Operation Beirut
Nerven.
Kuwait war ein flacher, kleiner Sandkasten am westlichen Zipfel des Persischen Golfs. Es verfügte über drei Besonderheiten: riesige Ölquellen, die das kleine Scheichtum zum Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt machten; eine Klasse von Händlern und Kaufleuten, deren Tradition über mehrere Jahrhunderte zurückreichte und die Kuwait den Anschein einer kaufmännischen Elite verlieh und die Demütigungen der Beduinenkultur ersparte; und einen riesigen Zustrom von Wanderarbeitern, der Kuwait zu einem wichtigen Durchgangslager für die palästinensische Revolution machte.
Kuwait war in vieler Hinsicht ein hässliches Land, und der Ölboom hatte es nicht schöner gemacht. Während des Sommers herrschte eine grimmige Hitze – über 50 Grad im Juli; es war so heiß, dass einem die Luft die Lunge zu versengen drohte, sodass man sie nur in kleinen Happen einatmen konnte. Kuwait Stadt lag direkt an der Küste; hier war die Hitze nicht jene trockene Backofenhitze der Wüste, sondern die feuchte Hitze eines Dampfbades. Jetzt, Mitte März, während des kurzen kuwaitischen Frühlings, waren die Temperaturen jedoch noch nicht so schlimm. Aber egal, welche Jahreszeit man gerade hatte: Das ganze Land schien nach dem Öl zu riechen, das es im kuwaitischen Burganfeld so reichlich gab, dass es von selbst aus dem Boden sprudelte – man brauchte nicht einmal zu pumpen.
Als Rogers vom Flughafen in die Stadt fuhr, fand er sich inmitten einer Orgie der Geldverschwendung. Überall entstanden neue Gebäude, die so schnell und billig hochgezogen wurden, wie die britischen und amerikanischen Baufirmen es nur schafften. Auf der Fahd-al-Salem-Straße, kurz vor dem Stadtzentrum, verursachten Bulldozer, Betonmischer und Kipp-Lastwagen – allesamt damit beschäftigt, so schnell wie möglich weitere hässliche Gebäude aus dem Boden zu stampfen – ein Verkehrschaos. Ihm fiel auf, dass die Kuwaitis durch die Bank große amerikanische Benzinsäufer fuhren: Cadillacs, Lincolns, Oldsmobiles, Buicks; je größer und protziger, desto besser.
Die Kuwaitis schienen sehr wohl zu verstehen, dass es diese monströsen Fortbewegungsmittel waren, die ihnen ihren Wohlstand gebracht hatten. Obwohl es dem Land an modernen Straßen fehlte, gab es fast so viele Autos wie Menschen, und das Zentrum von Kuwait Stadt glich einem riesigen Parkplatz. Als der Verkehr zum Stillstand kam, saßen die Kuwaitis in ihren veloursgepolsterten Karossen, die elektrisch betriebenen Fenster geschlossen, die Klimaanlage auf vollen Touren, und genossen den geologischen Glücksfall, der sie – zumindest vorübergehend – zum reichsten Volk der Erde gemacht hatte.
Kurz nach seiner Ankunft schaute Rogers beim Chef der hiesigen Station vorbei. Der Mann hieß Egbert Jorgenson, und er leitete in einem der überfüllten Flügel der Botschaft eine kleine Drei-Mann-Station – er selbst, ein Operationsoffizier und eine Chiffrierkraft.
Jorgensons Tarnfunktion war die eines Landwirtschaftsreferenten. Eine unsinnige Tarnung, da es in ganz Kuwait keine nennenswerte Landwirtschaft gab; aber das schien das Geringste von Jorgensons Problemen zu sein. Er war ein kleiner, konzentrierter Mann mit einer lauten Stimme und einem ewig besorgten Blick in den Augen.
«He, großartig, Sie wieder mal zu sehen. Was macht die Familie? Was verschlägt Sie denn nach Kuwait?», fragte Jorgenson in einem einzigen langen Satz, als er Rogers in sein Büro führte.
«Das kann ich Ihnen nicht sagen, Bert», sagte Rogers liebenswürdig. «Tut mir leid.»
«Ja, sicher, ich weiß. Na schön», sagte Jorgenson und setzte eine verletzte Miene auf.
«Wie steht’s bei Ihnen?», fragte Rogers. «Was tut sich denn so?»
«Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Jede Menge! Wissen Sie, dass die Sowjets hier jetzt auch eine Botschaft haben? Die machen mich glatt verrückt! Hatte noch nie so viel zu tun. Tag und Nacht.»
Rogers erkundigte sich, was denn für spezielle Schlachten des Kalten Krieges dieser Tage in Kuwait geschlagen würden.
«Medien!», sagte Jorgenson mit Nachdruck. «Die Russen haben Leute von den hiesigen Zeitungen auf ihrer Gehaltsliste. Alles Inder aus Kerala, die die Redaktion und das Layout erledigen. Der KGB -Mann hier versorgt sie mit Artikeln, die irgendein Clown in Moskau schreibt, und die bringen das Zeug, wie es ist. Verbatim. Wort für Wort! Die Kuwaitis merken das nicht mal. Die lesen die Zeitung sowieso nicht. Aber den Palästinensern gefällt es.
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