Operation Blackmail
Wette.
Für seine Zwecke genau das Richtige. Mao betrat den Hinterhof, auf dem einige
Garagen standen. Ein frischer Ãlfleck verriet ihm, dass sie noch benutzt
wurden, aber das war kein Problem. Welcher parkende Nachbar würde sich für das
leer stehende Vorderhaus interessieren? Auch die Mieter der oberen Stockwerke
waren als Störenfriede unwahrscheinlich, er sah keine Fahrräder, Bälle oder
anderes Spielzeug, das auf Kinder hingedeutet hätte. Für die Geo-Caches war
kindliche Neugier die gröÃte Gefahr. Verdammte Blagen. Maos Wahl fiel auf einen
schmalen Schacht, der zu einem völlig verschmutzten Kellerfenster führte, durch
das kein Hausmeister der Welt das Päckchen von innen entdecken würde. Ohne
groÃe Eile hob er das Gitter an, lieà sein Paket ins Dunkel gleiten und verschloss
die Ãffnung wieder. Das Ganze hatte nicht länger als zwanzig Sekunden gedauert,
und als er sich anschlieÃend noch einmal umblickte, konnte er niemand erkennen,
der ihn beobachtet hatte. Anhand seines GPS-Geräts notierte er die genauen
Koordinaten des Verstecks und machte sich auf den Rückweg. Mit einem Blick auf
die Uhr vergewisserte er sich, dass ihm genug Zeit blieb, noch einmal bei der
kleinen Bäckerei vorbeizuschauen. Danach würde er zum Flughafen und nach
München zu seinem Computer fahren. Er freute sich schon auf den Moment des
Sieges, wenn er die BKA-Tussi endlich am Wickel hatte.
KAPITEL 24
Stockholm, Oslogatan 3
Tag 4: Donnerstag, 10. Januar, 13:28 Uhr
Ihre 9:40-Uhr-Maschine nach Stockholm war infolge chaotischer
Verhältnisse am Pariser Flughafen mit fast einstündiger Verspätung gestartet,
sodass Solveigh erst gegen halb zwei, aber dafür gut ausgeruht bei Kommissar
Rendsons Adresse eintraf. Ãberhaupt mied sie die Fliegerei, wo es nur ging.
Nicht nur, dass sie Start und Landung nicht leiden konnte, auch der ganze
lästige Papierkram beim Reisen mit einer Waffe kostete Zeit und Nerven. Nun
stand sie verspätet, aber wohlbehalten im Stockholmer Vorort Husby vor einer
Plattenbausiedlung, die sie auf fatale Weise an ihre eigene Kindheit erinnerte.
Mit ihrem Vater, einem Arbeiter auf einer Ãlplattform in der Nordsee, und ihrer
kränkelnden Mutter war sie in Hamburg ähnlich trostlos aufgewachsen. Die
Probleme waren überall die gleichen: Halbstarke Banden hatten das Sagen, das
soziale Gefüge entsprach einem totalitären Ãberwachungsstaat. Als Kind spürte
man es weniger, aber als Jugendliche konnte man mitmachen oder rebellieren. Sie
hatte zunächst die erste Strategie ausprobiert, indem sie einem der Bandenchefs
regelmäÃig hinter den Mülltonnen einen geblasen hatte. Später hatte sie opponiert
und sich oftmals eine blutige Nase geholt. Dann die Schule geschmissen, kein
Abitur, in der Stadt abgehangen, dazu kamen die Drogen. Zum Glück hatte Eddy
sie rausgeholt, der damals noch beim Chaos Computer Club in Hamburg aktiv
gewesen war. Sie würde ihm auf ewig dankbar dafür sein, er war für sie seitdem
viel mehr als nur ihr Partner, eher eine Art Vaterfigur. Allerdings ohne all
die negativen Eigenschaften, die dieser Begriff für sie mit sich brachte. Ihr
leiblicher Vater hatte niemals Zeit für sie gehabt, während seiner Heimurlaube
von der Bohrinsel saà er lieber mit seinen Freunden in der Küche beim Skat und
schickte seine kleine Tochter Bier holen. Solveigh erinnerte sich an die Hände
seiner Herrenrunden auf ihrem Hintern, als wäre es nicht zwanzig Jahre, sondern
keine drei Tage her. Die drei Jahre auf der StraÃe, nachdem sie endlich den Mut
gehabt hatte, von zu Hause abzuhauen, hatten ihr Männerbild nicht zum Besseren
verändert. Erst Eddy hatte ihr gezeigt, dass es auch ganz anders laufen konnte.
An freien Sonntagen spielten sie oft stundenlang Schach im Park, inklusive
Picknickkorb mit Rotwein und Käse. Beinahe romantisch, dafür ohne widerliches
Gegrapsche, aber mit intelligenten Gesprächen, die Solveigh eine vollkommen neue
Welt eröffnet hatten. Beim Schach war es ihr festes Ritual, dass sie ihn in
seinem Rollstuhl zu den Figuren schob. Manchmal beeinflusste sie ihn, indem sie
ihn fast unmerklich in Richtung eines für ihn ungünstigen Zuges manövrierte.
Und obwohl sie sicher war, dass er es wusste, tat er ihr jedes Mal wieder den
Gefallen, was jedoch seine Bilanz ihr gegenüber nicht verschlechterte. Seit er
aufgehört hatte, sie gewinnen zu lassen, war
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