Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
gedeckten Dächer hell vom grauen Stein des Tempels ab. Das Relief zeigte ein Gesicht – Weston.
Er blieb neben ihr stehen und betrachtete sein Abbild. »Ein bisschen grob gearbeitet, aber gut getroffen, finden Sie nicht? Sie haben gerade erst begonnen, ihre Kultur neu zu entdecken, doch ihre künstlerischen Fähigkeiten …« Weston sah ihr in die Augen. »Ihre künstlerischen Fähigkeiten scheinen angeboren zu sein.« Er öffnete die Tür, hob die Pistole und sagte: »Da rein.«
Sara gehorchte.
Sie gelangte in einen kreisförmigen Raum, der teils heiliger Tempel, teils Junggesellenbude zu sein schien – Westons »Zweitwohnung« wahrscheinlich. Licht strömte durch kreisförmige Lüftungsöffnungen in der Decke. Sie bemerkte, dass die Kammer eine miniaturisierte Version der großen Höhle draußen war. Sie verfügte sogar übereinen Kristalllüster, der das Licht reflektierte und im Raum verteilte.
In der Mitte unter dem Kristallleuchter befand sich eine Feuergrube. Die umlaufende Wand war mit mehreren antiken Reliefs verziert, die Menschenopfer, Geister und seltsame Rituale darstellten. Saras Blick blieb an einer Szene hängen, in der mehrere männliche Neandertaler eine menschliche Frau auf einen Altar niederdrückten. In dem Moment glaubte sie zu begreifen, womit die Neandertaler sich den Hass der Menschen zugezogen hatten. Vor tausenden von Jahren mussten sie viel »menschlicher« gewesen sein als die Gruppe, die sie kennengelernt hatte. Behaarter vielleicht, aber nicht annähernd so stark. Ein hyperevolutionärer Sprung hatte vermutlich während der Zeit der Isolation für diese Veränderung gesorgt. Doch böse und tückisch schienen sie schon vorher gewesen zu sein, hatten eine dunkle Form der Magie praktiziert, Menschen geopfert, dunkle Rituale vollzogen. Vielleicht heimlich zuerst, dachte sie, aber man muss ihnen auf die Schliche gekommen sein . Und der entsetzte Homo sapiens reagierte auf die Art, die er am besten beherrschte – mit Mord.
Sie wandte sich von dem Relief ab und erblickte ein modern aussehendes Bett. Es war aus Holz und mit einer handgefertigten Matratze bedeckt. Weston schnallte den Gürtel mit Messer und Pistole ab und legte ihn darauf. Ein roter Striemen an seiner Hüfte zeigte, dass der Gürtel zu eng eingestellt war. Er setzte sich und ließ den Blick über die Szenen an den Wänden wandern. »Bevor ich das hier entdeckt habe, dachte ich, die Neandertaler wären Opfer der menschlichen Dummheit und Gewalttätigkeit geworden. Aber dieser Raum hat mir die Augen geöffnet. Sie haben der Menschheit schreckliche Dinge angetan. Schwere Verbrechen. Und sie haben dafür bezahlt.«
»Warum beschützen Sie sie dann?«
»Haben wir am Ende des Zweiten Weltkriegs alle Nazis getötet? Haben wir weiter Atombomben auf Japan abgeworfen? Natürlich nicht. Wir halfen ihnen beim Wiederaufbau. Sie hatten einen Fehler begangen und dafür Prügel bezogen. Aber die Neandertaler bekamen nie die Chance, ihre Fehler wiedergutzumachen.«
»Und jetzt schon, meinen Sie? Indem Sie zulassen, dass die menschliche Rasse ausstirbt?«
»Das ist nicht meine Schuld!« Weston kam wieder auf die Füße und lief erregt auf und ab. »Das tut sich die Menschheit selbst an.«
»Wie praktisch für Sie.« Sie schüttelte die Fäuste. »Geben Sie mir einfach das Heilmittel und lassen Sie mich gehen!«
Weston hielt inne, überrascht von ihrem Ausbruch. Einen Augenblick lang betrachtete er sie mit neuen Augen, so, wie er King angesehen hatte. Als Bedrohung. »Ich fürchte, Sie hätten keine Chance, das Heilmittel auf meine Art zu empfangen.«
Sara überlegte, was das heißen sollte. Rekapitulierte, was sie über Westons Zeit im Dschungel wusste. »Von den alten Müttern.« Sie legte sich die Hand vor den Mund, als ihr die Wahrheit aufging. »Es ist eine Geschlechtskrankheit?«
»Das ist eine abstoßende Bezeichnung für die Übertragung durch Blut, aber im Wesentlichen korrekt. Es ist jedenfalls eine der Arten, wie man sich anstecken kann. Ich konnte natürlich die Wirkungsweise nicht im Detail studieren.«
»Etwas wird übertragen«, meinte Sara, jetzt voll auf das Brugada-Heilmittel konzentriert statt auf den ranzig riechenden Mann neben ihr. »Höchstwahrscheinlich einVirus, das die DNA verändert und die Gene lahmlegt, die Brugada zum Killer machen. Das ist wirklich außerordentlich. Eine Vogelgrippe überträgt das aktive Gen, und ein zweites Virus schaltet es wieder ab. Virale Konkurrenz.«
»Interessant. Die
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