Operation Beirut
abgereist war, wo sich irgendeine Krise zwischen der PLO und den Jordaniern zusammenbraute.
Einzelheiten der Krise erfuhr man aus Depeschen der CIA -Station in Amman. Am 9. Februar hatte der König per Erlass den palästinensischen Kommandos in Amman das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit untersagt. Außerdem stellte der Erlass den Kommandos die Bedingung, Ausweise mit sich zu führen und Nummernschilder an ihre Fahrzeuge zu montieren. Die Forderung des Königs hörte sich recht bescheiden an, aber in der aufgeladenen Atmosphäre Jordaniens, eines Landes, in dem die PLO -Kommandos zu einem regelrechten Staat im Staat geworden waren, stellten sie eine glatte Kriegserklärung dar.
Es handelt sich um einen Bluff, dachte Rogers. Es muss ein Bluff sein. Der König kann jetzt unmöglich eine endgültige Auseinandersetzung wollen.
Die Führungsspitze der Fatah jedenfalls schien durchaus auf eine Konfrontation zu brennen. Der Auslandsradiodienst, die Radio-Abhöreinheit der CIA , fing in der Nacht vom 9. Februar ein Kommuniqué eines Fatah-Senders in Kairo auf. In der bemühten Sprache der Revolution hieß es: «Für die Massen ist die Zeit gekommen, zu handeln und schnell zu handeln, nicht nur um der erneuten Verschwörung ein Ende zu bereiten, sondern um den Verschwörern eine endgültige Niederlage beizubringen.»
Das bedeutete, wenn der König einen Krieg wollte, so sollte er ihn haben.
Als Rogers in Gedanken die Einzelteile zusammensetzte, erkannte er, dass die Krise in Jordanien eine brauchbare Gelegenheit darstellen könnte. Sie bedeutete Bewegung, und Bewegung – in fast jeder Form – war günstig. Bewegung veränderte die Konstellation eines Spiels und schaffte Raum, in dem man operieren konnte. Eine politische Krise dieser Art war noch besser, da sie Öffnungen schuf, die zu normalen Zeiten nicht entstanden.
Der Trick bestand darin, den rechten Zeitpunkt zu berechnen. Den Augenblick abzupassen, in dem das Zielobjekt keine andere Wahl hätte, als durch ebendie Tür zu gehen, die man ihm öffnete.
Rogers beschloss, Jamal nach Amman zu folgen. Er schickte Fuad allein im Auto voraus und buchte für sich selbst einen Platz in einer MEA -Maschine auf den Namen Edwin Roberts. Derselbe Name stand in dem kanadischen Pass, den Rogers in seinem Diplomatenköfferchen hatte.
In einer weniger verrückten Welt würde der MEA -Flug von Beirut nach Amman ungefähr dreißig Minuten dauern. Die Maschine würde von Beirut aus geradewegs nach Süden fliegen, über dem nördlichen Teil Galiläas in den israelischen Luftraum gelangen, die biblischen Städte Nazareth und Tiberias überfliegen, in der Nähe der Stadt Ajlun über den Jordan schweben, um dann in Amman zu landen. In der tatsächlichen Welt des Nahen Ostens im Jahre 1970 jedoch nannten arabische Karten Israel noch nicht mal beim Namen; seinen Luftraum zu überfliegen kam gar nicht in Frage. Die Karten nannten es «Besetztes Palästina», und der Flug Beirut–Amman machte einen langen Umweg über Syrien.
Als die Maschine sich auf Amman zubewegte, ließ Rogers seinen Blick aus dem Fenster über die trostlose Landschaft Jordaniens schweifen. Jordanien war schon zu seinen besten Zeiten nichts weiter als ein trockenes, staubiges Land, in dem sich felsige Hügel und trockene Plateaus mit sandigen Wüsten abwechselten. Aber im Winter war es noch schlimmer, weil Sandstürme über das ungeschützte Land fegten und beißende Winde um die Kuppen der Hügel fauchten. In Amman war es an jenem Tag bitterkalt, und die Luft war so voller Staub, dass sich in Rogers’ Rachen ein kleiner Sandkasten zu bilden begann, kaum dass er aus dem Flugzeug gestiegen war.
Als Rogers am Nachmittag des 11. Februar mit dem Taxi in Amman eintraf, fand er die Stadt in Aufruhr. Die Kommandos widersetzten sich dem Verbot des Königs, Waffen zu tragen, ganz offen und hatten an den Eingängen zu den palästinensischen Lagern, die es rings um die Stadt gab, Straßensperren errichtet. Die jordanische Armee hatte ihrerseits Kontrollpunkte an den vier großen, in die Stadt führenden Straßen errichtet. Man stoppte dort sämtliche Kommandos und weigerte sich, sie passieren zu lassen, wenn sie ihre Waffen nicht abgaben. Rogers wartete über eine Stunde in einer langen Schlange von Fahrzeugen an einem der Kontrollpunkte entlang der Straße, die vom Flughafen in die Stadt führte.
Die Stadt Amman ist auf sieben Hügeln erbaut. Die Souks und die Moscheen des alten arabischen Viertels lagen in
Weitere Kostenlose Bücher