Operation Blackmail
der
imposanten Villa, die Dr. Peter Heinkel im noblen Kronberg bewohnte. Das
Städtchen lag abseits vom Trubel der GroÃstadt Frankfurt in den Bergen und galt
als eine der reichsten Gemeinden Deutschlands. Kein Wunder, wenn man sich
anschaute, wie menschenleer die Mainmetropole in der Nacht wirkte. Frankfurt
war ein Ort zum Arbeiten, die Reichen und Mächtigen sowie die Familien zog es
ins malerische Umland, so auch Peter Heinkel.
Paul drückte die Klingel, woraufhin ein Lichtkranz um die Kamera
aufleuchtete, die den Eingang überwachte. Einen Augenblick später öffnete sich
das schmiedeeiserne Tor und gab den Weg zu einer schier endlosen Kiesauffahrt
frei. Vielleicht hätte er den Wagen doch nicht drauÃen stehen lassen sollen,
ärgerte sich Paul. Egal, dafür war es jetzt zu spät. Seufzend machte er sich
auf den Weg zum Haus, das etwa hundert Meter entfernt auf einem sanften Hügel
ruhte. Dafür ermöglichte ihm sein FuÃmarsch, sich Heinkels Anwesen anzusehen.
Rechts vom Haus lag ein Tennisplatz, der so makellos gepflegt aussah, dass Paul
sich unweigerlich fragte, ob überhaupt darauf gespielt wurde. Die Villa selbst
war ein weiÃes Haus mit dunklen Schieferschindeln auf dem Dach. Es sah gröÃer
aus als alles, was er bisher betreten hatte, aber irgendwie auch beliebig, fand
Paul. Was man dafür wohl hinblättern musste? Drei Minuten später stand er vor
der Eingangstür und zog noch einmal die Krawatte fest. Der Hausherr öffnete ihm
selbst, er trug modische Sneaker, eine legere Jeans und ein Polo-Shirt. Paul
fand, dass er überhaupt nicht zu dem protzigen Haus passte.
»Hallo, Paul, schön, Sie zu sehen.«
»Guten Tag, Herr Dr. Heinkel«, antwortete Paul etwas steif.
»Kommen Sie rein. Möchten Sie etwas trinken? Wie ich von Thater
erfahren habe, haben Sie recht turbulente Tage hinter sich.«
»Das kann man wohl sagen«, stimmte Paul zu. »Wenn Sie einen Kaffee
hätten, wäre ich Ihnen sehr dankbar, ich bin schon eine ganze Weile auf den
Beinen.«
»Kaffee, klar. Kommen Sie mit«, sagte der Vorstandsvorsitzende in
einem lockeren Tonfall, den Paul aus der Bank so nicht kannte. Ihm wurde sein
oberster Dienstherr in seinem privaten Umfeld eher sympathischer. Er folgte ihm
in die monströse Küche des Hauses. Schwarzer Granit und ein Herd, der aussah,
als könnte er auch ein Restaurant versorgen. Zu seiner Ãberraschung ging
Heinkel selbst zu einer Schublade und holte einen Porzellanfilter hervor, den
er auf eine Isolierkanne setzte. Paul hätte zum einen vermutet, er habe eine
dieser modernen Espressomaschinen, zum anderen: Wo blieben die
Hausangestellten? Irgendwie passten die Villa und der private Heinkel nicht
zusammen, fand Paul. Nach einem kurzen Wortgeplänkel kam sein Chef zum
Eingemachten und legte einen Finger in Pauls Wunde: »Wie weit sind Sie mit der
Suche nach dem Informanten der Erpresser?«
»Leider nicht weiter als vor zwei Tagen. Wir tappen immer noch im
Dunkeln.«
»Das ist nicht gut«, schüttelte Heinkel den Kopf, während er Wasser
für den Kaffee nachgoss. Paul hörte es in der Kanne tröpfeln. »Gar nicht gut.«
»Ich weiÃ. Aber ich bin wegen etwas anderem gekommen, Herr Dr.
Heinkel.«
»Bitte lassen Sie den Doktor weg, Paul, wir sind hier bei mir zu
Hause und nicht auf einer Vorstandssitzung. Tun Sie mir den Gefallen.«
»Es geht um die Bilderberg-Konferenz, Herr Heinkel. Sie müssen Sie
absagen.«
»Ich weià Ihre Sorge zu schätzen, aber das ist unmöglich.«
»Aber es geht um Ihre persönliche Sicherheit, Sie riskieren Ihr
Leben. Die ECSB hat mir glaubhaft versichert, dass dieser Leonid Mikanas nicht
zu unterschätzen ist.«
»Schauen Sie, Paul. Seit dem Attentat auf Alfred Herrhausen wissen
wir, dass Sicherheit ein relativer Begriff ist. Und bei der Bilderberg-Konferenz
ist so viel Sicherheitspersonal anwesend, dass ich es für unvorstellbar halte,
gerade dort umgebracht zu werden. AuÃerdem nimmt seit siebzehn Jahren jeder
Vorstandsvorsitzende der EuroBank an der Bilderberg-Konferenz teil. Es ist
gleichermaÃen Tradition wie Verantwortung. Und ich habe nicht die Absicht, dies
zu ändern. Abgesehen davon wäre es ein Zeichen von Schwäche, und das können wir
uns wirklich nicht leisten.«
»Und wie denken Ihre Vorstandskollegen darüber?«
»Sie sind geteilter Meinung, aber ich
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