihn der Oberst auf seinen Weg. Levi fuhr über die Grenze in den Libanon – und knabberte an seinen Pistazien.
Die Früchte seiner Arbeit bekam Levi erst viele Monate später zu sehen. Es wurde alles nach Tel Aviv geschickt, wo ein Mossad-Offizier die Nachricht entschlüsselte, die in dem Kästchen mit dem Perlmuttelefanten versteckt gewesen war. Sie erwies sich als Nachrichtenmaterial von außergewöhnlichem Kaliber.
Die Botschaft des palästinensischen Agenten in
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