Operation Ocean Emerald
seinem Sohn nur so ein großmäuliger Idiot geworden?
»Ist Gabriela in der Nähe?«
»Die zieht sich gerade in der Piano-Bar einen Liedtext rein. Ist angeblich so wahnsinnig kompliziert.«
»Sprich nicht in diesem Ton über sie«, sagte Lownie streng und stand auf. »Versuch dich wenigstens einmal anständig zu benehmen. Ich muss ins Büro.«
Lownie senior wäre am liebsten zu Hause geblieben, hätte sich unter der Decke verkrochen und ganz Emerald Cruises vergessen, aber das ging leider nicht. Die Zukunft des Unternehmens hing jetzt von der Barmherzigkeit der Banker ab.
12
Aaro lag auf dem Kabinenboden auf dem Bauch; man hatte ihn mit Handschellen an einen Bettpfosten gefesselt. Der cremefarbene Teppichboden war dick und weich wie ein Rasen. Durch die offene Tür hörte Aaro Stimmen aus dem anderen Zimmer der Suite, aber einzelne Wörter konnte er nicht verstehen.
Der Schock und die Angst machten ihn unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Er nahm sich vor, nie wieder ein Schiff zu betreten, falls er jemals lebendig von der Ocean Emerald herunterkäme.
Er sah, wie Juliette in dem anderen Zimmer etwas in eine Art Sporttasche packte. Was hatten sie vor?
Der Klingelton seines Handys ließ ihn erstarren. Er ballte krampfhaft die Fäuste, wohl wissend, dass er nicht in der Lage war, den Anruf entgegenzunehmen. Die Handschellen hielten seine Handgelenke fest im Griff, während immer lauter und quälender »Are You Dead Yet?« von
Children of Bodom
aus dem Telefon drang.
Aus dem Nebenraum kam der braun gebrannte Mann mit der Sonnenbrille und dem teuer wirkenden Halstuch aus Seide herüber.
»Wer ruft dich da an?«, fragte er schroff und blieb neben Aaro stehen.
»Woher soll ich das wissen? Meine Hände sind so gut wie abgestorben. Machen Sie die Handschellen auf …«
»Erwartest du einen Anruf?«
Aaro überlegte eine Sekunde. »Ja. Mein Vater ruft an, weil er mich vom Schiff abholen will.«
Nun trat auch Juliette hinzu. »Der Junge lügt. Mir hat er erzählt, er würde mit dem Bus nach Hause fahren.«
Der gefühllose Blick der Frau sorgte dafür, dass sich Aaros Atem beschleunigte.
Tut … tut … tut …
Warum meldete sich Aaro nicht? Niko wunderte sich, während er mit einem Auge verfolgte, was auf der Mattscheibe passierte.
Auf einmal änderte sich das Tuten. Nun hörte man das Besetztzeichen.
Niko starrte auf sein Handy. Sich nicht zu melden, war überhaupt nicht Aaros Art. Vielleicht steckte er in harten Verhandlungen über den Finderlohn. Niko bereute es, nicht mitgekommen zu sein. Seine Erfahrung wäre vielleicht nützlich gewesen. Oder es war genau umgekehrt und die Geldbörse öffnete sich einem kleinen Bengel viel leichter.
Niko kam wieder die unschöne Episode im Auto von Aaros Vater in den Sinn. Niko hatte echt Schiss gehabt, aber Timo Nortamo hatte sich beherrscht und alles ruhig durchgesprochen. So ein erfahrener Exbulle musste sicheben im Griff haben. Und Niko hatte sich ziemlich geschämt. Was war in dem Plattenladen eigentlich in ihn gefahren? Aaro war ein echter Freund, genauer gesagt der einzige, auf den er sich verlassen konnte. Niko beschloss, den miesen Streich, den er Aaro gespielt hatte, wiedergutzumachen.
Er versuchte, sich auf den Film zu konzentrieren, aber der gescheiterte Anruf ließ ihm keine Ruhe.
Philippe Delacroix legte noch ein Handtuch auf den Sprengsatz in Juliettes Sporttasche und machte den Reißverschluss zu. Wegen des Jungen hatte er sich entschieden, den Beginn der Operation um eine Stunde vorzuverlegen. Sobald das Schiff die finnischen Hoheitsgewässer verließ, würden sie loslegen.
Aber sie mussten sich darauf gefasst machen, dass der Junge schon früher gesucht wurde. Dann würde sich die Aufmerksamkeit auf die Frau mit dem französisch klingenden Namen richten.
Juliette warf sich die Tasche über die Schulter. Sie wirkte angespannt, aber Delacroix verließ sich felsenfest auf sie. In ihrer Jugend hatte sie eine Menge Einbrüche verübt, sie hatte vier erfolgreiche Raubüberfälle hinter sich und außerdem hatte sie zusammen mit Delacroix eiskalte Kunstdiebstähle in den bestgeschützten Museen und Privatsammlungen der Welt durchgeführt. Solche Aktionen fielen nicht jeden Monat an, sondern nur ein, zwei Mal im Jahr. Qualität statt Quantität, lautete die Devise. Auch Juliettes Schwester hatte in den letzten Jahrenan verschiedenen Operationen teilgenommen und auch diesmal war Eva auf ihre Art beteiligt.
Mit der Tasche über der
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