Operation Cyborg
blieb an der Pinwand hängen. Nach kurzem Zögern nahm er von dort ein Foto, auf dem Nina und er zu sehen waren, wie sie am Mainufer saßen – Kopf an Kopf gelehnt – jeder grinsend ein Eis in der Hand. Tom betrachtete mit zusammengekniffenen Lippen für einen flüchtigen Augenblick das Foto aus vergangenen Tagen, dann steckte er es schnell ein. Der Cyborg, der die Jacke von Tom noch in der Hand hielt, beobachtet ihn dabei neugierig, wendete sich dann aber ab und starrte stattdessen wieder aus dem Fenster.
»Entspricht deine Persönlichkeit jetzt eigentlich der von THOR?«, fragte Tom beiläufig, während er weitere notwendige Dinge aus seinem Inventar auswählte.
»Nein. Ich bin immer noch eine eigenständige Infiltrationseinheit, auch wenn eine Reihe interner Parameter durch das THOR Programm verändert wurden«, antwortete der Cyborg.
»Und wie soll ich dich von nun an nennen«, wollte Tom wissen.
Der Cyborg blickte ihn an und so etwas wie Ratlosigkeit sprach aus dem notdürftig wieder hergestellten Gesicht.
»Ich weiß es nicht«, sagte der Cyborg schließlich und wendete sich wieder dem Fenster zu. »Wir bekommen Besuch.«
*
Tom eilte zum Fenster und sah gerade noch zwei Männer durch die Haustür treten. Zum wiederholten Mal bemerkte er verärgert, wie ungünstig es doch war, daß die Haustür auch von außen zu öffnen war und jedermann Zutritt hatte. Doch diesmal war es nicht der Heini von der GEZ sondern höchst wahrscheinlich Polizeibeamte. Würden die beiden hierher wollen, dann wären sie in wenigen Augenblicken vor der Wohnungstür. Und die hatte der Cyborg vorhin mit Gewalt geöffnet.
»Tom Sanders?«, erklang es auch schon aus dem Treppenhaus.
»Was machen wir jetzt«, flüsterte Tom.
Ohne ihm zu antworten, ging der Cyborg zur Zimmertür und öffnete sie. Ein dunkelhaariger, südländisch aussehenden Mann hatte die Wohnungstür aufgestoßen und war bereits eingetreten. Augenblicklich entdeckte er den Toten. Dann fiel sein Blick auf das Mädchen in den zerfetzten Kleidern, das am Ende des Flurs ihm Türrahmen stand – und auf die Waffe in ihrer Hand.
*
»Scheiße«, stieß Toni aus und langte hektisch unter seine Jacke.
Das Mädchen hob die Waffe und legte an. Toni schaffte es gerade noch, seine Dienstwaffe aus dem Holster zu ziehen da ertönte das typische Klicken des Abzugs in der Waffe des Mädchens. Doch kein Schuß löste sich. Sie drückte ein zweites Mal ab, mit dem gleichen Ergebnis. Erneut klickte es nur. Ihre Waffe hatte Ladehemmungen!
Toni erwachte aus der kurzen Schockstarre. Er warf sich endlich aus der Schußbahn und seine linke Schulter stieß hart an die Flurwand. Dann richtete er mit beiden Händen seine Waffe aus und feuerte. Seine Kugel traf das Mädchen mitten in die Brust und sie taumelte einen Schritt rückwärts. Da erschien Lang in der Wohnungstür. Auch er hatte seine Waffe gezogen. Er nutzte den Türrahmen als Deckung indem er sich mit der Schulter eng dagegenpreßte. Mit einem Auge spähte er in den Flur um zu sehen, auf wen Toni gefeuert hatte.
»Scheiße«, zischte Toni ein weiteres Mal. Ungläubig erkannte er, daß seine Kugel überhaupt nichts ausgerichtet hatte. Das Mädchen ließ ihre Waffe fallen und setzte sich in Bewegung. Noch bevor ihre Pistole polternd auf dem Boden zum Liegen kam, war sie in irrsinniger Geschwindigkeit vorgeschnellt. Mit nur einem Satz war sie bei ihm und schlug ihm mit unmenschlicher Kraft gegen die noch immer ausgestreckten Hände mit der Dienstwaffe. Ein stechender Schmerz durchzuckte seine Handknöchel und er konnte nicht verhindern, daß ihm seine Pistole entglitt. Schon hatte ihn das Mädchen mit der anderen Hand brutal am Kragen gepackt. Spielend leicht hob sie ihn von den Beinen und schleuderte ihn durch den Flur.
Toni flog über Freds Leiche hinweg, prallte gegen die Wohnungstür, so daß sie unter lautem Getöse in die Wand dahinter krachte und schlug dann ganze drei Meter von dem Mädchen entfernt schwer auf dem Boden auf.
Lang war geistesgegenwärtig auf den Hausflur ausgewichen. Um ein Haar hätte ihn sein vorbeisegelnder Kollege wie eine Bowlingkugel umgemäht. Er hob sofort wieder die Waffe und versuchte sich erneut an der Tür in Stellung zu bringen, da legte sich eine stahlharte Klaue um sein Handgelenk und zog ihn wie eine Puppe in die Wohnung. Sein Handknöchel knackte laut. Lang stieß ein Ächzen aus. Der Schmerz war so groß, daß er augenblicklich seine Waffe fallen ließ. Schon hatte das Mädchen auch
Weitere Kostenlose Bücher