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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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den einen Politiker, der im Interesse der Nation handelt, und sie tadelt den anderen, der dies nicht tut.»
    Rogers nickte. Er war sich nicht sicher, worauf Jezzine mit seinem Vortrag hinauswollte.
    «Manchmal», fuhr der General fort, «stellt ‹Die Schreibkraft› eine Information zur Verfügung, die nicht von uns stammt, sondern aus der Amerikanischen Botschaft. ‹La Dactylo› tippt sie trotzdem, und sie erscheint in den Beiruter Zeitungen. Und von hier aus kann sie über Pressedienste in die ganze Welt geschickt werden.»
    «Ein effizientes System», bemerkte Rogers.
    «Das ist es in der Tat. Und eines, das – wenn ich das einmal ganz unbescheiden hinzufügen darf – nur aufgrund der Effizienz und des Könnens des libanesischen Nachrichtendienstes möglich ist.»
    «Und der Fügsamkeit der Herausgeber», sagte Rogers.
    General Jezzines Mund lächelte. Der Rest seines Gesichts blieb eingefroren. «Es zeugt auch von der Effizienz des Deuxième Bureau», sagte er.
    «Wieso?»
    «Weil ‹La Dactylo› seine Klientel versteht. Wir wissen, dass alle Libanesen eine Schwäche gemeinsam haben. Um es unverblümt zu sagen, man kann sie kaufen. So ist hier das Leben. Wir sind ein armes kleines Land, in dem die Verdienstmöglichkeiten nicht sehr zahlreich sind. Unser Volk lebt von seinem Einfallsreichtum. Die Menschen verkaufen das Wertvollste, das sie besitzen – ihre Loyalität – demjenigen, der am meisten bietet. Es ist nicht unser bewunderungswürdigster Charakterzug, mag sein, aber es ist verständlich.
    Unglücklicherweise können wir vom Deuxième Bureau es uns nicht leisten, uns die Loyalität aller unserer Bürger zu erkaufen. Aber wir haben ein kleines Geheimnis herausgefunden: Man braucht einen Menschen gar nicht selbst zu bestechen, wenn man nur um die Identität desjenigen weiß,
der
ihn besticht. Verstehen Sie, was ich sagen will? Wissen ist tatsächlich Macht. Das ist unsere Methode, und so sind wir in der Lage, fast jeden zu kontrollieren.»
    «Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstehe», sagte Rogers, was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Genau genommen verstand er die Methoden des Büros nur allzu gut. Es manipulierte Wahlen, bevormundete Zeitungen und hörte Telefone ab. Es regierte den Libanon.
    «Ich gebe Ihnen ein Beispiel», sagte Jezzine. «Vor einigen Jahren hielt der Präsident der Republik eine Zusammenkunft mit den Herausgebern sämtlicher großer Zeitungen ab. Er versammelte sie alle um einen Tisch und wandte sich der Reihe nach an sie, wobei er sie mit den Namen jener arabischen Potentaten anredete, die ihnen Geld schickten.
    ‹Wie geht es Präsident Nasser?›, sagte er zum Herausgeber der Zeitung, die Bestechungsgelder von den Ägyptern erhielt. ‹Wie geht es Präsident Assad?›, fragte er den Herausgeber, der ein Gehalt von den Syrern bezog. Zu dem, dessen Schmiergelder aus Riad kamen, sagte er: ‹Wie geht es König Faisal?› Und dann kam die Reihe an den Herausgeber unserer angesehensten und unbestechlichsten Zeitung.»
    «Und was sagte er zu dem?», fragte Rogers.
    «Er sagte: ‹Wie geht es der ganzen verdammten Welt?›»
    Rogers lachte über den Witz. Jezzine lächelte und kniff die Augen zusammen, was bei ihm wohl einem homerischen Gelächter gleichkam.
    «Sie sehen also», fuhr Jezzine fort, «solange wir wissen, wer in unserem korrupten kleinen Land wen bezahlt, haben wir fast jeden in der Hand.»
    «Aber nicht
jeden
?», erkundigte sich Rogers.
    «Leider gibt es auch unter uns Fanatiker, deren Motive nicht so klar sind. Die hungern nach etwas anderem als Geld. Sie wollen Würde, Gerechtigkeit, Dinge, die auf unserer Welt nur schwer zu beschaffen sind. Diese Leute stellen ein größeres Problem dar.»
    «Verzeihen Sie mir, wenn ich Ihnen eine unhöfliche Frage stelle», unterbrach ihn Rogers. «Aber warum erzählen Sie mir das alles?»
    «Sie sind sich doch zweifellos darüber im Klaren, dass wir bald eine Präsidentenwahl haben», sagte der General.
    «Darüber bin ich mir sehr wohl im Klaren», sagte Rogers. «Unserer Ansicht nach wird diese Wahl die Zukunft des Libanon bestimmen. Es wird ein Rennen zwischen dem Block, den wir die
‹Nabj›
nennen – ein Ausdruck, der sich auf die ‹Methode› unseres Präsidenten bezieht, der dieses Land die letzten zwölf Jahre hindurch so erfolgreich geführt hat –, und den Kräften der Anarchie, die ihn ablösen würden. Wenn wir verlieren, dann werden die Kräfte der Anarchie an die Macht gelangen – die

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