Operation Overkill
bekleidet.«
»Gut. Freut mich, dass wenigstens einer nachgedacht hat. Haben wir seit dieser Nachricht irgendwas von RAVEN bekommen?«
»Nichts«, sagte Hughes. »Entweder ist man beim SWR auf ihn gestoßen – dann haben wir die beste Quelle verloren, die wir meiner Meinung nach je hatten –, oder er muss eine Zeit lang still halten. Wir hoffen natürlich«, fügte er hinzu, »dass er nach wie vor an Ort und Stelle ist.«
»Okay«, sagte Hicks. »Meiner Ansicht nach wollen uns die Jungs vom SWR wahrscheinlich nur an der Nase rumführen, uns zeigen, dass sie noch im Geschäft sind. Ich sage es klar und deutlich. Erstens hat sich RAVEN bei uns gemeldet. Wir wissen nicht, wer er ist oder warum er es macht. Ich habe gehört, was Sie über das Material gesagt haben, Ron. Aber es könnte doch möglich sein, dass man uns mit falschen Informationen gefüttert hat, die wiederum durch ähnliches Material bestätigt wurden, das man Ihnen beim Nachprüfen untergeschoben hat. Wir drehen uns sozusagen im Kreis.«
»Den Eindruck hatte ich nicht«, sagte Hughes. »Ich räume aber ein, dass diese Möglichkeit bestehen könnte.«
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»Zweitens«, fuhr Hicks fort, »war die Nachricht per Hand geschrieben, was aus zweierlei Gründen verdächtig ist. Wenn RAVEN mit dieser Nachricht geschnappt worden wäre, hätte jeder andere ranghohe SWR- oder GRU-Offizier die Handschrift sofort erkannt. Wenn er wirklich ein Informant ist, wäre das viel zu gefährlich, viel zu riskant. Warum also hat er sie mit der Hand geschrieben? Warum hat er das Dokument nicht einfach fotografiert, so wie die anderen Dokumente auch? Und schließlich, Ron, sind Sie bei Ihren Erkundungen auf keinerlei Hinweise auf irgendwelche militärischen Vorbereitungen für einen Angriff gestoßen.«
Eine Zeit lang herrschte Schweigen, dann meldete sich Hughes zu Wort. »Es könnte noch eine andere Erklärung für die Nachricht geben, Mr. Director. Möglicherweise hat RAVEN erst kurz zuvor etwas von dem Unternehmen erfahren. Vielleicht hat man ihn nur mündlich eingeweiht, sodass er gar keine Dokumente zu Gesicht bekommen hat. Wenn dieses Projekt streng geheim ist, gibt es vielleicht gar keine schriftli-chen Unterlagen. Oder es existiert nur ein Exemplar, das in einem Safe aufbewahrt wird, der von zwei Offizieren gleichzeitig aufgeschlossen werden muss –
wir wissen, dass man beim KGB aus Sicherheitsgründen so verfahren ist. Es gibt also mehrere Erklärungen dafür, weshalb er die Nachricht mit der Hand schreiben musste, wenn er uns warnen wollte. Wenn das der Fall sein sollte, verlässt er sich darauf, dass wir die Spur aufnehmen und feststellen, was dort vor sich 171
geht. Meiner Ansicht nach sollten wir die Sache nicht einfach zu den Akten legen.«
Walter Hicks schenkte Hughes ein kurzes Grinsen.
»Sie haben mich missverstanden, Ron. Ich habe nicht vor, das Ganze zu den Akten zu legen. Ich spiele nur den Advocatus Diaboli, der die Gegenargumente vor-bringt.«
Muldoon beugte sich vor. »Es gibt noch zwei weitere Erklärungen, weshalb wir keine militärischen Vorbereitungen feststellen konnten. Zunächst einmal eine ganz aberwitzige Möglichkeit«, sagte Muldoon, der leicht nervös wirkte. »Die Russen könnten zum Beispiel eine Waffe entwickelt haben, deren Wirkung so gewaltig ist, dass sie nur mit dem Einsatz drohen müssen, damit der Westen alle Forderungen erfüllt, die sie stellen.«
Hicks lachte. »Wie bei Dr. Strangelove, Richard? Ei-ne Waffe, mit der man die ganze Welt vernichten kann? Das glaube ich nicht. Was die Waffentechnologie angeht, liegen die weit zurück, es sei denn, seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich allerhand geändert. Außerdem müssten sie uns erst davon überzeugen, dass die Waffe funktioniert. Sie müssten sie vorführen, uns einen Beweis vorlegen – einen richtigen Beweis, nicht nur ein Loch im Boden der Tundra. Und selbst dann wären wir immer noch in der La-ge zurückzuschlagen. Was wollen sie dagegen tun?
Nein, das haut nicht hin. Wie lautet die andere Erklä-
rung?«
»Ich habe darüber nachgedacht, seit ich die Nach-172
richt von RAVEN gesehen habe, und jedes Mal lief es mir eiskalt über den Rücken, Walter. Was ist, wenn sie bereits Waffen in Stellung gebracht haben, hier, in den Vereinigten Staaten? Atombomben, die ins Land geschmuggelt wurden. Das ließe sich als geheimer Angriff auslegen, und dazu wären weder eine Mobilma-chung noch andere militärische Vorbereitungen nö-
tig.«
Hicks saß schweigend
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