Operation Overkill
er den Verkehr in Richtung Westen beobachten wollte.
Richter warf einen Blick auf seine Uhr. Zehn vor neun. Genau zur rechten Zeit. Um fünf vor neun sah er den dunkelgrünen XJ6 und die dunkle Gestalt am Steuer. Im Moment achtete er aber weniger auf ihn als auf die Autos dahinter. Ein grüner Rover setzte zum Überholen an. Den konnte er ausklammern, aber sieben weitere kamen noch in Frage – zwei Ford Orion, ein alter Metro, ein hellblauer Transit (ein von Be-schattern bevorzugter Typ, weil man damit überall halten konnte, ohne allzu viele Fragen beantworten zu müssen), ein Renault Laguna und zwei BMW, ein Dreier und ein Fünfer.
460
Richter wandte sich an Bentley. »Auf geht’s, David.
Und wenn wir auf der Autobahn sind, kannst du auch ein bisschen aufdrehen.«
»Jederzeit. Ich fahre nicht gern achtzig.«
»Das habe ich schon gemerkt.«
Sie schlossen rasch auf, und kurz vor Anschlussstelle neun hatte Richter zunächst den 325er BMW ausge-klammert, weil er den Jaguar überholte, und dann den Orion, der in einer Dampfwolke auf dem Bankett stehen blieb. An der Ausfahrt bogen der Transit und der Fünfer-BMW ab und fuhren ebenso wie Richter und Bentley in Richtung Norden, zur A4. Damit waren nur noch der zweite Orion, der Metro und der Renault hinter dem Jaguar.
Richter erklärte Bentley, dass er noch einmal anhalten und die Karte zurate ziehen sollte. Sie hielten auf der Überführung in Richtung Norden, sodass er den Verkehr in Richtung Osten im Auge hatte, und warteten auf den Jaguar. Um zwanzig vor zehn tauchte er wieder auf. Richter wartete, bis er davon überzeugt war, dass ihn keines der drei Autos verfolgte, die vorhin hinter ihm gefahren waren. Erst dann wandte er sich an Bentley und sagte ihm, er solle den Motor anlassen.
Sie fuhren auf die Autobahn und hielten sich etwa eine Meile hinter dem Jaguar. Richter achtete nach wie vor auf sämtliche Fahrzeuge vor und hinter ihnen, aber als sie sich Anschlussstelle vier näherten, dem Abzweig nach Heathrow, hatte er nur zwei entdeckt, die in Frage kamen – einen VW Passat und einen Re-461
nault Safrane, die sich bei Anschlussstelle sechs zwischen dem XJ6 und dem Saab eingefädelt hatten.
Richters Handy klingelte, als sie Anschlussstelle vier passierten. »Ja?«
»Simpson. Sitzen Sie in einem roten Saab?«
»Ja.«
»Gut.«
Die Verbindung wurde unterbrochen. Bentley schaute Richter fragend an. »Das war der Mann, mit dem ich mich treffen will«, sagte Richter. »Er hat uns bemerkt, aber ich glaube, er hat keine anderen Verfolger entdeckt.«
Kurz vor der Raststätte Heston setzte der Fahrer des Jaguar den linken Blinker, und Richter sah, wie die beiden anderen Autos in Richtung London weiter-fuhren. »Gut, David«, sagte er. »Ich glaube, die Luft ist rein. Bieg ab und park irgendwo, wo wir den Jaguar sehen, aber sofort auf die Ausfahrt stoßen können, falls die Gegenseite schlauer sein sollte, als ich dachte.«
Sie fuhren bis zur hinteren Reihe. Richter sah, wie Simpson aus dem Jaguar stieg und zur Cafeteria ging.
Er wühlte in seiner Tasche herum, als suche er Kleingeld. Ein gutes Zeichen, mit dem er Richter andeuten wollte, dass er außer dem roten Saab keinerlei Verfolger entdeckt hatte.
Richter und Bentley blieben im Saab sitzen und achteten darauf, ob irgendeines der Autos auftauchte, die sie zuvor gesehen hatten. Als Simpson wieder herauskam, hatte Richter immer noch keinen Schatten ent-462
deckt. Um zehn Uhr achtzehn wandte er sich an Bentley. »Falls es irgendwelchen Ärger geben sollte, beim geringsten Anzeichen, haust du ab und fährst heim.
Und wenn ich aus dem Jaguar steige und zur Cafeteria gehe, fährst du los. Das heißt nämlich, dass ich jemanden entdeckt habe. Okay?«
»Okay, Paul. Pass auf dich auf.«
»Mach ich«, versicherte ihm Richter. »Ich bin fest entschlossen, meine Pension zu genießen, und sei es auch nur, um meinen Boss zu ärgern.«
Bentley lächelte und nickte. Richter öffnete die Tür und stieg aus.
Biala Podlaska, Ostpolen
Modin war zufrieden. Der Konvoi war auf der Fahrt nach Brest kaum aufgehalten worden, und auch die Abfertigung an der polnischen Grenze hatte nur knapp fünfzehn Minuten in Anspruch genommen.
Die Polen hüteten sich wohlweislich, Fahrzeuge mit Diplomatennummernschildern lange warten zu lassen, und bei Russen waren sie besonders vorsichtig.
Bis Warschau waren es noch rund hundertneunzig Kilometer. Damit waren sie sogar schneller vorangekommen, als Nilow geschätzt hatte. Modin
Weitere Kostenlose Bücher