Operation Overkill
hatte die Fliegen angelockt, die in schwarzen Schwärmen um die offenen Wunden an Oberkörper und Beinen des Mannes wimmelten.
Der Kurier war offenbar besinnungslos, doch auf Khamils Befehl hin trat einer der Wachmänner vor.
Ein knallender Peitschenschlag scheuchte die Fliegen auf, die wie eine schwarze Wolke brummend über ihrem Opfer kreisten, ehe sie sich wieder niederließen.
Der Mann riss die Augen auf und heulte vor Schmerz, blickte dann zu Khamil auf und verstummte. Er hatte 9
bereits um Gnade gefleht und wusste, dass sein Schicksal besiegelt war.
Khamil trat zurück, wandte sich um und nickte Raschid zu. Der kleine Mann lächelte, ging nach vorn und blieb vor dem am Boden liegenden Mann stehen.
In der rechten Hand hatte er ein schweres, wuchtiges Taschenmesser mit einer fünfzehn Zentimeter langen Klinge, scharf wie ein Skalpell. Er klappte es langsam auf, ließ sich Zeit und achtete auf die Augen des Kuriers. Dann kniete er sich neben den Mann und machte sich ans Werk.
Achtzehn Minuten später stand Raschid auf, wischte sorgfältig das Blut von der Messerklinge, lächelte Khamil kurz zu und ging davon. Khamil warf einen letzten Blick auf die blutige rote Masse vor ihm, nickte zufrieden und begab sich wieder in das Gebäude. Abbas folgte ihm.
Im größten Raum des baufälligen Hauses standen zwei Sessel und ein zerschrammter Tisch. Khamil ließ sich nieder und blickte zu Abbas auf, der höflich vor ihm stehen geblieben war. Er musterte ihn einen Moment und ergriff dann das Wort. »Die Sache gefällt mir nicht. Schon jetzt, von Anfang an, noch ehe wir überhaupt Kontakt mit ihnen aufgenommen haben, ist mir unwohl dabei.« Khamil verstummte und sah ihn besorgt an. Unter dem rotweiß karierten Keffieh – ein klares Zeichen für seine unbeirrbare Treue zu Osama Bin Laden – wirkten seine Augen beinahe schwarz.
Abbas senkte den Blick, beharrte aber auf seinem Standpunkt. »Auch ich bin alles andere als froh über 10
die Begleiterscheinungen, die sich aus einer derartigen Zusammenarbeit ergeben, Sajidi . Aber wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Wir können diese Technologie nicht selbst entwickeln, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Und selbst wenn wir alles Notwendige kaufen, gibt es nach wie vor große Schwierigkeiten mit der Lieferung. Ich habe alles überprüft und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir nur durch Kooperation Aussicht auf Erfolg haben.«
Hassan Abbas hielt inne und wartete. Er wusste, dass er in diesem Augenblick nicht nur seine Stellung, sondern auch sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte. Obwohl er sich häufig nach westlicher Mode kleidete, hellgraue Anzüge und glänzende Oxford-Schuhe trug und fließend Englisch und Französisch sprach, war Khamil im Grunde seines Herzens nach wie vor ein Wüstenaraber. Das bedeutete unter anderem, dass er es gewohnt war, über jeden, der ihm missfiel, auf der Stelle zu richten.
Und Abbas’ Vorschlag dürfte ihm kaum gefallen. Er entsprach allerdings der Wahrheit, und Abbas hoffte, Khamil gut genug zu kennen, und glaubte daher, dass er die Wahrheit höher schätzte als alles andere. Abbas wartete, wagte kaum zu atmen und betrachtete unverwandt den Boden. Er verfolgte die Spuren im Staub und achtete auf jede Belanglosigkeit, während er auf Khamils Erwiderung wartete. Auf die Worte, die ihn entweder in seiner Stellung als Khamils Stabschef bestärkten oder ihm das gleiche Schicksal be-scherten wie dem Kurier, der auf dem kargen Boden 11
hinter dem Gebäude lag. Grässliche Bilder von Raschids grausigem Werk gingen Abbas durch den Kopf, während er weiter wartete.
Khamil regte sich kurz auf dem knarrenden Holz-stuhl auf der anderen Seite des Tisches, dann stand er auf und ging quer durch den Raum zu dem kleinen, unverglasten Fenster. Dort gab es nichts weiter zu sehen, nur Sand und Steine, aber Khamil stützte die Hände in die Hüften und starrte fast zwei Minuten lang hinaus. Dann drehte er sich um und ging wieder hinter den Tisch. Er setzte sich, blickte zu Abbas und stieß nur ein einziges Wort aus. »Wie?«
Abbas holte wieder Luft und blickte auf. »Mit Geld, Sajidi , mit Geld. Sie haben schon immer Geld gebraucht, und jetzt brauchen sie es dringender denn je.
Wir haben die harte Währung, nach der sie verlangen, und sie haben die technischen Vorrichtungen, die wir benötigen. Es wird ein einfaches Tauschgeschäft, eins gegen das andere.«
»Einfach wohl kaum«, murmelte Khamil. »Und wie lange wird das dauern?«
»Vier bis
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