Operation Beirut
endlich. Keiner ist vollkommen. ‹C› nicht. Stone nicht. Sie nicht.»
Rogers schüttelte den Kopf. Er hatte keine Ahnung, wer die Wahrheit sprach: Stone, Hoffman oder womöglich keiner von beiden.
«Wollen Sie einen Rat von mir?», fragte Hoffman.
Rogers antwortete nicht.
«Mein Ratschlag lautet: Pfeifen Sie auf die Kerle; auf die ganze Bande.»
«Sehr hilfreich», sagte Rogers.
«Nein, im Ernst», sagte Hoffman. Das war ein Wort, das Rogers ihn noch nie hatte benutzen hören. «Ich meine, Sie könnten mal eine Abwechslung von der Palästinenser-Abteilung brauchen. Ein bisschen verschnaufen. Vergessen Sie, wie gemein Ihre Kollegen aus dem Frontbüro Sie behandelt haben. Lassen Sie die die Sache ruhig eine Weile lang vermasseln. Wie hört sich das an?»
«Ich will keinen Urlaub, wenn Sie das von mir verlangen.»
«Hören Sie, Sie Klugscheißer, wenn Sie glauben, ich kann meinen besten Mann entbehren, bloß weil er eine persönliche Krise durchmacht, dann vergessen Sie das schleunigst.»
Auf Rogers’ Gesicht zeigte sich ein aufflackerndes Interesse.
«Woran ich gedacht habe», fuhr Hoffman fort, «ist, dass Sie einige Zeit auf der anderen Seite verbringen, in Ost-Beirut, bei den Christen. Schauen Sie sich dort um. Knüpfen Sie einige Kontakte. Schauen Sie mal, was sich da drüben so tut. Irgendwas ist da am Kochen – oder ich will nicht Nathan M. Pusey heißen!»
«Was soll das sein?», fragte Rogers.
«Eine Art geheime Untergrundbewegung, zum Beispiel.»
«Was in aller Welt soll das heißen?»
«Wenn ich das wüsste, bräuchte ich Sie ja nicht hinzuschicken, oder?»
«Haben Sie nicht schon einige Leute in dieser Richtung?»
«Alles zweite Wahl.»
«Ich weiß nicht», sagte Rogers, immer noch auf der Hut.
«Aber ich! Außerdem ist das kein Vorschlag, sondern ein Befehl.»
«Jawohl, Sir», sagte Rogers. Als er das sagte, machte er in Gedanken bereits Inventur darüber, was er für die Aufgabe alles benötigen würde, die Hoffman ihm eben beschrieben hatte.
«Ich brauche Zugang zu einigen Akten. Und ich muss wissen, wer bereits auf unserer Gehaltsliste steht, damit wir die gleichen Leute nicht zweimal einkaufen.»
«Genehmigung erteilt», sagte Hoffman.
«Danke.»
«Aber ich kann Ihnen eine Menge Ärger ersparen, indem ich Ihnen gleich die simple Wahrheit stecke. Und die besteht darin, dass unsere Agenten in Ost-Beirut ein Haufen überdimensionaler Arschlöcher sind, die nur eines richtig können – nämlich Geld abstauben.»
«Wo wollen wir also anfangen?»
«Wenn ich Sie wäre», sagte Hoffman, «würde ich mal bei unserem geschätzten Kollegen vom libanesischen Deuxième Bureau, General Fadi Jezzine, vorbeischauen.»
«Warum gerade bei dem?», fragte Rogers. Das Bild, das er sich während des Abendessens beim Botschafter von General Jezzine gemacht hatte, war das eines eleganten, ernsthaften Mannes im Smoking, der Rogers das politische und wirtschaftliche System zu personifizieren schien, das dem Libanon die Luft zum Atmen nahm.
«Weil es keine Leichen in den Kellern der Christen gibt, die der General nicht kennt», sagte Hoffman.
«Und wem gehört er selbst?»
«Jedem», antwortete Hoffman. «Und niemandem. Der gute General verkauft seine Informationen an uns, an die Israelis, die Syrer, die Ägypter. Der Mann ist ein regelrechter Supermarkt. Für jeden hat er was. Und das bedeutet, dass ihn keiner je vollkommen in der Tasche hat. Und außerdem hat er die allererste Regel im Nachrichtengeschäft kapiert.»
«Und die wäre?»
«Die wäre: Niemals was verschenken! Wenn Sie eine Nachricht haben, dann verkaufen Sie sie oder tauschen sie. Aber verschenken Sie sie nicht.»
«Wie soll ich irgendetwas Neues aus ihm herauskriegen?»
«Das ist Ihr Problem», sagte Hoffman. «Übrigens, wenn Sie bei ihm selbst kein Glück haben, versuchen Sie’s doch mal bei seiner Frau. Sie ist ein richtiger Feuerwerkskörper.»
«Ich weiß.»
«Sie kennen die Dame?»
«Flüchtig», sagte Rogers. «Ich saß einmal auf einer Dinnerparty neben ihr: Sie betrank sich und zog über die Palästinenser her.»
«Exzellent.»
Rogers wandte sich um, um das Büro zu verlassen.
«Gaudeamus igitur!», rief Hoffman hinter ihm her.
«Was soll das heißen?», fragte Rogers.
«Lasst uns froh und munter sein.»
Kapitel 21 Ost-Beirut; Juli 1970
Rogers stürzte sich auf seinen neuen Auftrag, als hätte er die Absicht, ein neues Leben anzufangen. Er verbrachte seine Tage in Ost-Beirut unter der christlichen
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