Operation Cyborg
Worte von Mikosch ab.
»Alles klar. Wir sehen uns dann morgen in meinem Büro. Ich muß jetzt sehen, wie ich die Amis weiter vertröste. Bis dann.«
Iliev legte auf. Er war müde und verspannt. Die Aktion schien gehörig in die Hose gegangen zu sein. Jetzt konnten sie nur noch zusehen, daß sie Nikolaj schnellstmöglich auftrieben um zu hören, ob er noch etwas wußte, was sie weiterbringen könnte. Viel, so glaubte Iliev jetzt, würde es ihnen aber sowieso nicht mehr helfen. Er mußte sich wohl oder übel eingestehen, daß er Severin gehörig unterschätzt hatte. Möglicherweise handelte es sich bei dem Hacker nicht um den typischen Computerfreak, sondern um einen erfahrenen Kriminellen. Das könnte es schwieriger machen, ihn für ihre Sache zu gewinnen. Oder leichter. Iliev lief wieder zu seinem Arbeitsplatz und ließ sich schwer in seinen ledernen Chefsessel fallen. Dann öffnete die unterste Schublade des Mahagonieschreibtisches. Er holte eine Flasche Kubanskaya und ein Glas hervor und goß sich ein. Er hoffte, der Wodka könne seine verdammten Magenschmerzen ein wenig lindern. Außerdem benötigte er dringend etwas, das seine Nerven beruhigte. Er leerte das Glas in einem Zug dann nahm er widerwillig den Telefonhörer und rief seine Auftraggeber in den USA an.
*
Es hatte Krieger nicht viel Überredungskünste gekostet, seinen Mitarbeitern schon den Donnerstag Nachmittag freizugeben. Um 15:35 Uhr war endlich der letzte gegangen und Krieger machte sich sofort an die Arbeiten, die er eigentlich erst für den nächsten Tag geplant hatte. Da er sich aber mittlerweile nicht mehr sicher war, ob das IT-Amt nicht bereits den Freitag nutzen würde, um seine Büros auszuräumen, war er fest entschlossen, jetzt schon loszulegen. Es paßte ihm ganz gut in den Kram, daß Schwandtner nicht da war – zumindest war er noch nicht da. Und vielleicht wäre er ja mit allem bereits durch, bevor dieser hier auftauchte.
Krieger setzte sich vor sein Computer und loggte sich ein. Er war nun der einzige Nutzer ihrer Revisionsverwaltung namens PVS. Konzentriert gab er in einem Terminalfenster mehrere Befehlszeilen ein und bestätigte jeweils mit der 'Enter' Taste. Die letzte Befehlszeile, die er eingab tippte er langsam und sorgfälltig:
RELEASE -A -V -END:P ' DEV SEC_CEL' -SHIFT ' DEV CORE'
Dann kreiste sein Finger für einen kurzen Augenblick über 'Enter', schließlich schloß er die Augen und drückte die Taste. Was folgte war ein nicht enden wollender Strom an Datenzeilen, die das Terminalfenster sofort füllten. Skeptisch blickte Krieger auf den über den Bildschirm schwirrenden Zeichensalat. Ob er das Richtige getan hatte?
Fast 15 Minuten starrte er auf seinen Bildschirm. Er war sich nicht sicher, wie lange die eingeleitete Prozedur dauern würde, aber offensichtlich zog sich das ganze noch eine Weile hin. Kurzentschlossen griff er zum Telefonhörer und wählte eine Nummer.
»Hier ist der automatische Telefonsklave von Stefan Schwandtner. Wenn ihr mir wirklich, wirklich was Wichtiges zu sagen habt, dann hinterlaßt es auf dem Band. Ab jetzt.« Ein Piepston beendete die infantile Ansage auf Schwandtners Anrufbeantworter.
»Schwandtner, sind Sie da? Krieger hier«, sprach Krieger auf das Band. »Wenn Sie das hören, klingeln Sie mich doch bitte mal im Amt...« Weiter kam er nicht, denn jemand unterbrach die Aufzeichnung, indem er den Hörer abnahm.
»Ja?« Krieger erkannte Schwandtners Stimme.
»Stefan? Sie sind ja doch da«, sagte Krieger gleich in den Hörer. »Ist alles okay bei Ihnen. Hat der ADAC ihren Wagen abschleppen müssen?«
»Es ist alles in Ordnung«, antwortete Schwandtner.
»Hören Sie, wir sollten uns nicht im Amt treffen. Bin gerade dabei hier die Lichter auszuschalten. Die anderen habe ich schon nach Hause geschickt«, brachte Krieger sein Anliegen gleich auf den Punkt.
»Nicht im Büro, verstanden«, wiederholte Schwandtner. »Wo werden wir uns treffen?«
»Gibt es denn wirklich noch so etwas Wichtiges zu besprechen? Können wir das nicht nachher im 'Bäreneck' noch machen, wenn wir uns mit den anderen treffen?«, fragte Krieger ein wenig genervt. Der Junge ließ nicht locker.
»Es ist wichtig, daß wir uns treffen«, sagte Schwandtner.
»Na schön. Äh«, Krieger dachte nach. »Okay, passen Sie auf. Wir treffen uns um Fünf in der Florinskirche. Sie wissen schon, wo ich gelegentlich bin, wenn ich von euch Banausen mal eine Auszeit brauche.«
»Fünf Uhr, Florinskirche. Ich habe verstanden«,
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