Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
beschäftigt war, musste Boucher über das Team wachen.
Ein Klopfen riss ihn aus seinen Überlegungen. Die Tür ging auf, und Boucher trat ein, die Lippen unter dem Schnurrbart grimmig verzogen. Etwas war schiefgegangen.
Boucher setzte sich auf eines der beiden Sofas in der Mitte des Oval Office. Es stand dem zweiten genau gegenüber, auf der anderen Seite des nach Duncans Wahl per Hand in den dunkel olivgrünen Teppich eingenähten Präsidentschaft-Siegels. Er hatte nicht viel mit Raumausstattung im Sinn, aber das hatte einfach sein müssen, als er das Amt antrat. Nicht jeder Präsident ging so vor, doch sein Vorgänger hatte eine Vorliebe für texanisches Sonnenbraun und Cowboyromantik gehabt, bei der Duncan die Haare zu Berge standen. Dem Innenarchitekten hatte er nur ein Stichwort gegeben: Stärke. Beim Anblick des Teppichs hatte Duncan dann nur gelächelt und genickt. Der Innenarchitekt hatte seine Hausaufgaben gemacht und dasselbe Grün gewählt, das die Uniform der US Army Rangers zierte. Inzwischen fühlte sich Duncan im Büro einigermaßen zu Hause, aber gegen seine Sehnsucht nach den guten alten Tagen kam er nicht an.
Duncan nahm Boucher gegenüber Platz und beugte sich vor. »Sie wirken nicht gerade glücklich, mein Alter.«
»Das wird Ihnen gleich genauso gehen«, erwiderte Boucher, während er einen kleinen, ultradünnen Laptop aufklappte. Der Bildschirm leuchtete auf und verlangte ein Passwort. Boucher tippte es ein, während er weitersprach. »Wissen Sie, Ihre Ärzte würde der Schlag treffen, wenn sie wüssten, dass ich Ihnen das Zeug hier zeige. Sie sollen sich nicht aufregen.«
»Meine Ärzte können sich sonst wo hinscheren«, meinte Duncan. »Ich hatte schließlich keinen Herzinfarkt. Ich bin immer noch in Bestform.«
»Bis auf die Tatsache, dass Sie jeden Moment tot umfallen könnten.«
Duncan grinste gehässig. »Genau wie Sie.«
Boucher war einer der Ersten gewesen, die denPräsidenten nach seinem Nahtoderlebnis besucht hatten. Dank eines feuchten Händedrucks war er auch einer der Ersten, die sich mit der Krankheit angesteckt hatten. Daher stand er jetzt zusammen mit etwa zweihundert anderen im Weißen Haus unter Quarantäne. Sie übernachteten am Schreibtisch oder wechselten sich in Lincolns Schlafzimmer ab. Für die Außenwelt waren das Weiße Haus und die Regierung noch voll funktionsfähig. Mit Hilfe eines Kaders von falschen Pendlern, die morgens zur Arbeit zu kommen und am Abend wieder zu gehen schienen, ohne das eigentliche Weiße Haus je zu betreten, hofften sie, den Ernst der Lage so lange wie möglich verschleiern zu können.
Boucher kratzte sich die noch nicht ganz verheilte Wunde, wo ihm der Kardioverter-Defibrillator eingesetzt worden war. »Erinnern Sie mich nicht daran.« Er drehte den Laptop zu Duncan herum.
Die Satellitenaufnahme eines endlosen grünen Blätterdachs tauchte auf, in dem nur wenige hellere Flecken auf Lichtungen zwischen den Bäumen wiesen. »Was sehe ich da, Dom?«
»Vietnam. Die annamitischen Kordilleren. Wir wussten, dass es nicht viel zu sehen geben würde, aber wir haben es trotzdem versucht. Dies ist eine Zusammenstellung von Fotos, die innerhalb einer halben Stunde aufgenommen wurden. Die kleine Lichtung im Zentrum ist das Dorf Anh Dung, von wo aus unserer Ansicht nach die neue Form von Brugada ausging. Sie müssen ziemlich weit hineinzoomen, um Details zu erkennen.«
Mit Hilfe des Touchscreens zoomte der Präsident auf das, was wie ein kleiner brauner Fleck in einem Meer von Dunkelgrün aussah. Pixel lösten sich auf, und ein scharfes Bild trat hervor. Das Dorf Anh Dung, gesehen aus der Erdumlaufbahn. Dem Präsidenten stockte der Atem, als erdie Leichen sah. Er zoomte noch näher und seufzte erleichtert auf. Es war niemand aus seinem Team. Aber Dorfbewohner … eine Menge Dorfbewohner. Irgendetwas Furchtbares war vorgefallen. An der Farbe der Blutflecken und den hohlen Gesichtern der Opfer erkannte er, dass die Schlächterei schon ein paar Tage zurücklag. »Was ist da geschehen?«
Boucher kratzte sich die stoppelbärtige Wange. »Unsere Forensiker glauben, es handelt sich um einen Angriff von Tieren. Sie haben mehrere Klauen- und Bisswunden als Beleg dafür ausgemacht. Aber in meinen Ohren klingt das verdächtig.«
Duncan nickte. Tiere löschten nicht ganze Dörfer aus. Menschen taten das.
»Wir wissen nicht, ob das Team hier durchgekommen ist, aber …«
»Doch, sie waren da.«
Bouchers lange Nase zuckte. »Woher wollen Sie das
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