Operation Overkill
Geschichte über den Chiffrierapparat. Er war auf die Idee gekommen, als er die ersten James-Bond-Romane noch einmal gelesen hatte. Saworin lächelte vor sich hin, nahm dann die Flasche und verließ die Kabine.
Middlesex und Berkshire
Nach einem zeitigen Frühstück, das aus Kaffee und Toast bestand, verklebte Richter die scheußlichsten Blessuren in seinem Gesicht mit mehr oder weniger hautfarbenem Pflaster, damit er sich halbwegs in der Öffentlichkeit sehen lassen konnte. Seine Jeans war völlig versaut, und sein Hemd war sofort in die Mülltonne gewandert, nachdem Bentley es ihm ausgezogen hatte. Bentley kramte in seinem Kleiderschrank herum und holte ein weißes Hemd und eine saubere Jeans heraus. Die Jeans war um die Taille ein bisschen zu weit, aber mit dem Gürtel saß sie einigermaßen.
457
Richter zog sich mit Bentleys Hilfe in seinem Schlafzimmer an. Sobald er in die Jeans geschlüpft war, öffnete er den Rucksack und holte das Schulterholster mit dem Smith & Wesson heraus.
»Meinst du, du brauchst ihn?«, fragte Bentley, als Richter das Holster zurechtzog.
»Hoffentlich nicht«, erwiderte Richter, während er sechs Patronen in die Trommel schob. »Aber ich möchte kein Risiko eingehen.«
Bentley half ihm mit der Lederjacke, die das Schulterholster völlig verdeckte. Dann holte er einen alten Schlapphut und bot ihn Richter an.
»Elegant sieht er nicht gerade aus«, sagte Richter, als er sich im Spiegel betrachtete. »Aber er kaschiert die schlimmsten Schrammen.«
Bentley grinste ihn an.
»Was ist?«, fragte Richter.
»Nichts«, erwiderte Bentley. »Erinnert mich bloß ein bisschen an Philip Marlow.«
»Noch was, bevor wir aufbrechen«, sagte Richter und schaute Bentley an. »Mir wär’s lieber, wenn du bewaffnet wärst. Nur für alle Fälle.«
»Für welche Fälle?«, wollte Bentley wissen. »Du hast gesagt, es geht nur um eine kleine Spritztour, die für mich völlig ungefährlich ist.«
»Das sollte sie auch sein«, entgegnete Richter. »Aber mir wäre wohler zumute, wenn du bewaffnet wärst, das ist alles.«
Bentley starrte ihn einen Moment lang an. »Okay«, sagte er schließlich. »Gib her.«
458
Richter wühlte in seinem Rucksack herum und holte die Mauser HSc und das Schulterholster heraus.
Während Bentley das Holster umschnallte, zeigte Richter ihm kurz, wie er mit der Mauser umgehen musste. Als Marineoffizier war er die 9mm Browning gewohnt, eine schwerere Waffe, die aber von der Bedienung her ganz ähnlich war. Er war immer noch ein bisschen besorgt darüber, dass er eine Waffe tragen sollte, und Simpson würde vermutlich einen Tob-suchtsanfall kriegen, wenn er etwas davon erfuhr. An Kates Reaktion wollten weder Richter noch Bentley denken.
Richter hatte das Rendezvous an der Raststätte auf zwanzig nach zehn angesetzt – nur ein Narr oder ein Amateur verabredet sich zur vollen oder halben Stunde. Auf einer kurvenreichen Straße fuhren sie mit Bentleys Saab Turbo zunächst bis Reading und bogen dann an der Anschlussstelle elf auf die M4 in Richtung Süden ab. Inzwischen war sich Richter völlig sicher, dass niemand sie verfolgte. Jetzt musste er nur noch feststellen, ob Simpson beschattet wurde.
Richter hatte Simpson mitgeteilt, dass er mit dem Jaguar auf der M4 aus London herausfahren, nach Möglichkeit sämtliche Schatten abschütteln und zusehen sollte, dass er gegen zehn nach neun bei Anschlussstelle zehn war. Dort sollte er kehrtmachen und wieder in Richtung Hauptstadt fahren. Richter schätzte, dass man bei gemütlicher Fahrt von Anschlussstelle zehn aus etwa fünfundvierzig Minuten bis zur Raststätte Heston brauchte, die kurz hinter 459
Heathrow lag. Demnach müsste Simpson gegen fünf nach zehn dort eintreffen.
Um acht Uhr fünfzehn steuerte Bentley den Saab auf den Zubringer zur M4 – Richter wollte sein ganzes Augenmerk auf eventuelle Verfolger richten – und fuhr dann mit gemächlichen achtzig Stundenkilometern in Richtung Osten. Auf der Autobahn fahren nur wenige Autos mit achtzig, und wenn, dann fallen sie auf.
Der einzige verdächtige Wagen, den Richter entdeckte, überholte sie kurz vor Anschlussstelle neun, und danach war er überzeugt, dass auch die letzte Überprüfung negativ ausfallen würde. Bei Anschlussstelle sieben bogen sie von der Autobahn ab. Richter erklärte Bentley, dass er auf der Überführung in Richtung Süden, genau über dem Zubringer in Richtung Westen, anhalten und so tun sollte, als schlage er etwas in der Karte nach, während
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