Operation Cyborg
ich kenne, lasse ich auch zurück. Da ist es normal, daß ich 'emotional ergriffen' bin, wie du es vielleicht ausdrücken würdest.« Er machte eine kurze Pause, dann schob er nach: »Und jetzt laß uns nach Koblenz fahren.«
»Ich kann dein Freund sein«, sagte Jazz und blickte ihn mit ihren großen hellblauen Augen an.
Herr'je, dachte Tom und startete den Wagen.
»Eine Freundschaft ist vielleicht nicht so kompliziert wie die Liebe, aber ich bin mir nicht sicher, ob eine Maschine verstehen kann, was es heißt, Freunde zu sein«, sagte Tom während er den Wagen aus der Parklücke manövrierte.
»Aber ich könnte versuchen, es zu verstehen. THOR ist in der Zukunft auch so etwas wie dein Freund«, entgegnete Jazz.
Tom war erstaunt über diese Worte. Eine KI zählte zu seinen Freunden? Und was wußte Jazz darüber? Er fragte sich, wieviel von THORs Wissen und Persönlichkeit wohl in ihr steckte.
»Wir werden sehen, Jazz. Zu Freundschaft gehört Vertrauen. Und ich weiß noch nicht so genau, woran ich bei dir bin«, sagte Tom.
»Mir geht es mit dir genauso, Tom. Ich habe vorher noch nie mit Menschen auf diese Weise zu tun gehabt«, erwiderte sie und sah aus dem Seitenfenster auf die vorbeihuschende Straße.
Klar, dachte Tom. Die mit denen du zu tun hattest, waren zu schnell tot gewesen. Er unterließ es jedoch, diese bissige Bemerkung laut auszusprechen.
»Auf welche Weise«, fragte er stattdessen.
»Auf emotionaler Ebene«, antwortete sie, ihren Blick immer noch auf die Straße gerichtet.
»Hmm«, entgegnete Tom nachdenklich, dann mischte sich eine weitere Stimme in ihre Unterhaltung ein.
»Jetzt rechts abbiegen«, sagte die Stimme aus dem Navigationsgerät und das Gespräch zwischen Tom und Jazz war zunächst beendet.
Tom hing während der Fahrt seinen Gedanken nach. Er dachte an Nina und daran, wie sehr er sie vermissen würde. Er dachte an Leon. Und an einige seiner Kommilitonen und sogar an Lohmeier, der sicher tobte, daß Tom tot war und ihm nun mit dieser neuerlichen 'Ausrede' die versprochene Hausarbeit und das Referat vorenthielt. Naja, vielleicht trauerte ja sogar Lohmeier auch ein wenig um ihn. Wer weiß?
Freundschaft mit einem Cyborg, kam Tom plötzlich in den Sinn. Sie umfuhren gerade den Vordertaunus und das Navigationsgerät lotste sie in Richtung Limburg. Verrückt, dachte er und blickte kurz zu Jazz. Doch sie schaute immer noch aus dem Seitenfenster. Was sie sah und wahrnahm konnte er sich nicht vorstellen. Ob auch sie grübelte – ihren Gedanken nachhing? Konnte sie das? War das überhaupt sinnvoll für eine KI, oder nötig? Vielleicht war sie gerade auf Standby und ihr Display und das HUD abgeschaltet. Tom stellte sich einen schwarzen Bildschirm vor, unter dem nur ein schwache rote LED blinkte und mußte ein wenig in sich hineinlachen. Dann kam ihm wieder der Gedanke an Nina und seine Laune verdüsterte sich abermals.
*
»Wie sieht's aus Mikosch?«, fragte Iliev nervös in den Telefonhörer. »Immer noch nichts? Was soll das heißen? Du hast noch nichts von Nikolaj gehört.«
Iliev wischte sich mit dem Handrücken über seine schweißglänzende Stirn. Gebannt lauschte er den Worten von Mikosch.
»Er war also in der Bank wo das Geld abgehoben wurde. Und ist dann jemandem gefolgt? Und seitdem hast du keinen Kontakt mehr zu ihm? Das verstehe ich nicht.«
Geduldig wartete er die Erläuterungen von Mikosch ab, ehe er wieder sprach.
»Ja das denke ich auch. Nikolaj würde uns nicht hintergehen. Das würde er niemals wagen. Und ich glaube auch kaum, daß irgendein verpickelter Hacker Gewalt gegen Nikolaj anwenden würde und vor allem könnte. Da muß irgendetwas anderes passiert sein.«
»Was war denn jetzt mit dem Video?«, fragte Iliev nach einer weiteren Pause. »Wie, nichts? Wollen die mehr Geld dafür. Schüchtere sie doch ein wenig ein.«
»Ach so, du hast das Video schon gesehen?« Iliev stand auf und ging mit dem Hörer am Ohr zum Fenster.
»Hmm ... also die Person ist nicht richtig zu erkennen. Eine Frau mit einem Verband am Arm? Und sie wußte genau, wo die Kameras hängen. Ich sehe schon, das bringt uns nicht weiter. Sage deinen Leuten, sie sollen die Krankenhäuser abklappern. Vielleicht hatte Nikolaj einen Unfall.«
»Was? Nein, ich fürchte, wir werden die Dienste von Severin noch einmal in Anspruch nehmen. Und dann gehen wir cleverer vor. Der Typ scheint was drauf zu haben, das wissen wir jetzt. Nochmal geht er uns aber nicht durch die Lappen.«
Wieder wartete Iliev die
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