Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
das rote Funkellicht des Krankenwagens mal der Aufmerksamkeit eines Fahrers entging, okay, doch mit heulender Sirene und Hupe gelang es Jeff normalerweise, die meisten an den Fahrbahnrand zu treiben.
Nicht diesen Witzbold.
Der Krankenwagen schoss links an dem schwarzen SUV vorbei. Ayers gab Vollgas und zog vor dem anderen Wagen wieder scharf nach rechts. Sein plötzliches Auftauchen musste den Fahrer des SUV erschreckt haben. Er bremste mit blockierenden Reifen und drehte sich zweimal. Er kam erst zum Stillstand, als er mit dem Heck einen kleinen Sportwagen rammte.
Im Außenspiegel sah Ayers den Fahrer des SUV aussteigen und die Faust schütteln. Der Mann würde es überleben. Mit der Frau, die zwei Blocks weiter ohne Puls auf dem Bürgersteig lag, sah es nicht so gut aus.
Die Sonne war noch nicht hinter dem Kapitol versunken und es hatte bereits drei Todesfälle gegeben. Bei den ersten beiden war er zu spät gekommen. Unmöglich, sie wiederzubeleben, die Todesursache war unklar. Abgesehen von den Sturzverletzungen schienen sie bei bester Gesundheit gewesen zu sein. Und beide waren jung.
Der aktuelle Notruf lag erst wenige Minuten zurück. Eine Frau, grauhaarig, Krampfadern, war vor einem Drugstore umgekippt. Gleich drei Leute hatten die 911 angerufen. Ayers hatte gerade eines der früheren Opfer im Leichenschauhaus abgeliefert. Entschlossen, nicht noch ein Rennen gegen den Tod zu verlieren, schaltete er die Sirene ein und gab Gas.
Verschwommen glitten kleine Läden und geparkte Autos an ihm vorbei. Er hielt angestrengt Ausschau nach einem Menschenauflauf. Es kam immer zu einem Menschenauflauf.
In einer Lücke zwischen der Kette von Läden rechts öffnete sich ein Parkplatz. Er sah das CVS-Schild einer Apotheke und eine kleine Gruppe von Leuten, die sich darunter versammelt hatten, die Blicke auf den Boden gerichtet. Eine kleinere Gruppe als sonst. Dann fiel ihm ein, dass das Opfer ja alt war. Bei Älteren gab es weniger Schaulustige.
»Fertigmachen«, rief Ayers seinem Partner David Montgomery zu, der hinten saß. Sie waren seit fünf Jahren ein Team und hatten während dieser Zeit viele Leben gerettet – und verloren. Er bog auf den Parkplatz ab, bremste sanft und hielt drei Meter von der Gruppe entfernt an.
Der Schalthebel stand kaum in Parkstellung, da sprangen auch schon die hinteren Türen und die Fahrertür des Krankenwagens auf. Ayers war dem Geschehen am nächsten. »Aus dem Weg«, rief er.
Die Leute wichen langsam zur Seite, wie betäubt und mit großen Augen, als wären sie in Trance. Ayers kannte den Blick. Sie hatten einen Menschen sterben sehen. Vielleicht eine Frau, die vor ihnen in der Schlange an der Kasse gestanden und ewig gebraucht hatte, bis sie mühselig das Geld genau abzählte. Und jetzt war sie tot, ein Abbild ihrer eigenen Sterblichkeit und Schwäche. Dieses Gefühl hatteAyers schon lange hinter sich gelassen, weil er im Unterschied zu diesen Leuten Menschen von den Toten zurückholen konnte.
Wenn er rechtzeitig kam.
Er ließ sich auf die Knie fallen und fühlte den Puls der alten Frau. Nicht vorhanden.
»Elektroden!«, schrie er Montgomery zu, der eine Bahre auf ihn zurollte.
Montgomery ließ die Bahre stehen und stürzte zurück in den Krankenwagen. Mit einem tragbaren Defibrillator tauchte er wieder auf.
Ayers riss die hellblaue Bluse der Frau auf, dass Knöpfe abplatzten und in die Reihen der Schaulustigen flogen. Ohne Zögern öffnete er den vorne verschlossenen BH und entblößte ihre schlaffen Brüste. Er streckte die Hände nach den beiden Paddles aus, die sein Partner schon bereithielt.
»Lädt«, sagte Montgomery.
Ayers hielt die Elektroden über der Brust der Frau, während er wie von fern die Kommentare der Umstehenden hörte.
»Können die sie wirklich zurückholen?«
»Ausgeschlossen.«
»Es ist zu lange her.«
»Was war eigentlich mit ihr los?«
»Geladen!« Montgomerys Stimme, lauter als die der anderen, war das Signal für Ayers.
»Wegbleiben!«, schrie er, dann presste er die Elektroden auf die Haut, eine links oberhalb des Herzens, die andere rechts unten. Der Schock kam schnell und durchzuckte den ganzen Körper der alten Frau. Ihr Rücken bog sich durch, und für einen Sekundenbruchteil flog sie in die Luft. Dann lag sie wieder reglos auf dem Rücken.
Da noch kein Herzüberwachungsgerät angeschlossenwar, musste Ayers die Paddles wieder Montgomery geben und den Puls der Frau fühlen.
Er spürte das leise Zucken eines Herzschlags unter den
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