Operation Ocean Emerald
junior.
43
Aaro war von dem Anblick so schockiert, dass er fast in den Abgrund hinter sich gestürzt wäre.
Max zog seine Hosen hoch und legte Delacroix die speckige Pranke auf die Schulter. »So redet ein Mann, der sich für verschimmelte, tote Gegenstände interessiert. Warum sind die deiner Meinung nach so kostbar? Die Musik ist die einzige Kunstgattung, die einen Wert hat!«
»Du verstehst nichts von Geschichte«, entgegnete Delacroix verächtlich. »So eine Gelegenheit bietet sich einem Sammler nur einmal im Leben, wenn überhaupt … Unter anderem ist eine fünfeinhalbtausend Jahre alte Alabasterskulptur darunter, die Mona Lisa der Sumerer.«
»Dafür kannst du uns Amerikanern dankbar sein«, knurrte Max und wies auf den Bodyguard, der an der Wand im Schatten stand. »Ihr Europäer seid uns ewig zu Dank verpflichtet. Auch in diesem Fall. Ohne den Krieg im Irak wären die Skulpturen nie auf den freien Markt gekommen. Wir Amerikaner haben den Räubern freie Hand gegeben, die jetzt die Schätze aus den Museen Bagdads an ehrliche Sammler wie dich verkaufen.« Max lachte höhnisch und fuhr fort: »So ist das. Bei allem. Ohne uns wärt ihr nichts.«
»Jetzt vergisst du aber, wo ihr selbst herkommt«, sagte Delacroix. »Aus Europa.«
»Das gute alte Europa, der Kontinent der Kriege und der Zerstörung«, dichtete Max mit boshaftem Unterton. »Aber wir sind Kompagnons, ob wir das wollen oder nicht. Du bekommst die Mittel für die geraubten Kunstschätze aus dem Irak und in meine Taschen werden bald die Versicherungszahlungen für das miese Schiff meines Vaters fließen. Weißt du, alles in allem sind wir uns doch ziemlich ähnlich …«
Es klopfte scharf an der Tür. Max’ Helfer reagierte mit einer misstrauischen Bewegung. Juliette trat ein, gefolgt von einer Frau, die rot war und außer Atem. Aaro hatte sie nie zuvor gesehen. Sie begrüßte Delacroix und reichte ihm einen kleinen silbernen Aluminiumkoffer.
»Danke, Eva.«
Delacroix legte den Koffer feierlich neben einem Weinglas auf den Tisch und ließ die Schlösser aufschnappen. In dem Koffer kam ein prall gefüllter Stoffbeutel zum Vorschein, den Delacroix in die Höhe hob.
»Unser Geschäft ist nun besiegelt«, sagte er, öffnete die Schnüre des Beutels und nahm eine Handvoll glitzernder Edelsteine heraus. »Für dich das Geld von der Versicherung und die Hälfte der für das Lösegeld gekauften Diamanten.«
»Ich habe doch gesagt, dass wir uns ähnlich sind«, brummte Max. »Auch du kannst Diamanten nicht widerstehen.«
»Aus den Diamanten mache ich mir nichts, sondern aus dem, was ich dafür bekomme.«
Ein gemeines Grinsen machte sich auf dem Gesicht von Max breit. »Ich verstehe vielleicht nichts von Kunst, aber du hast keine Ahnung, was wirkliche Reichtümer sind. Die sind zu kostbar für dich.«
Delacroix’ Gesicht nahm einen misstrauischen Ausdruck an. »Was meinst du damit?«
»Du hast zu viel Vertrauen. Warum sollte man einem Gangster gegenüber ehrlich sein?«
Während er das sagte, gab Max seinem Bodyguard ein Zeichen. Dieser brachte im Handumdrehen eine leichte Uzi-Maschinenpistole zum Vorschein und gab eine knatternde Salve auf Delacroix ab. Die Kugeln zischten knapp rechts und links an dem Franzosen vorbei.
Aaro erschrak vor dem Fenster und wäre ein zweites Mal fast in die Tiefe gefallen. Juliette warf sich auf den Boden, während die chinesische Vase zersplitterte.
Max näherte sich dem ebenfalls am Boden liegenden Delacroix.
»Dein Leben befindet sich jetzt in meiner Gewalt«, sagte Max mit einem blödsinnigen Grinsen. »Was meinst du? Soll ich dich töten?«
Delacroix lag regungslos da und schwieg.
»Du hast eine anständige Einstellung, aber für einen Gangster bist du zu blauäugig«, sagte Max weiter und schnappte sich den Beutel mit den Diamanten. »Ich habe geglaubt, du kapierst, dass in dieser Branche die Verträge immer wieder neu geschrieben werden, je nachdem, wer die Waffe in der Hand hält. Bob, fessle sie!«
Max’ Helfer nahm ein Bündel Handschellen vom Gürtelunter seiner Jacke und legte sie der Reihe nach Delacroix, Juliette, Helmut und jener Eva, die die Diamanten gebracht hatte, an.
Max lächelte mitleidig auf Delacroix herab. »Es wird dich natürlich ärgern, dass die ganze Mühe vergebens war. Nimm das Ganze einfach als ein besonderes Erlebnis.«
Aaro stand mit pochendem Herzen vor dem Fenster. Was sollte er tun? Was wäre das Klügste? Warten, bis Max mit den Diamanten verschwunden war?
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